Warum das Erzbistum Berlin Sicherheitskräfte einsetzt

Mit Security im Gottesdienst

Als Reaktion auf die Attacke gegen einen Priester in der Berliner St. Joseph-Kirche setzt das Erzbistum nun Sicherheitskräfte ein. Ist das nur der Beginn? Schützt die Erzdiözese künftig alle ihre Gotteshäuser? Der Pressesprecher hat die Antworten.

Erzbistum Berlin beauftragt Sicherheitsdienst für Kirche / © Andrey Popov (shutterstock)
Erzbistum Berlin beauftragt Sicherheitsdienst für Kirche / © Andrey Popov ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Am vergangenen Sonntag ist in der St. Joseph-Kirche in Berlin-Wedding während des Gottesdienstes ein Priester von einem unbekannten Täter niedergeschlagen worden. Wie geht es denn dem Priester und dessen Bruder, der bei diesem Vorfall auch verletzt worden ist?

Stefan Förner (Pressesprecher des Erzbistums Berlin): Körperlich geht es beiden wieder gut. Der Bruder hat sich mittlerweile auch auf Facebook noch einmal gemeldet und er hat sich bei allen bedankt. Wir haben ganz viele Genesungswünsche und gute Wünsche für den Priester und seinen Bruder dort bekommen. Es geht beiden körperlich und gesundheitlich wieder gut. Aber der Schreck steckt den beiden offenbar noch ziemlich in den Gliedern.

DOMRADIO.DE: Wenn man hört, ein Sicherheitsdienst soll installiert werden, um Gottesdienst zu feiern. Da stellt sich die Frage: Soll das jetzt für das gesamte Erzbistum Berlin gelten?

Förner: Nein, wir werden das jetzt machen als Reaktion auf diesen Vorfall und zunächst nur in der St.-Josephs-Kirche. Sicherheitskonzepte gibt es im Moment ja eigentlich durch diese Corona-Maßnahmen ohnehin schon. Es muss sich bereits jeder eintragen, wenn er in die Kirche kommt. Das geschieht aber nicht, damit man ihn danach sozusagen verhaften kann, sondern damit man reagieren kann, wenn ein Corona-Fall auftreten sollte. Wir gucken von daher genau auch jetzt schon darauf, wer in den Gottesdienst geht. Umso überraschender war es, als der Täter dann aus der Bank aufstand.

Der Sicherheitsdienst soll ein Signal sein. Ein Signal, das sagt: Wir sehen dich. Es gibt einen, der guckt nicht zum Altar nach vorne. Es gibt einen, der guckt in die Gottesdienst-Gemeinde und guckt, ob ihm da etwas auffällt.

DOMRADIO.DE: Das heißt, es ist nicht der Plan, das am Eingang Security-Personal steht, das dann nach Waffen sucht?

Förner: Nein, davon gehen wir nicht aus, dass wir sozusagen wie am Flughafen oder wenn man ein Flugzeug besteigt, einen Sicherheitscheck durchführen werden. Das ist nicht der Plan.

DOMRADIO.DE: Wie schwer fällt Ihnen dieser Schritt als Bistum?

Förner: Wir haben das immer wieder schon mal gemacht für bestimmte Gottesdienste, wenn wir sehr viele Menschen erwartet haben oder besondere Gäste, die mit einer bestimmten Sicherheitsstufe versehen waren. Bei Bischofseinführungen und so weiter ist es dann ohnehin notwendig. Da kommt dann das BKA (Bundeskriminalamt, Anm. d. Red.). Von daher ist es nicht ganz neu. Wir haben, wenn der Bundestag eröffnet wird, Gottesdienste, die natürlich mit sehr viel Sicherheit stattfinden – in der Hedwigs-Kathedrale zuletzt. Das ist jetzt nicht ganz ungeübt.

Es gibt immer wieder mal die Notwendigkeit, zu gucken, dass das Ganze auch in geordneten Bahnen geht. Wir hatten ganz lange Kolping-Ordner, die am Eingang zumindest dafür gesorgt haben, dass es kein Gedränge gibt, dass die Leute sich anständig benehmen und sich gut verhalten. Das ist eher ausgehend von dem, was, glaube ich, im Kölner Dom Dom die Domschweizer sind, die einfach einen Blick drauf haben.

Das wollen wir eigentlich im Wesentlichen wiederherstellen, dass jemand sagt: Wir sehen dich. Positiv bedeutet das, wenn es jemandem schlecht geht, dann kann man ihm helfen. Das bedeutet aber auch kritisch: Wir sehen dich, wenn du Dinge im Schilde führst, die wir für nicht mit einem Gottesdienst vereinbar halten.

DOMRADIO.DE: Dieser Täter, der am vergangenen Wochenende den Priester geschlagen hat, soll religionsfeindliche Dinge gerufen haben. Was ist eigentlich mit dem geschehen?

Förner: Das wissen wir nicht. Die Polizei ermittelt, versucht ihn auch zu verfolgen. Meines Wissens ist er bislang nicht festgenommen worden. Es gibt allerdings Zeugenaussagen, die womöglich hilfreich sein können, um ihn tatsächlich noch zu fassen zu bekommen.

DOMRADIO.DE: Wenn sich die Menschen aufgrund der Corona-Maßnahmen derzeit registrieren, wenn sie in die Kirche gehen, dann müsste der doch auf so einer Liste stehen, oder?

Förner: Wäre ich jetzt der Polizei-Sprecher, würde ich sagen: Über ein laufendes Verfahren sage ich gar nichts. Beziehungsweise andersherum: All diese Fragen liegen bei der Polizei, und da sind wir auch in guten Händen, wenn die sich darum kümmern.

DOMRADIO.DE: Jetzt ist ein Sicherheitskonzept erstellt worden. Das will man an der St. Joseph-Kirche anwenden. Liegt dem eine Sorge zugrunde, dass solche Vorfälle sich wiederholen werden oder zunehmen werden?

Förner: Zunächst müssen wir das ernst nehmen, dass so etwas passieren kann. Es hat sich ja in vielen anderen Situationen auch schon gezeigt: Es passiert immer etwas, was man vorher nicht für vorstellbar hielt. Darauf müssen wir uns einstellen, vielleicht in einer anderen Weise. Es geht jetzt hier zunächst tatsächlich darum, zu sagen: Wir bleiben bei unserer Haltung. Wir werden weiterhin einladend Kirche sein. Wir laden zum Gottesdienst ein. Wir sind keine Katakomben-Kirche, die sich in den Untergrund zurückziehen muss und nur noch mit Passwort und Codewort die Leute in die Kirche lassen kann. Wir sind weiterhin einladend.

Das ist, glaube ich, auch das für den Priester schwerste. Wenn jemand am Altar steht, dann die Arme womöglich noch ausgebreitet und einladend auf die Gemeinde zugeht. Wenn jemand in der Situation dann, wie passiert, niedergeschlagen wird.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Stefan Förner / © Erzbistum Köln
Stefan Förner / © Erzbistum Köln
Quelle:
DR