Stefan Heße ist fünf Jahre im Amt

"Was ich in Köln gelernt habe, kann ich in Hamburg vergessen"

Am 14. März 2015 wurde der Kölner Stefan Heße Erzbischof von Hamburg. Eine Finanzkrise führte dazu, dass er sich zeitweise zurück an den Rhein wünschte. Inzwischen hat er das Heimweh überwunden.

Autor/in:
Michael Althaus
Erzbischof Stefan Heße / © Julia Steinbrecht (KNA)
Erzbischof Stefan Heße / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Stefan Heße war von vornherein klar, dass sein Wechsel vom katholischen Rheinland in die norddeutsche Diaspora mit einem Kulturschock verbunden sein würde. Nicht erwartet hat er wohl, dass er als Erzbischof in Hamburg gleich eine schwere Finanzkrise managen müsste. Der Unmut im Zuge seiner Entscheidung, mehrere katholische Schulen zu schließen, ließ ihn zeitweise sehnsuchtsvoll an eine Rückkehr in sein finanzstarkes Heimatbistum denken. Inzwischen haben sich die Wogen wieder etwas geglättet. Der Bischof fühlt sich im Norden offensichtlich wohl. Heße ist am 14. März fünf Jahre im Amt.

Ne kölsche Jung

Sein Zungenschlag und sein Humor lassen keinen Zweifel daran, dass er waschechter Kölner ist. Der Bäckersohn wurde am 7. August 1966 in der Domstadt geboren. Er empfing 1993 von Kardinal Joachim Meisner die Priesterweihe. Nach Stationen in Bergheim und Bonn, wechselte der promovierte Theologe 2003 in die Personalabteilung des Erzbistums Köln, deren Leitung er drei Jahre später übernahm. Zum Generalvikar, also zum Verwaltungschef, berief ihn Meisner 2012. Nach dessen Rücktritt leitete Heße übergangsweise das Erzbistum. Der neue Erzbischof Rainer Maria Woelki machte ihn 2014 erneut zum Generalvikar.

Der Ruf an die Elbe

Mit seiner Ernennung zum Hamburger Erzbischof wechselte Heße von der mitgliederstärksten in die flächenmäßig größte Diözese Deutschlands, deren knapp 400.000 Katholiken aber nur eine Minderheit in der Bevölkerung bilden. "Was ich in Köln gelernt habe, kann ich in Hamburg vergessen", bekannte er angesichts der geringen Zahlen von Gläubigen und Priestern im Norden. Die von seinem Vorgänger Werner Thissen eingeleitete Zusammenlegung der einst 80 Pfarreien zu 28 pastoralen Räumen setzt er fort. Daneben versucht er, seine Erzdiözese finanziell neu aufzustellen.

Finanzkrise

Eine Unternehmensberatung bescheinigte dem Erzbistum eine bilanzielle Überschuldung von rund 80 Millionen Euro. Heße ist überzeugt: "Wir können auch mit weniger Geld eine lebendige Kirche sein." Seine Ankündigung, bis zu acht katholische Schulen in Hamburg aufzugeben, rief 2018 viele Proteste hervor. Neben der Schließung von letztlich sechs Standorten sind weitere schmerzhafte Sparmaßnahmen geplant, etwa bei Immobilien.

Ein Geistlicher nahe bei den Menschen

Heße, der in seiner knappen Freizeit gerne Orgel spielt und am liebsten an den Stränden im eigenen Bistum Urlaub macht, will erklärtermaßen kein Manager sein, sondern ein Geistlicher nahe bei den Menschen. Nach Gottesdiensten sucht er das Gespräch mit Gläubigen. Er pflegt einen eigenen WhatsApp-Kanal, über den er regelmäßig spirituelle Impulse schickt. Als Flüchtlingsbeauftragter der Bischofskonferenz findet er immer wieder deutliche Worte, etwa: "Die Festlegung einer Obergrenze ist nicht katholisch." Heße fordert klare Verfahrenswege für Asylbewerber auf Grundlage der Menschenrechte.

Ein echter Reformer

Unter seinen deutschen Amtskollegen ist Heße - mit 53 Jahren einer der jüngsten - dem Lager der Reformer zuzuordnen. In der innerkirchlichen Reformdebatte Synodaler Weg forderte er jüngst eine Neuausrichtung der katholischen Lehre zur Homosexualität. Denn viele gleichgeschlechtliche Paare lebten Werte wie Respekt und Verantwortung, betonte Heße, der mitten im Hamburger Lesben- und Schwulenviertel Sankt Georg lebt. Er zeigt sich offen für mehr Zusammenarbeit mit evangelischen Christen, zum Beispiel durch eine gemeinsame Nutzung von Gotteshäusern.

Mit Blick auf die Missbrauchsfälle in der Kirche drängt Hamburgs oberster Katholik auf eine konsequente Aufarbeitung. Als Generalvikar in Köln baute er die dortige Präventionsarbeit auf. Als Erzbischof setzte er im mecklenburgischen Neubrandenburg, wo sich besonders viele Missbrauchsfälle ereignet hatten, eine unabhängige Untersuchungskommission ein.

Untersuchung im Erzbistum Köln

Bei allem steht auch Heßes eigenes Handeln im Fokus einer Untersuchung. Das Erzbistum Köln lässt in einer unabhängigen Studie die Rolle früherer und heutiger Verantwortungsträger im Missbrauchsskandal klären. Die Ergebnisse sollen demnächst veröffentlicht werden. Dazu Heße: "Ob unser Handeln nach heutigen Maßstäben das beste war, wird sich zeigen."


Quelle:
KNA