Der ernannte Bischof von Augsburg über seine verschobene Weihe

Eine "bischöfliche Schwangerschaft"?

Eigentlich sollte das Bistum Augsburg am 21. März seinen neuen Bischof bekommen. Die Weihe musste ausfallen wegen Corona. Wie führt man ein Bistum als "fast Bischof"? Und: Was ist eine "bischöfliche Schwangerschaft"? Bertram Meier im Gespräch.

Ernannter Bischof von Augsburg: Bertram Meier / © Nicolas Schnall (Bistum Augsburg)
Ernannter Bischof von Augsburg: Bertram Meier / © Nicolas Schnall ( Bistum Augsburg )

HIMMELKLAR: Das Bistum Augsburg hat mit Bertram Meier einen Bischof, der eigentlich noch kein Bischof ist. Genauer kann er uns das selber erklären. Wie sieht es denn bei Ihnen in der Stadt aus? Wie erleben Sie die Situation gerade?

Bertram Meier (ernannter Bischof von Augsburg): Langsam erwacht wieder das Stadtleben, nicht nur weil Frühling ist, sondern weil ja auch der Freistaat Bayern nach und nach wieder aufmacht, wieder öffnet. Die letzten Wochen war die Stadt fast wie ausgestorben. Jetzt merkt man, dass wieder viel mehr los ist. Auch die Geschäfte haben wieder geöffnet, natürlich mit diesen Schutzmaßnahmen. Ich weiß nicht, wie viel gekauft wird, aber es normalisiert sich wieder. Es ist wieder Leben in der Stadt und das freut mich.

HIMMELKLAR: Als wir das letzte Mal gesprochen haben, haben Sie sich gerade auf Ihre Bischofsweihe am 21. März vorbereitet. Jetzt sind Sie in der außergewöhnlichen Situation, das einzige deutsche Bistum zu sein, dass keinen geweihten Bischof hat. Sie sind jetzt offiziell "Apostolischer Administrator". Wie ist denn offiziell die korrekte Ansprache? Wie machen Sie das im Bistum?

Meier: Ich glaube, dass wir hier ganz vatikanisch vorgehen können, denn beim Vatikan wird man Bischof durch die Ernennung durch den Papst. Ich habe gerade eine Einladung für eine internationale Bischofstagung nach Rom bekommen. Da steht als erster Satz: "Mit Datum vom 29. Januar hat Sie Papst Franziskus in das Bischofskollegium aufgenommen." Also für den Vatikan ist mehr die rechtliche Seite wichtig und das ist die Ernennungsurkunde des Papstes. Während dann natürlich das Zweite hinzukommt, nämlich die Weihe. Und die Weihe macht eigentlich erst den ernannten Bischof zum Bischof. Ich kann jetzt als Apostolischer Administrator rechtlich agieren wie ein Diözesanbischof, kann allerdings keine Weihen spenden. In manchen Ländern, wo es politisch nicht möglich ist, einen Kandidaten, etwa durchzusetzen vor staatlichen Behörden, bleiben auch von Rom ernannte Leiter der Diözesen oder der Prälaturen, Apostolische Administratoren. Dieser Zustand trifft für uns nicht zu, der Bayrische Staat hat gegen mich nichts erhoben, ich habe - wie es die Verfassung vorschreibt - am 13. März bei Ministerpräsident Söder einen Eid auf die bayrische Verfassung abgelegt. Es ist eigentlich alles vorbereitet.

Obwohl das biologisch natürlich vollkommen unsinnig ist, gebrauche jetzt trotzdem den Vergleich: Es ist eine Art "bischöfliche Schwangerschaft" und die dauert nicht neun Monate, aber sie hat dann doch von Januar bis zum 6. Juni gedauert, wenn alles gut geht unter Corona-Vorbehalt. Am 6. Juni ist dann die "Entbindung" von Bertram Meier ins Bischofsamt vorgesehen. Ich hoffe, dass es eine glückliche Geburt gibt, und dass ich auch nicht erste Schreie, aber erste Lebenszeichen als Bischof setzen darf und sich viele Leute darüber freuen.

HIMMELKLAR: "Bischöfliche Schwangerschaft" ist auch ein Begriff, den ich noch nicht gehört habe.

Meier: Die gibt es auch nicht. Die ist von mir jetzt erfunden.

