Zisterzienser wollen das brandenburgische Neuzelle wiederbeleben

"Kloster ist mehr als nur Kultur"

Kommen sie, oder kommen sie nicht? Ginge es nach vielen Einwohnern in Neuzelle, dürften Zisterzienser aus dem österreichischen Heiligenkreuz gerne das ehemalige Kloster in ihrem Ort mit neuem Leben füllen.

Autor/in:
Rocco Thiede
Szene "Der Judaskuss" im neuen Museum der Passionsdarstellungen in Neuzelle (Brandenburg). Neuzeller Passionsdarstellungen vom Heiligen Grab in Stift Neuzelle.  / © Gregor Krumpholz (KNA)
Szene "Der Judaskuss" im neuen Museum der Passionsdarstellungen in Neuzelle (Brandenburg). Neuzeller Passionsdarstellungen vom Heiligen Grab in Stift Neuzelle. / © Gregor Krumpholz ( KNA )

Im kommenden Jahr ist nicht nur das Gedenken an 500 Jahre Reformation, es jährt sich auch die Verstaatlichung vieler Klosterbesitzungen vor 200 Jahren. Es betraf auch die Zisterzienserabtei Neuzelle im heutigen Osten Brandenburgs. Die malerische Anlage südlich von Frankfurt an der Oder mit ihrer barocken Kirche, dem Gartenensemble und zwei Museen ist heute ein beliebtes Touristenziel und wird von einer staatlichen Stiftung unterhalten.

Obwohl viele Klöster wegen Nachwuchsmangels ihre Pforten für immer schließen müssen, könnte sich ausgerechnet in einem Bundesland, indem sich nur drei Prozent der Einwohner zum katholischen Glauben bekennen, eine umgekehrte Entwicklung abzeichnen. Denn es gibt ernsthafte Pläne, das Kloster Neuzelle mit Zisterziensermönchen wiederzubeleben.

Seit 1997 aufgebaut

Im Sommer machte sich eine kleine Gruppe von vier Mönchen aus dem Stift Heiligenkreuz in Österreich für einige Tage nach Neuzelle auf. Sie wollten vor Ort erkunden, ob die Bedingungen für ein lebendiges Klosterleben vorliegen. "Wir wussten von gar nichts", sagt Walter Ederer zu diesen Überlegungen. Seit 1997 baute er die staatliche Stiftung Stift Neuzelle als Geschäftsführer auf und ist heute unter anderem für deren Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Ederer erfuhr nur über Umwege von den Erwägungen der Zisterzienster.

"Ich habe davon in der Zeitung gelesen", berichtet auch Marion Gollhardt. Sie betreibt ein kleines Antiquariat am Kloster. Wer die Anlage in Neuzelle durch das große Tor betritt, kommt direkt an ihrem Buchladen vorbei. "Ich sah sie so über den Platz gehen und schaute erstaunt, weil Mönche in Neuzelle sehr ungewöhnlich sind", erinnert sich die Buchhändlerin, die keiner der christlichen Gemeinden vor Ort angehört. "Zwei von ihnen waren auch schon hier im Laden, und wir haben uns kurz bekannt gemacht und gut unterhalten", sagt sie weiter.

Touristen zeigen Interesse

Einer der Mönche war gelernter Buchbinder, und Marion Gollhardt fand sofort "eine gute Basis" für ein erstes Kennenlernen. Oft kommen nun Touristen zu ihr ins Antiquariat und erkundigen sich nach dem neuesten Stand des Projekts. "Mich fragen sehr viele Kunden, ob das Kloster noch in Betrieb ist, weil sie auch hierher kommen und Mönche sehen wollen. Sie sind dann immer ganz enttäuscht, wenn ich ihnen sage, dass das Kloster seit 1817 nicht mehr existiert."

Probleme, die sich wegen der mehrheitlich kirchenfernen Bevölkerung in Brandenburg ergeben könnten, sieht die Buchhändlerin nicht: "Neuzelle ist ja im Prinzip schon immer eine kleine katholische Insel gewesen und hat sich durch die Zeiten gerettet. Ich denke, es hat auch ein Umdenken stattgefunden. Man sieht jetzt Religion anders als zu DDR-Zeiten."

"Es ist mehr als nur ein Ausflug."

Pater Meinrad ist gebürtiger Wiener und vor über 40 Jahren in Heiligenkreuz in den Orden eingetreten. Er war fast 20 Jahre in Rom dessen Generalprokurator, also für die Verwaltung zuständig. Vor seiner Reise nach Neuzelle sagte er: "Es ist mehr als nur ein Ausflug. Wir sind nicht als Touristen hier. Erst einmal besuchen wir gerne unsere alten Zisterzienserklöster, die es zur Zeit des heiligen Bernhard im Mittelalter und nachher ja zu Hunderten in Deutschland gegeben hat." Viele wurden dann durch die Reformation evangelisch, wie Pater Meinrad bedauert.

Eingeladen hatte sie der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt, auf dessen Diözesangebiet Neuzelle liegt. Für eine Wiederbesiedelung müsse jedoch die ökonomische Basis stimmen. "Ein Kloster muss sich selber irgendwie erhalten können. Wir haben in Österreich sehr viel Arbeitsseelsorge, Pfarreien, Schulen. Und hier müsste man halt sehen, was dann das richtige Aufgabengebiet für uns wäre", sagt Pater Meinrad. Mit der Stiftung Stift Neuzelle würden die Zisterzienser gerne zusammenarbeiten. Pater Meinrad und seinen Mitbrüder ist es dabei aber wichtig, "nicht das Sahnehäubchen auf einem kulturellen Event-Ort sein zu wollen. Denn ein Kloster ist mehr als nur Kultur".

Tankstelle, Buchhandlung, Weingut owie ein Sägewerk

Eventuell könnte die auf dem Klostergelände ansässige Privatschule ein Anknüpfungsanker für die Mönche werden, die auch in Österreich auf vielen Gebieten aktiv sind. Dort betreiben sie eine eigene Tankstelle, eine Buchhandlung, ein Weingut sowie ein Sägewerk und sind viel in der Seelsorge tätig. "Das Gymnasium mit seinen 500 Schülern hier hat keinen Religionsunterricht. Es wäre sicher ein Aufgabengebiet für uns, jungen Menschen etwas über den Glauben zu erzählen", meint Pater Meinrad.

Sein Orden will im November eine grundsätzliche Entscheidung über das Projekt treffen. Die Stiftung Stift Neuzelle gibt sich gesprächsbereit. "Das wäre natürlich schon ein Gewinn, wenn so etwas zustande käme", so Walter Ederer. Ich denke an spirituelle Angebote, die man hier machen könnte - und die es in der Form bisher nicht gibt."


Zisterzienser-Mönche / © Bernd Thissen (dpa)
Zisterzienser-Mönche / © Bernd Thissen ( dpa )
Quelle:
KNA