Kohlgraf besorgt um Kirche

Kirche darf sich moderner Wissenschaft nicht entziehen

Der Mainzer katholische Bischof Peter Kohlgraf hat die Kirche dazu aufgerufen, sich neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht zu verschließen. "Wenn Glaube vernünftig sein will, darf er sich dem Gespräch mit den Wissenschaften heute nicht entziehen", sagte er.

Dunkle Wolken über der Kirche / © Jorge Torres (dpa)
Dunkle Wolken über der Kirche / © Jorge Torres ( dpa )

"Wenn wir in den vergangenen Monaten, Wochen und Tagen in der Bischofskonferenz über Themen wie 'Priesterliche Lebensform', 'Macht und Machtbeschränkung' sowie 'Sexualmoral' nachgedacht haben, haben manche auch gespürt, dass wir an den Ergebnissen moderner Wissenschaften nicht vorbeikommen, wenn wir nach Antworten suchen", so Kohlgraf am Sonntag bei einem Gottesdienst in Mainz.

Glaube meine nicht, "ein totes Glaubensgut zu besitzen, das in einem Tresor von neuen Erkenntnissen unberührt lagert und von Generation zu Generation weitergereicht wird". Sonst gehörte Glauben "ins Museum". Ein Glaube ohne Bewegung sei Ideologie. Kohlgraf gedachte bei dem Gottesdienst seines Vorgängers, Kardinal Karl Lehmann, der vor rund einem Jahr am 11. März 2018 gestorben war. Lehmann stehe für eine weltoffene und menschenfreundliche Theologie, die sich neuen Einsichten nicht verschließe.

Kirche in "tiefer Nacht"

Glaube könne "auch Strecken der Angst" beinhalten. Im Moment erlebe die Kirche "eine große unheimliche Angst, eine tiefe Nacht", betonte Kohlgraf mit Blick auf den Missbrauchsskandal. "Wir haben in der Kirche durch unser Verhalten ein Reden über einen liebenden Gott so unglaubwürdig gemacht." Vielleicht müsse die Kirche deshalb "eine Zeit der scheinbaren Gottferne aushalten". Im Moment bleibe es der Kirche nicht erspart, "vor Gott neu zu erzittern, seinem Anspruch, seiner Gegenwart im Dunkel".

"Gott ist nicht harmlos", betonte Kohlgraf. "Er ist die Liebe, aber nicht 'lieb' in unserem umgangssprachlichen Sinne." Deswegen sei es nicht harmlos, von Gott zu sprechen. Wenn das Reden über Gott aber dazu diene, die eigene Macht zu sichern, sei dies "eine der schlimmsten und gefährlichsten Formen des Atheismus". Gott werde dann zum Instrument.


Bischof Peter Kohlgraf vor dem Dom / © Tomasetti (DR)
Bischof Peter Kohlgraf vor dem Dom / © Tomasetti ( DR )
Quelle:
KNA