Regensburg: Neue geistliche Musik als Studium

Den Glauben zum Klingen bringen

In Regensburg gibt es bald einen Master-Studiengang zum Thema neue geistliche Musik. Pop, Folk, Jazz in der Kirche: Rennt man hier nur dem Zeitgeist nach? Hier liegt eine große Chance für die Kirche, Rektor der Regensburger Hochschule.

Ordensfrau mit Gitarre auf dem WJT 2019  / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Ordensfrau mit Gitarre auf dem WJT 2019 / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

DOMRADIO.DE: Es geht hier um einen Master-Studiengang für neue geistlicher Musik, das heißt es gibt vorher einen Bachelor, in dem man normal Kirchenmusik studiert, aber was ist danach im Master anders?

Prof. Stefan Baier (Rektor der Regensburger Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik): Mit diesem Studiengang wollen wir versuchen, eine neue Sprache der Kirchenmusik zu finden, die auf Jazz-, Pop-, Rock- und Gospelelementen basiert.

DOMRADIO.DE: Wie oft braucht man das dann so im Alltag? Die Musik ist ja manchmal ein bisschen schwierig für Gemeinden zu lernen.

Baier: Es wird sich herausstellen, wie sich das im Alltag etabliert. Uns geht es zunächst darum, das, was es ohnehin seit vielen Jahren gibt, in eine Ausbildung einzubauen, zu professionalisieren, um möglichst gut qualifizierte Kirchenmusik hervorzubringen, mit der die Gemeinden arbeiten können.

DOMRADIO.DE: Haben Sie diesen Studiengang auch eingeführt, weil sie das Bewusstsein haben, dass man ohne Fähigkeiten in diesem modernen, neuen Bereich in Zukunft nicht mehr vollständig Kirchenmusik machen kann?

Baier: Es ist schon eine Reaktion auf eine Entwicklung, die nicht neu ist. Ich komme ja selber von einer ganz anderen Musikrichtung. Ich bin Organist und Cembalist, komme eher von der alten Musik. Aber sich mit neuerer Musik auseinanderzusetzen ist einfach eine Notwendigkeit, der wir gerecht werden wollen.

DOMRADIO.DE: Man könnte ja auch sagen, Sie laufen ein bisschen dem Zeitgeist hinterher. Würden Sie das unfair finden?

Baier: Diese Art der Kirchenmusik gibt es ja schon länger. Wenn ich jetzt sagen würde: "Wir laufen dem Zeitgeist hinterher", dann wäre das eine Reaktion auf etwas, was vor kurzem entstanden ist und jetzt will man da hinterherhecheln. Dem ist nicht so. Unsere evangelischen Kollegen haben vor einigen Jahren begonnen, so einen Studiengang in Kirchenmusik einzurichten. Wir wollten es aber nicht als grundständigen Studiengang haben, sondern als Zusatzqualifikation in einem Master-Studiengang. Insofern versuchen wir da etwas mit aufzunehmen, was eigentlich schon da ist.

DOMRADIO.DE: Wenn ich jetzt ein Kenner von Gregorianik oder alter Musik bin, kann ich dann gleichzeitig auch gute neue geistliche Musik machen?

Baier: Davon bin ich überzeugt. Das ist auch der Idealfall. An der Hochschule versuchen wir einfach das ganze Spektrum der Kirchenmusik abzubilden – von der Gregorianik bis zur neuen geistlichen Musik.

DOMRADIO.DE: Das heißt, die verschiedenen Musikstile schließen sich nicht aus, sondern können sich auch gegenseitig befruchten.

Baier: So würde ich das sehen. Ich denke, man kann unglaublich viel aus den Wurzeln unserer europäischen Musikkultur schöpfen und viel Neues entstehen lassen. Das wäre mein Wunsch, mein Traum für dieses Studium. So etwas soll sich dann auch nicht ausschließlich auf einen Popkantor beschränken, das wäre ja auch wieder eine Einschränkung. Wir wollen, dass sich aus dem reichen Schatz an Kirchenmusik mit diesen Elementen der neuen geistlichen Musik etwas Neues entwickeln kann.

DOMRADIO.DE: Ist es dann eher so, dass man sich spezialisiert und sagt, an diesem Sonntag bieten wir zum Beispiel nur etwas für die Gregorianik-Freunde an? Oder ist es auch vorstellbar, dass man alles in einem Gottesdienst vereint – von Choral über Orgelmusik bis hin zur Band?

Baier: Beides ist durchaus denkbar. Ich kann mir das genauso vorstellen. Und ich fände es auch schön, wenn es Gottesdienste gäbe, in denen übergreifend Musik stattfindet. Musik ist ein hervorragendes Mittel, um das, was wir Kirche zu sagen haben, zu verkünden. Und das geht auf verschiedene Art und Weise.

DOMRADIO.DE: Bei Ihnen in Regensburg gibt es seit kurzem einen neuen Domkapellmeister, den Leiter der Domspatzen, Christian Matthias Heiß. Und der hat gesagt, Kirchenmusik ist nach wie vor eine der ganz großen Chancen der Kirche. Das sehen Sie vermutlich auch so?

Baier: Absolut. Da stimme ich Christian Heiß absolut zu. Musik transportiert Emotionen, aber über seine Texte auch Inhalte. Das ist auch ein Punkt, der im Rahmen dieses Studiums eine Rolle spielt. Hier soll versucht werden, adäquate Texte zum Klingen zu bringen. Und darin liegt eine große Chance.

Das Interview führte Matthias Friebe.


Quelle:
DR