Katharina Kasper: Provinzoberin über Ausstrahlung und Glauben

"Gott war für sie Lebensgefährte"

Maria Katharina Kasper gründete um 1845 die Ordensgemeinschaft der Armen Dienstmägde Jesu Christi, auch als Dernbacher Schwestern bekannt. Auch heute noch habe die Heilige starken Einfluss, betont Provinzoberin Sr. Theresia.

Bild von Maria Katharina Kasper / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bild von Maria Katharina Kasper / © Julia Steinbrecht ( KNA )

KNA: Wo ist Katharina Kasper heute im Leben der Gemeinschaft sichtbar?

Sr. Theresia Winkelhöfer: Sie hat einen sehr starken Einfluss. Wir sprechen regelmäßig über ihre Briefe, lesen täglich ihre Aussagen und orientieren uns ganz klar an unserer Gründerin. Ihr Tun und Denken gilt für uns als Maßstab. Nehmen wir ihre Aussage 'Tun wir was wir können, mehr verlangt Gott nicht von uns'. Das ist für mich eine sehr entlastende Aussage. Denn manchmal haben wir so hohe Erwartungen an uns und an andere - und müssen erkennen, dass wir dem nicht gerecht werden können.

KNA: Was hat sich für die Gemeinschaft mit der Heiligsprechung 2018 verändert?

Sr. Theresia: Unser Alltag hat sich nicht verändert, aber hier im Haus ist es seitdem sehr viel lebendiger und lebhafter geworden. Es kommen eigentlich sehr viel mehr Gruppen und Pilger, in manchen Wochen fast täglich - in der jetzigen Corona-Zeit ist es natürlich anders.

KNA: Was führt die Besucher her?

Sr. Theresia: Die Person Katharina Kasper fasziniert, damals wie heute. Gerade ihre Spiritualität kann den Menschen heute viel geben. Denn was sie zu sagen hat, ist nicht abgehoben, sondern trägt den Alltag. Es spricht Menschen an, fasziniert sie und macht sie neugierig zu schauen, wo diese Frau eigentlich herkam.

KNA: Was für ein Mensch war Katharina Kaspar?

Sr. Theresia: Sie war tiefgläubig und hat in einem felsenfesten, bedingungslosen Gottvertrauen gelebt. Dieses Vertrauen auf Gott hat sie unglaublich ruhig und gelassen gemacht. Sie wusste: Gott geht jeden Weg mit ihr, sie ist seine geliebte Tochter. Sie war überzeugt, dass sein Wille geschehen muss. Außerdem war sie den Menschen zugeneigt und bereit, vermeintlich unübertretbare Regeln zu brechen und ungewöhnliche Wege zu gehen, um Menschen zu helfen.

KNA: Welche Regeln hat sie da etwa gebrochen?

Sr. Theresia: Mir fällt eine Geschichte mit einer Novizin ein. Die Frau kam aus Böhmen und wurde über die Trennung von ihrer Familie krank - was ein Grund gewesen wäre, sie aus der Gemeinschaft zu entlassen. Katharina hat sie in ihre Heimat zurückgeschickt und ihr gesagt, sie solle das Ordenskleid weiter tragen. Das war in der damaligen Zeit eigentlich undenkbar. Die Novizin ging zurück nach Böhmen, fasste dort in der Gemeinschaft Fuß und wurde später deren Provinzoberin. Katharina hatte eine unglaubliche Menschenkenntnis und sah, was anderen gut tut.

KNA: Ruhe, Gelassenheit, Vertrauen - sind das Dinge, die Menschen bei Ihnen suchen?

Sr. Theresia: Das Vertrauen auf Gott fasziniert Menschen immer wieder. Gerade da hapert es bei uns Menschen doch immer ein bisschen - behaupte ich mal. Wir glauben zwar an Gott, aber bedingungsloses Vertrauen - auch seinem Willen gegenüber - da fragen die Menschen: Wie geht das? Oder: Wie erkenne ich eigentlich den Willen Gottes? Diese Fragen stellen auch unsere Gäste immer wieder.

KNA: Was antworten Sie dann? Wie lässt sich der Wille Gottes erkennen?

Sr. Theresia: Katharina sagt klar, dass man den Willen Gottes über das Wort Gottes, sprich die Bibel, erkennen kann. Aber auch die Reaktionen der Mitmenschen können darauf hinweisen, ob das eigene Handeln richtig oder falsch ist. Für Katharina war zudem der damalige Bischof Peter Joseph Blum wichtig, der nach heutigem Verständnis ihr geistlicher Begleiter war und dessen Aussagen sie als Willen Gottes anerkannt hat.

KNA: Stichwort Gottvertrauen - fällt es uns leichter, Menschen zu vertrauen als Gott?

Sr. Theresia: Es fällt uns beides schwer. Aber ich würde dennoch sagen, es fällt uns noch schwerer, Gott zu vertrauen. Dabei kommt es darauf an, wie sehr dieser Gott für mich ein 'Du' ist, mit dem ich rechne. Für Katharina war er ein Lebensgefährte, mit dem sie gerechnet und der Raum in ihrem Leben eingenommen hat. Wenn man dazu die Erfahrung macht, dass dieses Vertrauen sich auszahlt, ist das auch ein Ansporn, es zu vertiefen.

KNA: In der Corona-Krise sitzen Familien und Wohngemeinschaften zuweilen recht eng aufeinander. Als Gemeinschaft kennen sie das. Wie händeln sie Reibereien und haben Sie Tipps, wie man damit umgehen kann?

Sr. Theresia: Wo Menschen zusammen sind, da menschelt es. Das ist in jeder Familie so, da gibt es schon mal Gewitter - aber die reinigen ja bekanntlich die Luft. Wichtig ist, mit dem anderen wohlwollend umzugehen. Und auch den Mut haben zu sagen: Entschuldigung, da habe ich überreagiert, das war nicht so gemeint.


Quelle:
KNA
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