Pfarrer über Erneuerungen von Pfarrgemeinden

"Es geht um viel mehr als um Strukturen und Gebäude"

Wie geht es weiter mit den katholischen Kirchengemeinden im deutschsprachigen Raum? Darum ging es Anfang der Woche bei einem Kongress und einem Priestertag in Fulda. Pfarrer Michael Mohr ist Stadtdechant in Solingen und war dabei.

Symbolbild: In den USA hat Pfarrer James Mallon mit neuen Prinzipien und mit seinem Team Gemeinden verändert / © N.N. (shutterstock)
Symbolbild: In den USA hat Pfarrer James Mallon mit neuen Prinzipien und mit seinem Team Gemeinden verändert / © N.N. ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Der Kongress in Fulda trug den Namen "Divine Renovation". Was steckt hinter diesem Begriff?

Pfarrer Michael Mohr (Stadtdechant von Solingen): Es ist auch der Titel eines Buches von Pfarrer James Mallon aus Halifax im Osten Kanadas. Die "Divine Renovation - Wenn Gott sein Haus saniert". Er hat darin sehr lebendig erzählt, welche Wege er mit seinem Team in seiner Pfarrei in Kanada von einer bewahrenden zu einer missionarischen Kirchengemeinde gegangen ist.

DOMRADIO.DE: Gebäude instandhalten und den Bedürfnissen der Mitglieder gerecht werden, das sei nicht alles. Die Pfarrgemeinden sollen sich ihrem wahren Auftrag stellen. Was ist denn der wahre Auftrag? Und gibt "Divine Renovation" eine Antwort darauf?

Mohr: Wenn man es vielleicht etwas zu verkürzt sagen darf - aber ich versuche es einfach mal - dann geht es James Mallon darum, dass aus Christen Jünger werden und aus Jüngern dann auch missionarisch wirkende Jünger. Es geht gar nicht so sehr um Strukturen und Gebäude. Das ist sicherlich eine Grundbedingung. Aber es geht um das persönliche Zeugnis, die persönliche Beziehung zu Jesus Christus und das Feuerfangen und dann eben davon zu erzählen, andere zu begeistern, andere mitzunehmen.

DOMRADIO.DE: Die Ideen, über die Sie dort gesprochen haben, sind für den deutschsprachigen Raum neu. Andernorts - zum Beispiel im angelsächsischen Raum - sind sie schon erprobt. Was heißt das konkret? Strömen die Menschen da wieder in die Gemeinden?

Mohr: Ich glaube, das ist wie immer. Man kann da jetzt nicht sagen: Leg' den Schalter um und alles wird gut. Aber es ist schon spannend zu hören, dass mit dem Instrument "Alpha Kurs" (Treffen, bei denen der christliche Glaube in entspannter Atmosphäre entdeckt werden kann, Anm. der Red.) Menschen wieder in Kirchen gehen. Das Instrument nutzt auch James Mellon sehr stark. Wir in Solingen haben den dritten und vierten Alpha-Kurs am Laufen. Dabei erleben wir, dass Menschen, die man vorher nicht in der Kirche gesehen hat, neugierig werden, nachfragen und schnuppern. Das, finde ich, ist unabhängig von Zahlen erst mal ein sehr Mut machender Fakt.

DOMRADIO.DE: Bei dem Kongress Anfang der Woche konnten Teilnehmer verschiedene Seminare besuchen. Da gab es Themen wie: "Ohne Motor fährt der Karren nicht", "Gebet als Antriebskraft der Erneuerung" oder "Wie entwickle ich eine Vision für meine Pfarrei". Auch die Willkommenskultur war Thema. Mit welchem Thema haben Sie sich auseinandergesetzt?

Mohr: Ich war neugierig auf die kanadischen Gäste. Denn viele Seminare - bei allem Respekt - kann man auch, wenn man sich umschaut, in Deutschland schon mal mitnehmen. Aber das Team um James Mellon und seine Mitarbeiter war halt jetzt in Fulda und so habe ich mir mal angehört, wie geistliche Leitung funktionieren kann.

DOMRADIO.DE: Welche Impulse für die Kirche der Zukunft haben Sie dort für sich persönlich gewonnen?

Mohr: Für mich war dieser Aspekt, Jünger zu werden, Zeuge zu werden, missionarisch tätig sein, entscheidend. Auch die Erkenntnis, Mut zu haben, auch Fehler zu machen. Hab Mut, neue Wege zu gehen, die nicht immer dieselben sind. Das wird nicht sofort zum Erfolg führen, aber die Kanadier sagen das ja immer: "It's hard, but it's fun" ("Es ist hart, aber es macht Spaß", Anm. d. Red.).

DOMRADIO.DE: Was glauben Sie wie es gelingen kann, dass man von der bewahrenden Kirche zu dieser missionarischen Kirche wieder hinkommt?

Mohr: Ich glaube, ein Schritt ist es tatsächlich, Teams zu finden, Leute zu finden, mit denen man gemeinsam unterwegs sein kann. Einer alleine kann das nicht schaffen. Wenn man ein paar Menschen um sich herum hat, die anfangen dahin zu denken, dahin zu gehen, dann kann man schon viel bewegen. Dann, glaube ich, dann kann es vorwärts gehen. Diese Menschen zu identifizieren, das scheint mir herausfordernd, weil die laufen nicht über die Straße und sagen: "Hey, hier bin ich – nimm‘ mich mit. Ich brenne." Sondern, da muss man wach und aufmerksam sein.

Das Interview führte Dagmar Peters.


 

Pfarrer Michael Mohr / © Natalie Kuhls (privat)
Pfarrer Michael Mohr / © Natalie Kuhls ( privat )
Quelle:
DR