Das Institut für Prävention und Aufarbeitung (IPA) von sexualisierter Gewalt im rheinland-pfälzischen Lantershofen hat am 17.09.2020 seine Arbeit aufgenommen. Ziel sei, Standards und Grundlagen für die Fortentwicklung der Präventionsarbeit und der Aufarbeitung zu entwickeln, wie der designierte Leiter Oliver Vogt in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erläuterte.
Die Initiative zu der Einrichtung stammt vom Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann.
Lantershofen liegt im Gebiet seines Bistums Trier in der Nähe von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Nach seinen Worten soll das Institut als "think tank" Akteure im Kampf gegen Missbrauch vernetzen und als "unabhängiges Dienstleistungsangebot" ausdrücklich auch Vertretern außerhalb der katholischen Kirche zur Verfügung stehen.
Ackermann und Vogt betonten die Unabhängigkeit der neuen Einrichtung. "Das IPA ist eigenständig und wird durch Drittmittel finanziert", sagte Vogt. Ein Großteil der aktuell benötigten Gelder komme aus dem Stiftungsbereich. In der Anfangsphase steuere der Bischöfliche Stuhl von Trier eine Anschubfinanzierung bei. Neben Vogt werden zwei Mitarbeiterinnen für das Institut in Lantershofen tätig sein.
Im Vordergrund stehe die Sichtweise der Betroffenen, sagte Vogt. Sie sollen auch in einem noch zu errichtenden Beirat vertreten sein, der zusammen mit Wissenschaftlern, Vertretern gesellschaftlicher Gruppierungen und Politikern die Arbeit am IPA mit steuert. (kna)
28.04.2020
Die katholischen Bischöfe haben sich verbindlich zur Einhaltung bestimmter Standards bei der Missbrauchsaufarbeitung verpflichtet. Für den Leiter des Instituts für Prävention und Aufarbeitung von sexueller Gewalt "ein Meilenstein".
DOMRADIO.DE: Was bedeutet die Vereinbarung, die jetzt geschlossen wurde, konkret?
Oliver Vogt (Leiter des Instituts für Prävention und Aufarbeitung von sexueller Gewalt): Sie bedeutet zunächst tatsächlich einen Meilenstein in der Aufarbeitung, weil damit erstmals ganz konkrete Standards und Kriterien festgelegt werden, nach denen alle deutschen Diözesen eine Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und sexuellem Missbrauch in die Wege leiten müssen.
DOMRADIO.DE: Die Kommission beschäftigt sich ja auch mit den Fällen, die in Folge von Verjährung oder Tod der Beteiligten nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Warum ist dieser Aspekt trotzdem besonders wichtig?
Vogt: Viele Betroffene haben über Jahre und Jahrzehnte unter dem Missbrauch gelitten und haben unheimlich viele Fragen an das System, an die Art, wie mit dem Missbrauch oder mit dem Thema Missbrauch damals umgegangen ist. Und nur wenn ich solche Fragen beantwortet bekomme - soweit das noch möglich ist - kann ich auch versuchen, diese schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten. Deswegen ist es wichtig, auch Fälle anzugucken, die teilweise Jahre und Jahrzehnte zurückliegen und wo strafrechtlich tatsächlich keine Verfolgungsmöglichkeit mehr gegeben ist.
DOMRADIO.DE: Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat die Vereinbarung als historisch bezeichnet. Würden Sie das auch so sehen?
Vogt: Ich sehe das auch so, weil zum einen die katholische Kirche wirklich die erste Institution in Deutschland ist, die eine solche Vereinbarung mit Herrn Rörig geschlossen hat. Und weil es gerade im Raum der Kirche vielfältige Diskussionen über den Umgang mit dem Thema Missbrauch und der Aufarbeitung gegeben hat. Das jetzt in einer solch verbindlichen Grundlage zu regeln, hinter die auch nicht mehr zurückgegangen werden kann in den einzelnen Diözesen, ist tatsächlich ein historisches Ereignis, und das wird ganz viel dazu beitragen, dass es zu einer umfassenden Aufarbeitung kommt.
DOMRADIO.DE: Bis zu dieser Vereinbarung hat es lange gedauert. 2010 sind die ersten Missbrauchsfälle ans Licht gekommen. Meinen Sie, dass die Kirche alles dafür unternimmt, dass den Opfern von sexueller Gewalt Gerechtigkeit widerfährt?
Vogt: Aus meiner Sicht schon. Ich denke, das dauert teilweise zu lange in der Kirche. Das ist auch immer wieder selbstkritisch gesagt worden. Aber man muss diese Bemühungen jetzt auch wirklich anerkennen. Mit dem, was in der Sitzung verabschiedet worden ist, ist wirklich ein weiterer Meilenstein auf den Weg gebracht worden, der dazu beitragen wird, dass jeder und jede Betroffene die Möglichkeit hat, seinen Fall auch noch einmal aufarbeiten zu lassen.
Und die Kirche kann, wie schon gesagt, nicht zurück hinter diese Standards und hinter das, was da heute vereinbart worden ist. Das würde ich schon sagen. Es ist ein weiterer, ganz wesentlicher Schritt in der Aufarbeitung und im Umgang mit den Betroffenen von sexualisierter Gewalt.
DOMRADIO.DE: Welche Rolle haben die Betroffenen in dieser Vereinbarung gespielt?
Vogt: Die Vereinbarung ist auf Grundlage einer Arbeitsgruppe, die von Herrn Rörig zusammengestellt worden ist, und der Deutschen Bischofskonferenz zustande gekommen. Und auf Seiten von Herrn Rörig haben Betroffene von sexualisierter Gewalt im Betroffenenbeirat bei Herrn Rörig direkt mitgearbeitet, sodass auch die Interessen und die Wünsche der Betroffenen in den Entwurf direkt mit einfließen konnten.
Das Interview führte Katharina Geiger.
Das Institut für Prävention und Aufarbeitung (IPA) von sexualisierter Gewalt im rheinland-pfälzischen Lantershofen hat am 17.09.2020 seine Arbeit aufgenommen. Ziel sei, Standards und Grundlagen für die Fortentwicklung der Präventionsarbeit und der Aufarbeitung zu entwickeln, wie der designierte Leiter Oliver Vogt in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erläuterte.
Die Initiative zu der Einrichtung stammt vom Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann.
Lantershofen liegt im Gebiet seines Bistums Trier in der Nähe von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Nach seinen Worten soll das Institut als "think tank" Akteure im Kampf gegen Missbrauch vernetzen und als "unabhängiges Dienstleistungsangebot" ausdrücklich auch Vertretern außerhalb der katholischen Kirche zur Verfügung stehen.
Ackermann und Vogt betonten die Unabhängigkeit der neuen Einrichtung. "Das IPA ist eigenständig und wird durch Drittmittel finanziert", sagte Vogt. Ein Großteil der aktuell benötigten Gelder komme aus dem Stiftungsbereich. In der Anfangsphase steuere der Bischöfliche Stuhl von Trier eine Anschubfinanzierung bei. Neben Vogt werden zwei Mitarbeiterinnen für das Institut in Lantershofen tätig sein.
Im Vordergrund stehe die Sichtweise der Betroffenen, sagte Vogt. Sie sollen auch in einem noch zu errichtenden Beirat vertreten sein, der zusammen mit Wissenschaftlern, Vertretern gesellschaftlicher Gruppierungen und Politikern die Arbeit am IPA mit steuert. (kna)