Aufregung nach Missbrauchspredigt in Münsteraner Kirche

Gottesdienstbesucher protestieren lautstark

In Münster hat eine Predigt vom vergangenen Wochenende für Aufregung gesorgt: Ein emeritierter Pfarrer rief darin zur Vergebung für Missbrauchstäter auf. Das wollten sich manche der anwesenden Gemeindemitglieder nicht länger anhören.

Aufregung nach Missbrauchspredigt / © Dong Kyu (shutterstock)
Aufregung nach Missbrauchspredigt / © Dong Kyu ( shutterstock )

Rund 70 Gottesdienstbesucher verließen daraufhin die Kirche, wie das Münsteraner Internetportal "kirche-und-leben.de" berichtet. Pfarrer Ulrich Zurkuhlen habe in seiner Predigt am letzten Wochenende dafür geworben, einander vergeben zu können und die Äußerung ausdrücklich auch auf Priester bezogen, die als Täter Minderjährige sexuell missbraucht haben.

Aufhänger war das Lästern zweier Frauen über ihre verstorbenen Männer, das er zufällig mitbekommen hatte. Das habe der 79-Jährige auch im Nachhinein bestätigt.

"Schreiender Mob"

Besucher des Gottesdienstes berichteten, der Pfarrer habe über einen befreundeten Priester berichtet, der als Täter beschuldigt werde. Es müsse an der Zeit sein, ihm zu vergeben. Daraufhin sei es laut und hektisch geworden, und der Pfarrer habe seine Predigt nicht zu Ende geführt.

Zurkuhlen sagte "kirche-und-leben.de", er sei schockiert gewesen. Gegen "den schreienden Mob" habe er die biblisch so wichtige Bedeutung von Vergebung nicht darlegen können: "Wir beten ja nicht umsonst im Vaterunser: Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern."

Sogar Bischöfe sprächen von Priester-Tätern als "Verbrecher", obwohl diese durchaus auch gute Seelsorger gewesen sein könnten, beklagte sich Zurkuhlen. Niemand sei nur abgründig böse: "Oft verbinden sich Güte und Schuld miteinander oder stehen ohne Berührung nebeneinander."

Leitender Pfarrer bedauert das Geschehen

Der leitende Pfarrer der Pfarrei, Stefan Rau, bedauerte das Geschehen. Der Predigtinhalt und der Sprung von lästernden Frauen zum Opfer-Täter-Verhältnis sei "mehr als unbedacht" gewesen. Im Gottesdienst seien nach seiner Information auch Missbrauchsopfer gewesen. Pfarrer Zurkuhlen sei das nach eigenen Bekunden nicht bewusst gewesen. Rau kündigte an, für Montag die Gemeinde zu einer öffentlichen Diskussion über das Geschehene einzuladen.

Das Bistum Münster begrüßte die Gesprächsankündigung. Dies sei "das richtige Signal", sagte Bistumssprecher Stephan Kronenburg der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Da die Predigt frei gehalten worden sei und nicht schriftlich vorliege, könne sich das Bistum zum Inhalt nicht äußern. Jedoch sollten bei allen Bemühungen zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs "zunächst die Opfer im Mittelpunkt stehen und nicht die Täter".


Quelle:
KNA