Hilfsoffensive für Flüchtlinge am Erzbistum Hamburg

"Mit Händen und Füßen"

Beratung, Unterricht, Sprachkurse: Das Erzbistum Hamburg hat eine Hilfsoffensive für Flüchtlinge gestartet. Damit wird auch ein Zeichen gegen Pegida gesetzt.

Ansgar Thim (Erzbistum Hamburg)

Das Erzbistum Hamburg hat eine Hilfsoffensive für Flüchtlinge gestartet. Fast überall in den Pfarrgemeinden beraten ehrenamtliche Kräfte Asylsuchende in Rechtsfragen, geben Unterricht in Staatskunde, Mobilität, Gesundheitswesen und Arbeit. Doch das wichtigste sind Sprachkurse. Das weiß auch der Übergangsverwalter der Erzdiözese, Ansgar Thim, der sich an diesem Montagvormittag über die Kieler Initiative informiert. An einem Tisch versammelt sind hier Helfer aus allen Bereichen sowie syrische und irakische Flüchtlinge.

Thim: Viele Deutsche hilfsbereit

"Wir fangen bei Null an, am Anfang verständigen wir uns mit Händen und Füßen", erläutert Silvia Krantz. Ro-Sa-Si sind die ersten Laute, L, A und S die ersten Buchstaben. Die pensionierte Lehrerin gibt seit einem halben Jahr Flüchtlingen Deutschunterricht. Das Angebot ist Teil der Initiative "Gemeinschaft mit Flüchtlingen" der katholischen Gemeinde in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel.

Er sei froh über das breite Engagement, so Thim: "Durch Bewegungen wie Pegida könnte der Eindruck entstehen, Deutschland sei nicht offen - aber das Gegenteil stimmt: Sehr viele Deutsche sind hilfs- und spendenbereit." Das bestätigt Marina Koch vom Caritas-Verband für Schleswig-Holstein: "Die Hilfsbereitschaft ist toll - aber es geht jetzt darum, sie aufrecht zu erhalten und zu kanalisieren." So seien zurzeit keine Kleiderspenden mehr nötig, wohl aber Wohnraum. Und: "Flüchtlinge könnten selbst Patenschaften übernehmen, um Neuankömmlingen Informationen für die ersten Tage in Deutschland zu geben", lautet ihre Anregung.

Hilfsfonds eingerichtet

Der Meinung ist auch einer der Flüchtling, der bereits schlechte Erfahrungen mit deutschen Behörde gesammelt hat: "Ich bin hingegangen, um Hilfe zu bekommen - es hieß, ohne Termin gehe gar nichts. So etwas kenne ich von daheim nicht." Basisinformationen sollten am besten gleich in der zentralen Unterkunft vermittelt werden, schlägt der Mann vor.

Das Erzbistum hat einen eigenen Fonds für die Flüchtlingsarbeit aufgelegt, der mit 500.000 Euro gefüllt ist. Auch personell verstärkt das Erzbistum die Flüchtlingsarbeit: In Hamburg soll sich ein Priester um Menschen kümmern, die seelsorgerische und psychologische Hilfe brauchen. Bessere Koordination der Hilfen ist auch das Ziel der Stadt Kiel, wie eine Vertreterin des "Referats Migration" erklärt: "Wir wollen Hilfswillige und Flüchtlinge zusammenbringen."

Schnell Deutsch lernen

Einig sind sich alle, dass Sprache der Schlüssel zur Integration ist. "Wenn ich mich hier wohlfühlen und besser leben will, muss ich Deutsch können", sagt die Syrerin Samira Askaru, die den Deutschkursus der Kirche mitmacht. Die Christin, die mit ihrem schwer behinderten Mann nach Kiel geflohen ist, hat in der Gemeinde von dem Angebot erfahren.

Aber auch viele muslimische Flüchtlinge nehmen an den Kursen teil und werden von Paten der Gemeinde bei Behördengängen und in schulischen Fragen betreut. In der Kieler Kirche St. Josef nahmen kürzlich 150 Menschen - Christen wie Muslime - an einer Nikolausfeier teil. Ein großer Erfolg für die Organisatoren, aber eben auch ein Zeit- und Kostenfaktor für die Gemeinden.

Hilfe ohne Geld

Doch für solche kleinen Aktionen wird es vermutlich kein Geld aus dem Fonds geben, bedauert Thim: Es gehe darum, "Geld für das Richtige und nachhaltig auszugeben". Auch lasse sich mit Geld allein nicht alles lösen: Etwa, dass Familien jahrelang ohne gesicherten Status in Deutschland leben oder dass es zu wenig Hilfe für Traumatisierte gibt.

Ein Student berichtet von seinem ersten Tag als ehrenamtlicher Sprachlehrer: "Die Teilnehmer in meinem Kurs wollten erstmal nur über das reden, was sie erlebt haben. Sie haben mir Videos mit Gräueltaten aus dem Krieg gezeigt - da kann ich nicht mit Vokabeln für Obst kommen." Hilfe für Flüchtlinge - das kann manchmal nur ein offenes Ohr sein.

 

 


Quelle:
KNA