Akademiesprecher zur Zukunft der katholischen Akademien

"Was ist der Beitrag der Kirchen?"

Durch sinkende Einnahmen in der Corona-Krise und mögliche Sparkurse in der Kirche sehen sich die katholischen Akademien bedroht. Ihr Sprecher, Prälat Dr. Peter Klasvogt, betont die Bedeutung der Einrichtungen für Kirche und Gesellschaft.

Kreuz und Bibel / © Elena Elisseeva (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Gibt es denn schon Anzeichen dafür, dass die Kirche kein oder viel weniger Geld für Ihre Akademien bereitstellen will?

Prälat Dr. Peter Klasvogt (Direktor der Katholischen Akademie Schwerte und Sprecher der katholischen Akademien in Deutschland): Ja. Wir stellen natürlich grundsätzlich fest, dass die Frage der Ökonomisierung ein ganz zentrales Thema ist. Und die Kirchen stellen sich natürlich die Frage: Was ist uns die Bildung wert?

Wir stellen fest, dass wir tatsächlich auch herausgefordert sind, unseren "Mehrwert" auch entsprechend deutlich zu machen und der eigenen Kirche auch das Bewusstsein zu geben: Das ist ein zentraler Ort, wo kirchliche Verkündigung, aber auch gesellschaftliche Auseinandersetzung stattfindet.

Das sind Werte, und ich denke, unsere Kirchen sind gut beraten, sich das auch zu Herzen zu nehmen und sich dafür auch zu engagieren.

DOMRADIO.DE: Beim Stichwort "Akademie", da denken viele an intellektuelle Diskussionsstätten. Ist das so richtig?

Klasvogt: Das ist es auch – Auseinandersetzung mit Verantwortungsträgern und Entscheidungsträgern in der Gesellschaft. Aber ich denke, es geht um ganz grundsätzliche Fragen, etwa Sinnfragen, die Frage von Kultur oder Wertorientierung. Und Wertorientierung, das ist ein Querschnitts-Thema. Das trifft alle.

Nach welchen Kriterien wollen wir eigentlich im Bereich der Gesundheit, in der Wirtschaft, in der Medizin, in den Schulen, in der Ökologie umgehen? Ich glaube, da sind plötzlich alle dabei. Diese Fragen: Woher? Wohin? Wofür machen wir das? Und was sind eigentlich Kriterien dafür?

DOMRADIO.DE: Vielleicht mal ganz grundsätzlich gefragt: Warum ist der Bildungsauftrag gerade heute so wichtig für die Kirche?

Klasvogt: Mir scheint, das ist eine der zentralen Fragen, die sich unsere Kirche auch stellen muss: Was ist uns die Bildung wert? Ich meine, wir können uns zurückziehen in unsere Gotteshäuser und in die Liturgien. Aber ich glaube, wir haben einen Auftrag der gesellschaftlichen Durchdringung in Auseinandersetzung mit den Menschen unserer Zeit. Denken Sie an das Wort von Böckenförde: "Eine Gesellschaft oder ein Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht schaffen kann."

Also: Was ist der Beitrag der Kirchen in unserer Gesellschaft? Ich glaube, da sind wir eigentlich gerade das Scharnier. Ich glaube, da haben wir einiges auch hineinzugehen.

DOMRADIO.DE: Welche Wege, vielleicht auch welche neuen Wege beschreiten die katholischen Akademien denn, um möglichst viele zu erreichen?

Klasvogt: Ja, man stellt sich so vor, die Akademie ist ein Haus, und da sitzen die Leute und warten, dass die Gäste kommen. Das stimmt natürlich auch – es ist auch richtig.

Aber wir sind eigentlich sehr divers unterwegs, was Projekte, Programme, Initiativen, Netzwerke angeht. Wir gehen raus in die verschiedenen Kontexte hinein – mit Kooperationspartnern. Um ein Beispiel zu nennen: Das Sachsensofa in Dresden, das wandert von Ort zu Ort, wo Promis auf dem Sofa sitzen und vor Ort mit den Leuten diskutieren.

Oder AndersOrte in Würzburg, wo man beispielsweise in die Psychiatrie geht oder ins Gefängnis oder auch in Schlachthof und so weiter, um Fragen, die dort akut werden, plötzlich aus einem anderen Licht zu beleuchten. Oder wenn ich das von der "Kommende" (Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn) sagen darf, wir haben Education- und Formation-Programme mit Jugendlichen und Leuten in ganz Ost- und Mitteleuropa.

DOMRADIO.DE: Sehen Sie denn auch die Gefahr, dass mit dem Sparkurs der Bischöfe auch die weltoffene, dialogbereite Arbeit der Akademien eingeschränkt werden könnte und sie stärker in den Dienst von Evangelisierung genommen werden könnten?

Klasvogt: Evangelisierung, würde ich sagen, ist doch ein sehr weites Feld. Da geht es ja nicht um Indoktrination, sondern: Wir bieten eine Wertorientierung, aber natürlich im Gespräch, im Dialog und auf Augenhöhe.

Wir merken natürlich, viele Leute kommen zu uns in die Akademien oder sie kommen mit uns in Kontakt, da sie vor Ort in den Gemeinden keinen Anschluss mehr finden, und auch nicht angesprochen werden. Ich glaube, da liegt gerade auch der Vorteil dieser Institution, dass wir sozusagen Dialog zum Programm haben.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Peter Klasvogt / © Harald Oppitz (KNA)
Peter Klasvogt / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR