Kommentar zur Weltbild-Insolvenz

Unternehmen Hoffnung

domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen kommentiert den Niedergang des Weltbild-Konzerns und setzt auf das "kirchliche Unternehmen Hoffnung".

Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige (DR)
Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige ( DR )

Die Insolvenz des kircheneigenen Medienunternehmens "Weltbild" sorgt immer noch für Schlagzeilen und reichlich Gesprächsstoff. Von "Ein Jammer, was die Kirche da mit den tausenden Arbeitern macht – unverantwortlich!" bis "Gut, dass die Bischöfe jetzt mit Esoterik, Schund und Pornos endlich kein Geld mehr machen!" reicht die breite Palette der Argumente. Wie immer, wenn gleich mehrere Faktoren zusammenkommen, ist eine eindeutige Klärung der Verantwortung schwierig. Auch hier reicht das Spektrum vom Missmangement der Geschäftsführung bis hin zur völlig unzureichenden Kontrolle und Führung der Bischöfe und ihrer Vertreter im zuständigen Aufsichtsrat. Die Kirche besitzt nun ein Milliardenumsatz-Unternehmen weniger und ist mindestens um eine Erfahrung reicher. Millionen Euro, vermutlich im dreistelligen Bereich, muss die Kirche als Verlust verbuchen, das Image ist mehr als angekratzt, und für tausende von betroffenen Arbeitnehmern ist die berufliche Zukunft derzeit völlig ungewiss – eine wahrhaft traurige Bilanz.

Hatte Papst Benedikt XVI. mit seiner vielbeachteten Rede von der "Entweltlichung" in Freiburg nicht Recht? Sollte Kirche nicht besser ganz die Finger von Wirtschaftsunternehmen lassen – gerade jetzt, wo auch Papst Franziskus sich so lautstark über die Auswüchse des Kapitalismus beklagt hat? Ganz so einfach aber können es sich die Christen, die Salz in dieser Welt sein sollen und wollen, nicht machen. Wer nur einen einzigen Joghurtbecher oder eine Jeans in den Supermärkten dieser Welt kauft, ist mitten drin in der "sündigen Welt". Wo wurde das Produkt unter welchen Umständen wie hergestellt? Gerechte Löhne, nachhaltige Herstellung, umweltgerechte Lieferwege? Wenn ich mich nicht hinter die Klostermauern zurückziehe, Strom- und Kommunikationsmittel abschalte und nur mein Gemüse und Obst aus dem eigenen Garten verköstige, mache ich mir in dieser Welt die Finger schmutzig. Solange der Himmel noch auf uns warten muss, gilt es im irdischen Jammertal die Hand an den Pflug zu legen.

Ich bin froh, dass unsere Kinder in ein kirchliches Kindergarten-Unternehmen gehen konnten – Laternen für St. Martin bastelten und vor dem Essen beteten. Ich bin dankbar, dass mein Vater im katholischen Krankenhaus-Unternehmen medizinisch optimal betreut und von ehrenamtlich tätigen Frauen aus der Gemeinde besucht wurde. Wenn das Unternehmen Kirche Immobilien besitzt, in denen kinderreiche Familien nicht mit Wucherpreisen abgezockt werden, finde ich das richtig gut. Kirche ist kein allein am Gewinn interessierter Megakonzern – sondern ein Laden mit tausenden von kirchlichen Betrieben und Unternehmen, in denen transparent und verantwortlich gelebt und gearbeitet wird. Unzählige engagierte Mitarbeiter, die, wie die liebevoll engagierte Krankenschwester in ihrer Nachtschicht, weit mehr leisten, als man das für ihren Lohn erwarten könnte, machen mir Mut. Viel mehr Mut, als dass mir von überbezahlten und schlecht agierenden Geschäftsführern und Aufsichtsräten kirchlicher Unternehmen mein Weltbild in Augsburg oder Limburg zerstört wird. Überall da aber, wo nach den Gesetzen des ehrbaren Kaufmanns klar, wahr, transparent und verantwortlich gewirtschaftet wird, lebt das kirchliche Unternehmen Hoffnung.


Quelle:
DR