Kardinal Marx weist Vorbehalte gegen "synodalen Weg" zurück

"Kirche steht vor Epochenwandel"

Reinhard Kardinal Marx hat Vorbehalte gegen den von den deutschen Bischöfen beschlossenen "synodalen Weg" zurückgewiesen. Niemand habe vor, im nächsten Jahr eine deutsche Nationalkirche aufzumachen, sagte er am Mittwoch im München.

Reinhard Kardinal Marx / © Cristian Gennari (KNA)
Reinhard Kardinal Marx / © Cristian Gennari ( KNA )

Man könne aus dem jüngsten Brief von Papst Franziskus an die deutschen Katholiken vieles herauslesen, aber eines nicht: ängstlich zu sein und diesen Prozess nicht zu beginnen, sagte Marx am Mittwochabend beim Jahresempfang des Erzbistums München und Freising. Es gehe darum, dass sich "ein pilgerndes Volk auf den Weg macht und Gottes Möglichkeiten auslotet, die größer sind als das, was wir uns zurechtgelegt haben".

Niemand habe vor, eine Nationalkirche aufzumachen

Marx sagte, niemand habe vor, im nächsten Jahr eine deutsche Nationalkirche aufzumachen. Kontroverse Diskussionen seien notwendig, auch Abstimmungen, die aber nicht die einen zu Gewinnern und die anderen zu Verlierern machen sollten. Die geforderte Einmütigkeit sei mit knappen Mehrheiten nicht zu erreichen. Statt 51 Prozent gelte es eher, einen Zustimmungsanteil von drei Viertel der Beteiligten anzustreben.

Die Kirche stehe vor einem Epochenwandel, zeigte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz überzeugt. Wer das nicht spüre, habe "sein geistliches Auge nicht justiert". Zwar seien die Umrisse dessen, was entstehe, noch nicht ganz klar. Aber: "Was nicht zum Evangelium passt, wird keinen Bestand haben", betonte Marx. Dies habe er vor wenigen Tagen auch Papst Franziskus gesagt.

Manchmal müssen Christen Unruhe stiften

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) rief die Kirchen zu mehr Optimismus auf. Trotz negativer Zukunftsprognosen bestehe "kein Grund zur Panik", sagte der evangelische Christ. Er habe in der Politik selbst erlebt, wie sich Vorhersagen in wenigen Tagen erledigt hätten. Genauso wenig gebe es Anlass, wegen "einzelner Fehler" das Ganze des Glaubens oder auch die Institution Kirche als solche infrage zu stellen.

Söder sprach sich in diesem Zusammenhang für den Erhalt des deutschen Kirchensteuersystems aus. "Was dafür geleistet wird, ist für ein Land wie Bayern unglaublich wichtig", sagte der Regierungschef. Die Kirchen seien gerade in diesen unsicheren Zeiten Anker der Stabilität und würden in der Gesellschaft gebraucht. Das sähen auch fernstehende Menschen so. Marx hielt Söder entgegen, manchmal müssten Christen auch Unruhe stiften. Jesus sei nicht hingerichtet worden, weil er ein gesellschaftlicher Stabilitätsanker gewesen sei.

Kritiker warnen vor Sonderweg in der Weltkirche

Unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals haben die deutschen katholischen Bischöfe im Frühjahr einen "verbindlichen synodalen Weg" zur Erneuerung der Kirche angestoßen. Wie genau dieser synodale Weg aussehen wird, ist noch nicht klar.

Nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals hatte es zwischen 2011 und 2015 bereits einen Gesprächsprozess in der Kirche gegeben, der allerdings wenige konkrete Ergebnisse brachte. Deshalb fordert nicht nur das ZdK von dem neuen Prozess mehr Verbindlichkeit. Kritiker warnen vor einem deutschen Sonderweg in der Weltkirche und verweisen darauf, dass Fragen wie die Weihe von Frauen die Lehre betreffen und nicht national entschieden werden könnten.


Quelle:
KNA