Deutschnachweis für ausländische Seelsorger

Religionsbeauftragter für differenzierte Betrachtung

Wenn es nach dem Bundesinnenministerium geht, dann sollen ausländische Seelsorger künftig Deutschkenntnisse nachweisen, um hier arbeiten zu können. Dies beträfe Imame wie Pfarrer gleichermaßen. Eine gewünschte Gleichbehandlung?

Symboldbild zeigt farbigen Pfarrer mit Kerze. / © Farid Djemmal (KNA)
Symboldbild zeigt farbigen Pfarrer mit Kerze. / © Farid Djemmal ( KNA )

DOMRADIO.DE: Von der Deutschen Bischofskonferenz sind jetzt schon mahnende Worte zu hören. Die Aufforderungen an die Sprachkenntnisse dürfen nicht dazu führen, dass die Einreise der Betroffenen faktisch unmöglich gemacht wird. Was sagen Sie dazu?

Markus Grübel (CDU-Bundestagsabgeordneter und Religionsbeauftragter der Bundesregierung): Zunächst einmal geht es um ein wichtiges Anliegen, nämlich Integration. Integration auch von Muslimen. Geistliche können viel für Integration tun und sie fördern. Dazu sind auch Deutschkenntnisse wichtig. Darum finde ich, die Geistlichen sollten auch Deutsch sprechen können, müssen unsere Werte kennen und sie teilen. Es braucht aber auch Ausnahmeregelungen, zum Beispiel für Urlaubsvertretung.

Ich selbst kenne Pfarrer aus Indien und aus Nigeria, die mäßig Deutsch können, aber in dem Falle geht es nicht um Integration, sondern um seelsorgerische Betreuung und Gottesdienstgestaltung. Für eine gewisse Urlaubszeit sind auch sehr einfache Deutschkenntnisse ausreichend.

DOMRADIO.DE: De facto werden ja jetzt schon die ausländischen Priester auf ihren Dienst in deutschen Gemeinden vorbereitet. Ein Gemeindepfarrer hat uns im Interview gesagt, die Sprache ist eine Schlüsselqualifikation für Seelsorger. Ohne Deutschkenntnisse kommt keiner hierher. Ist das nicht ein ziemlich theoretisches Problem?

Grübel: Imame kommen häufig ohne Deutschkenntnisse nach Deutschland oder mit sehr geringen Deutschkenntnissen. Das ist schon ein Problem. Das gilt auch für christliche Pfarrer, die aus dem Ausland als Urlaubsvertretung kommen. Aber auch da gilt, dass Deutschkenntnisse wichtig sind, weil man ja auch Menschen seelsorgerisch betreuen muss. Dazu muss man sie verstehen und sich mit ihnen verständigen können.

DOMRADIO.DE: Ein Hintergrund für die Pläne des Bundesinnenministeriums ist, dass hierzulande immer wieder Imame auf Türkisch oder Arabisch predigen und manchmal ziemlich fundamentalistische Gedanken verbreiten. Das ist in christlichen Gemeinden aber gar nicht das zentrale Problem. Schüttet man da nicht das Kind mit dem Bade aus?

Grübel: Daran sieht man, dass es eine komplexe Frage ist, und wir eine differenzierte Antwort brauchen. Eine Antwort, die nicht alle gleich behandelt, sondern die unterschiedlichen Anforderungen im Auge behält. Das Thema Integration oder Hasspredigt ist bei christlichen Kirchen absolut untergeordnet.

DOMRADIO.DE: Das heißt, im Kern geht es bei den Plänen des Bundesinnenministeriums vor allem um die Imame aus dem Ausland?

Grübel: Ja, weil es da sehr viele gibt. Da ist es fast die Regel. Langfristiges Ziel muss sein, dass wir in Deutschland ausgebildete Imame haben. Das gibt es ja schon in Tübingen, Berlin und Münster.

Das ist aber wegen der Bezahlung nicht leicht umzusetzen. Wenn Sie einen Imam einstellen, der in Deutschland ausgebildet ist, müssen sie die vollen Personalkosten und Personalnebenkosten tragen. Wenn Sie einen Imam von Diyanet beziehungsweise DITIB aus der Türkei nehmen, dann zahlen Sie 400 bis 500 Euro im Monat. Das können die Moscheegemeinden bezahlen. Wir haben da das Problem der Finanzierung, auch der Finanzierung aus dem Ausland. Das Problem hat man ja jüngst diskutiert, weil die Moscheegemeinden keine Kirchensteuer im klassischen Sinn kennen und auch nicht mitgliedschaftlich organisiert sind.

Jeder Christ gibt beim Einwohnermeldeamt an, ob er katholisch oder evangelisch ist. Dann kann Kirchensteuer erhoben werden. Bei Muslimen ist dies nicht üblich, auch in ihren Heimatländern nicht. Darum ist die Finanzierung sehr schwierig, weil ich gar nicht weiß, wer in meinem Gemeindegebiet Muslim ist.

DOMRADIO.DE: Wie blicken Sie denn auf diese Debatte? Was würden Sie denn Herrn Seehofer in seinem Ministerium raten?

Grübel: Ich halte es schon für ein wichtiges Anliegen, dass Imame Deutschkenntnisse haben und auch unsere Werte kennen und teilen. Ich meine aber, man sollte das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, sondern eine differenzierte Antwort auf die Frage finden.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Markus Grübel / © Thomas Trutschel (photothek)
Markus Grübel / © Thomas Trutschel ( photothek )
Quelle:
DR