Pfarrer wirft "Maria 2.0" aus der Kirche

Ein handfester Tumult

Ein weißer Schal an der Madonna und ein Gebet - in einer Pfarrei bei Schweinfurt haben Aktionen der Reformbewegung "Maria 2.0" zu einem handfesten Eklat mit dem Pfarrer geführt.

Weißes Laken mit der Aufschrift "Maria 2.0"  / © Andre Zelck (KNA)
Weißes Laken mit der Aufschrift "Maria 2.0" / © Andre Zelck ( KNA )

"Turbulent und tumultartig", so hat Gabi Gressel den Abend in der Kirche Sankt Godehard bei Schweinfurt erlebt. Ihr Mann Rainer, seines Zeichens Organist, spricht von "Wirtshausstimmung".

Und konkret: "Jeder hat rumgeschrien, weil der Pfarrer damit angefangen hat." Dabei wollte die örtliche Vorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbundes eigentlich bisherige Wogen glätten.

Sie wollte nach eigenen Worten um Verständnis werben für Aktionen der Bewegung "Maria 2.0", die seit Monaten in der Gemeinde für Unruhe sorgen. Am Vorabend des Feiertags Mariä Himmelfahrt kam es dann zum Eklat. Mittlerweile hat sich das Bistum Würzburg eingeschaltet. Und der betroffene Pfarrer Andreas Heck spricht im Rückblick von einer Kundgebung des Frauenbundes, die ihn völlig überrumpelt habe. Die Frauen wollten "nur Unruhe stiften", sagte er der "Main-Post".

Gottesdienst nach Auseinandersetzung abgesagt

Gabi Gressel begann am Mittwochabend gerade mit einem Statement, als Pfarrer Andreas Heck an das Lesepult stürmte, ihr das Manuskript entriss, zerknüllte und in die Kirchenbänke warf - so schildern es zumindest die örtliche Frauenbund-Vorsitzende und ihr Mann.

"Raus hier", habe der Pfarrer gebrüllt. Und den geplanten Gottesdienst abgesagt. Mittendrin auch etwa 20 Frauen ganz in Weiß an der Seite Gressels, die sich ihr Manuskript wiederholte und dann doch redete, immer wieder unterbrochen von "Hört auf"-Rufen einiger Gottesdienstbesucher.

Seit Monaten trommeln Katholikinnen in Deutschland für mehr Frauenrechte in der Kirche bis hin zur Weihe von Priesterinnen, die Papst Johannes Paul II. seinerzeit endgültig ausschloss. Auch im unterfränkischen Forst gibt es eine Vorgeschichte: Die Frauenbund-Ortsgruppe hatte im Mai ihre 50 Mitglieder zu einer Andacht geladen. Das Thema war "In Verbindung mit Maria". Die örtliche Zeitung titelte "Wir holen Maria vom Sockel", wie Gressel am Freitag auf Anfrage berichtet. Manche Katholiken im Ort seien darüber verstimmt gewesen.

Bereits im Vorfeld gab es Unstimmigkeiten

"Nur Überschriften oder Schlagzeilen lesen, führt immer zu Missverständnissen", so steht es in Gressels vorbereitetem Statement für Mittwochabend. "Bewusst vor dem Gottesdienst" habe sie es halten wollen, um die Feier nicht zu stören. Pfarrer Heck um Erlaubnis fragen, wollte sie nicht. "Wenn ich vorher in die Sakristei gegangen wäre, dann hätte er mir das sicher nicht erlaubt", meint die KDFB-Vorsitzende. Dazu sei schon zu viel vorgefallen.

Die Andacht im Mai war nicht der einzige Konfliktpunkt. Gressel kümmert sich mit anderen Frauen auch um den Blumenschmuck in der Kirche. Im Juli hätten sie dabei einer Madonnenstatue einen weißen Schal umgelegt, als Zeichen für die Taufgnade, die Frauen und Männer in gleicher Weise verliehen sei, so formuliert es Gressel.

Außerdem sei das Gebet zur bundesweiten Aktion "Maria, schweige nicht" in einem Bilderrahmen in die Dekoration eingebaut worden, versehen mit einer Bank zur Besinnung. Dies und eine Stellwand mit Informationen zur Kampagne habe der Pfarrer als "Propaganda" empfunden, so Gressel. Maria werde nach Meinung des Geistlichen missbraucht. Den Schal habe er "sehr vehement entfernt", das Gebet und die Stellwand ebenfalls.

Längst ist der Streit keine lokale Angelegenheit mehr. Schon vor dem jüngsten Eklat haben sich die Forster Frauen Rat bei ihrem Diözesanverband geholt. Deren Vorsitzende Edeltraud Hann zeigt sich am Freitag immer noch entsetzt über das Verhalten des Pfarrers. Das Bistum müsse reagieren: "Da muss ein Mediator her."

Pfarrer: "Ich wusste einfach nicht mehr weiter"

Pfarrer Andreas Heck schilderte der "Main-Post", er sei von der Veranstaltung des Frauenbundes während des Gottesdienstes "völlig überrumpelt" worden. Niemand habe mit ihm vorher gesprochen, "und dann wusste ich einfach nicht mehr weiter". Die Frauen wollten "nur Unruhe stiften". Ihm tue der Vorgang trotzdem leid. "Und es tut mir auch sehr weh", fügte der Geistliche hinzu, der laut der Zeitung nun fünf Wochen Urlaub macht.

Gressel verwies ebenfalls darauf, dass der Vorfall am Vorabend des Feiertags Mariä Himmelfahrt eine Vorgeschichte habe. Im Mai habe eine Veranstaltung des katholischen Frauenbundes bei einem Teil der Gemeinde und beim Pfarrer für Unmut gesorgt.

Der Geistliche habe sich ferner beklagt, dass die Frauen, die für den Kirchenschmuck zuständig seien, Anfang Juli einer Madonnenstatue einen weißen Schal umgelegt und ein Gebet zur bundesweiten Aktion "Maria, schweige nicht" platziert hätten. Nach Meinung des Pfarrers werde dadurch die Gottesmutter missbraucht.

Bistum: Pfarrer hat "unglücklich überreagiert"

Als solcher hat sich am Freitag Generalvikar Thomas Keßler in seiner Reaktion auf den Vorfall angeboten. "In seiner emotionalen Erregung hat der Pfarrer unglücklich überreagiert." Es gelte, einander zuzuhören.

Ob es dafür Chancen gibt, ist offen. Gabi Gressel jedenfalls begrüßt das Angebot des kirchlichen Verwaltungschefs. Ein klärendes Gespräch und eine Entschuldigung forderten die Frauen, so Gressel.

"Wir wollen keinen weiteren Unfrieden. Wir möchten uns aber auch nicht den Mund verbieten lassen. Wir stehen hinter der Aktion."

In Forst schweigen seither die Glocken. Da seien wohl einige Sicherungen durchgebrannt, sagt Gressels Mann Rainer. Er wird vorerst die Orgel nicht mehr spielen.


Quelle:
KNA