"grüßgott" - Cityseelsorge im Glaspavillon am Essener Dom

"Inspirieren und irritieren"

Ein Glaskasten mitten in der Fußgängerzone in Essen - das macht die Menschen neugierig. Und genau das möchte die Cityseelsorge in Essen mit dem neuen Projekt erreichen. Projektleiter Bernd Wolharn spricht über erste Erfolge der Aktion.

Glaspavillon vor dem Essener Dom / © Oliver Müller (Bistum Essen)
Glaspavillon vor dem Essener Dom / © Oliver Müller ( Bistum Essen )

DOMRADIO.DE: Gottesdienste, Konzerte, Besucher-Führungen im Dom, die gibt es natürlich schon lange. Darüber hinaus sollte der Dom aber auch Menschen ansprechen, die im Alltag weniger mit der Kirche verbunden sind. Wie soll das jetzt gelingen?

Domvikar Bernd Wolharn (Projektleiter Citypastoral am Essener Dom): Wir haben schon seit einiger Zeit immer wieder Angebote auf der Straße gehabt. Zum Beispiel an Aschermittwoch "Ashes to go" oder jetzt, zu Beginn der Adventszeit sind wir auf die Straße gegangen, haben den Menschen einen Impuls mit auf den Weg gegeben, verteilen das Friedenslicht aus Bethlehem auf der Kettwiger Straße, in der Fußgängerzone.

Aber es hieß immer, es bräuchte tatsächlich eine konkrete Anlaufstelle. Jetzt stolpert man mitten in dieser Fußgängerzone über einen Glaspavillon, der seit zwei Wochen nun mitten quasi auf dem Weihnachtsmarkt präsent ist.

DOMRADIO.DE: Und der soll neugierig machen ...

Wolharn: Unbedingt! Wir wollen gerne inspirieren und irritieren. Ich finde, das ist eine wichtige Aufgabe der Cityseelsorge. Wir haben jetzt mit diesem Glaspavillon einen echten Hingucker geschaffen, wo wir auf 30 Quadratmeter für die nächsten zwölf Monate präsent sein wollen und ganz unterschiedliche Dinge im Rahmen der Cityseelsorge gerne hier im Essener Dom ausprobieren wollen.

DOMRADIO.DE: Woher wissen Sie, was die Menschen brauchen?

Wolharn: Das ist eine sehr gute Frage und genau die richtige Haltung. Man muss mit den Menschen sprechen. Zur Zeit ist zum Beispiel sehr wenig in diesem Glaspavillon zu sehen. Das kennen im Augenblick viele Menschen. Einiges ist nicht lieferbar, einiges braucht gerade länger, da viele Materialien auch fehlen.

Das heißt, der Glaspavillon ist relativ leer und deshalb gehen die Leute nah dran und gucken, was da eigentlich los ist und sind neugierig. Das ist der Moment, wo ich dann mit ihnen ins Gespräch kommen kann und sie tatsächlich auch fragen kann, was sie sich von Kirche wünschen an diesem Ort oder was sie vielleicht hier erwarten und hoffe dann, dass diese Menschen neugierig bleiben und demnächst für Begegnung, Beratung und Gespräch wieder den Ort aufsuchen.

DOMRADIO.DE: Bleiben sie denn auch neugierig? Was ist Ihre erste Erfahrung oder gibt es auch einige, die sagen, dass Kirche gerade ein rotes Tuch für sie ist?

Wolharn: Ja, ich bin sehr positiv überrascht. Die Leute sind nach wie vor neugierig und dankbar, gerade vielleicht auch in diesen Zeiten für Ansprache und dankbar dafür, dass Menschen ihnen zuhören wollen.

Ich habe den Eindruck, wenn man nicht sofort mit dem Wort Kirche kommt, dass die Menschen tatsächlich auch wichtige Themen haben, jenseits auch von Institutionen, die ihnen wichtig sind, Glaubensthemen und Lebensthemen. Wenn die dann plötzlich ihren Platz mitten in der Fußgängerzone haben, sehe ich da eine große Möglichkeit der Cityseelsorge hier am Essener Dom.

DOMRADIO.DE: Gerade in Zeiten der Pandemie brauchen Menschen Zuwendung und Kontakt. Ist es da dann jetzt besonders leicht, mit Menschen in Kontakt zu kommen? Oder vielleicht sogar schwerer als sonst, weil die Menschen auf Abstand bleiben?

Wolharn: Es gibt solche und solche. Ich merke, dass diejenigen, die in der Innenstadt unterwegs sind, durchaus mit Abstand auch den Kontakt suchen und dafür auch unglaublich dankbar sind, weil sie ganz viele Geschichten zu erzählen haben, auch von ihren Sorgen. Menschen sehnen sich wirklich auch nach Beziehungen, Kontakten und Ansprache.

Gerade auch viele Alleinstehende oder auch Menschen, die schlicht und einfach gerade genug haben von dieser Situation, sind dankbar für die Kontakte und diejenigen, die nach wie vor Sorge haben, die werden sich auch nicht in einen Weihnachtsmarkt-Rummel hinein begeben und von daher womöglich auch eher zu Hause bleiben oder andere Formen der Ansprache suchen.

Aber es gibt immer noch genügend, die tatsächlich dann an den Glaspavillon kommen und sagen, dass es schön ist, dass wir hier sind und es eine interessante Aktion ist. So soll es ja auch sein.

DOMRADIO.DE: "grüßgott" - so heißen die Angebote der Cityseelsorge am Essener Dom. In Bayern kennt man das als normale Begrüßung. Warum stehen Ihre Angebote unter dieser Überschrift?

Wolharn: Ich finde, dass dahinter erst mal ein Segensgruß steht, Gott möge uns grüßen, Gott möge uns segnen. Man erwartet diesen Gruß tatsächlich nicht im Ruhrgebiet. Von daher ist auch das eine Form, die neugierig macht. Es ist ja was Dialogisches. Wenn ich jemanden grüße, dann möchte ich mit ihm ins Gespräch kommen und deshalb empfinde ich diese Ansage "grüßgott" tatsächlich auch als Einladung, miteinander zu kommunizieren, miteinander ins Gespräch zu kommen und den Kontakt zu suchen.

Ich finde es für ein solches Projekt wie Cityseelsorge total wichtig, dass das, was wir hier vermitteln wollen, das Programm der Cityseelsorge, schon im Namen drin steht. Es geht hier um Gott. Und den stark zu machen, mitten im Alltag der Menschen und deutlich zu machen, dass hier etwas ist, was wir Ihnen und euch gerne mit auf den Weg geben wollen - dafür steht "grüßgott".

Das Interview führte Dagmar Peters.


Domvikar Bernd Wolharn / © Oliver Müller (Bistum Essen)
Domvikar Bernd Wolharn / © Oliver Müller ( Bistum Essen )
Quelle:
DR
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