HIMMELKLAR: Was haben Sie denn empfunden, als die Absage kam?

Meier: Das ist so ähnlich, wie wenn sich ein Hochzeitspaar auf den Termin freut. Sie bereiten alles vor, Anzug, Brautkleid, reservieren Restaurants, Sie sind mit dem Pfarrer hoffentlich in einem guten Gespräch, damit es auch ein festlicher und tiefsinniger Gottesdienst wird. Und dann geht es nicht. Aber da hat einfach Corona den Strich durch die Rechnung gemacht. Es wäre auch kein gutes Zeichen gewesen, sich in die bischöfliche Hauskapelle zurückzuziehen, in eine Art Situation einer Kirche im Untergrund. Wir waren und sind in einer außerordentlichen Situation.

Ich habe ja nicht nur den Weihetag abgesagt, ich habe die Exerzitien aufgeschoben, also die Woche Besinnung vor der Weihe. Ich war in der Osterwoche auch da, weil der Hirte bei seiner Herde sein muss in einer solchen Situation. Ich habe gar nicht so viel Zeit gehabt, mir trübselige Gedanken zu machen, ich musste handeln und war natürlich auch sehr sehr froh, dass meine engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitgemacht haben und weiterhin mitziehen. Und vor diesem Hintergrund hat sich auch die Trauer in Grenzen gehalten, weil ich auch gemerkt habe, dass manches noch wesentlicher wird. Ich habe viel nachdenken können, sondieren dürfen, ich habe auch viel mehr Zeit zum Meditieren und zum Beten gehabt. Und das soll jetzt auch so sein, dass sich der offizielle Start als Bischof nun verspätet. Aber es war auch ein gutes geistliches Training. Vielleicht kann ich jetzt noch systematischer, noch überlegter und wesentlicher als geweihter Bischof meinen Dienst antreten.

HIMMELKLAR: Und die Weihe wird dann aber nicht so stattfinden können, wie Sie es sich eigentlich vorgestellt hätten, oder?

Meier: Sie wird stattfinden mit Corona-Vorbehalt. Ich muss das immer wieder sagen. Wir planen jetzt mit 175 Personen Höchstzahl, die werden wir aber wohl nicht ausschöpfen, eher ein bisschen darunter bleiben, und wir werden die Plätze auch so besetzen, dass es keine reine Klerus-Feier wird. Wir laden die bayrischen Diözesanbischöfe ein, dann natürlich den Nuntius und den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, der mir gestern schon die Zusage gegeben hat. Das finde ich ist ein ganz schönes Zeichen, da auch im Episkopat aufgenommen zu werden.

Dann haben wir natürlich das Domkapitel, die Dekane, den Diözesanrat, die Verbände, die Jugend, die sozialen Einrichtungen, die Ordensgemeinschaften. Wir haben auch vor, so Gott will, am ersten Jahrestag der Weihe oder im Rahmen der Ulrichswoche eine Dankwallfahrt zu machen oder aber ein Fest des Glaubens in Augsburg. Das steht noch in den Sternen, aber Feste können nachgeholt werden und darauf freue ich mich.

HIMMELKLAR: Was bringt Ihnen Hoffnung im Moment?

Meier: Mir bringt Hoffnung, dass das Leben wieder langsam erwacht. Dass wir auch Dinge neu entdeckt haben als Christinnen und Christen und auch als Kirche, die vorher fast vergessen waren. Zum Beispiel Hauskirchen, dafür wurde man früher oft müde belächelt, die sind wiederentdeckt worden. Auch die Kreativität und Fantasie vieler Initiativen, die das christliche Leben nicht nur konserviert, sondern sogar mit neuen Ideen gefüllt haben, als die öffentlichen Gottesdienste untersagt waren. Das macht mir Hoffnung.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Das Interview ist Teil des Podcasts Himmelklar – ein überdiözesanes Podcast-Projekt koordiniert von der MD GmbH in Zusammenarbeit mit katholisch.de und DOMRADIO.DE. Unterstützt vom Katholischen Medienhaus in Bonn und der APG mbH. Moderiert von Renardo Schlegelmilch.

 


Podcast: Himmelklar - Fürchtet Euch nicht (MDG)
Podcast: Himmelklar - Fürchtet Euch nicht / ( MDG )