Katholischer Reformdialog vor dem Start

Satzung veröffentlicht

Der geplante Dialog zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland hat eine wichtige Hürde genommen. An diesem Dienstag wurde die Satzung veröffentlicht. Über den Weg hin zum "Synodalen Weg".

Autor/in:
Michael Jacquemain
Kirche auf dem Weg / © somrak jendee (shutterstock)

In der 38. Woche wird das Kind wohl zur Welt kommen. Die Schwangerschaft verlief alles andere als unkompliziert. Die Rede ist vom "synodalen Weg", den die Deutsche Bischofskonferenz im März in Lingen beschloss und der nun am ersten Adventswochenende, dem Beginn des neuen Kirchenjahres, starten soll. Dies gab am Dienstag die Bischofskonferenz in Bonn bekannt.

Am Anfang wirkte alles harmonisch: Mit 62 Ja-Stimmen bei vier Enthaltungen votierten die Bischöfe dafür, gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) den "synodalen Weg" zu beschreiten. Kardinal Reinhard Marx brachte es auf den Punkt: "Die Missbrauchsstudie und in ihrer Folge die Forderung vieler nach Reformen zeigen: Die Kirche in Deutschland erlebt eine Zäsur." Es gelte, frei zu werden "von Blockierungen des Denkens".

Schwieriger Weg

Das ZdK stimmte zu. Aus den drei von den Bischöfen formulierten Themenkomplexen Macht, Sexualmoral und priesterliche Lebensform wurden vier, nachdem das Zdk die in Deutschland besonders drängend erscheinende Frage des Umgangs mit Frauen auf die Tagesordnung setzte. Im April begannen erste Gespräche, Vorbereitungsgruppen tagten. Immer wieder mussten deren Ergebnisse in den Gremien des ZdK und der Bischöfe erörtert werden. Über all das begann die Begeisterung der Bischöfe zu sinken.

Das artikulierte sich vor allem am formalen Rahmen, der "Satzung", die auf keinen Fall "Statut" heißen sollte. Weil dieser Begriff mit einer Synode verbunden ist, aber die wollten wegen damit verbundener kirchenrechtlicher Fesseln weder Marx noch ZdK-Präsident Thomas Sternberg. Beide wollen vielmehr alles offen diskutieren.

Aber was genau heißt "synodal" debattieren, um "verbindlich" Beschlüsse zu fassen? Mit welchen Mehrheiten? Und wen binden die Ergebnisse? Und ist das alles überhaupt erlaubt? Steht am Ende nur ein Brief nach Rom? Die Beteiligten wissen, dass sie in Fragen, die die Kirche weltweit regelt, keine nationalen Entscheidungen treffen können. Die Beschlüsse sollen deshalb auch keine rechtliche, sondern eine bloß moralische Verbindlichkeit haben. Deshalb, so die Befürworter, müsse Rom weder die Satzung noch die Ergebnisse genehmigen.

Bedenken aus dem Vatikan

Was den Vatikan nicht davon abhielt, sich einzumischen. Papst Franziskus verfasste einen in dieser Form einmaligen "Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland", der je nach Interessenlage unterschiedlich interpretiert wurde: Die übergroße Mehrheit der Bischöfe sah sich ebenso wie das ZdK zur Fortsetzung ermutigt, eine Minderheit entdeckte Formulierungen, die ihre Bedenken bestätigte.

Keinen Interpretationsspielraum ließ im September ein Brief der Bischofskongregation, der die Deutschen vor einer Überschreitung ihrer Kompetenzen warnte. Um über die verschiedenen Positionen ins Gespräch zu kommen, stellten bei der Herbstvollversammlung in Fulda der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und der Münsteraner Bischof Felix Genn in nachdenklichen, aber nicht konfrontativen Vorträgen ihre Sicht dar.

Symbolischer Beginn des Dialogs im neuen Kirchenjahr

Zwar blieben die verschiedenen Haltungen bestehen, allerdings verbesserte sich offenbar das Diskussionsklima: Fair und von gegenseitigem Respekt getragen, so sagten es viele. Sogar von einer Annäherung war die Rede. Auch die Satzung ließen die Bischöfe nicht unangetastet. Zu den Veränderungen zählen dem Vernehmen nach Formulierungen in der Präambel, um das Thema Glaubenskrise und Verkündigung aufzuwerten, sowie eine stärkere Beteiligung der Theologischen Fakultäten. Genaueres behielten Bischöfe und ZdK für sich. Beide Seiten wollten verhindern, dass die Entwürfe und Änderungen der Satzung verglichen werden konnten, um öffentlich Sieger und Verlierer ausmachen zu können.

Nach den Diskussionen von Fulda war nun wieder das ZdK an der Reihe und musste die veränderte Satzung billigen. Der Hauptausschuss stimmte Mitte Oktober zu. Es gilt danach als sicher, dass am 22. und 23. November auch die Vollversammlung der Laienvertretung nichts mehr zu Fall bringen wird. Symbolisch soll der Dialog am ersten Adventswochenende, Beginn des neuen Kirchenjahres, das Licht der Welt erblicken. Ende Januar in Frankfurt wird der "synodale Weg" dann aller Voraussicht nach erstmals begangen und bestaunt werden können.


Thomas Sternberg (l.) und Reinhard Kardinal Marx / © Julia Steinbrecht (KNA)
Thomas Sternberg (l.) und Reinhard Kardinal Marx / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA