Erzbischof Burger läutet große Veränderungen ein

Reformprozess im Erzbistum Freiburg

Priestermangel, weniger Gläubige, unsichere Finanzierung: Viele Diözesen diskutieren neue Strukturen für Seelsorge und kirchliches Leben. Im Erzbistum Freiburg wurde der Reformprozess "Kirchenentwicklung 2030" ausgerufen: Fragen und Antworten.

 (DR)

Was ist das Projekt "Kirchenentwicklung 2030"?

Im Blick auf Priestermangel und sinkende Gläubigenzahlen strebt der Freiburger Erzbischof Stephan Burger eine Debatte darüber an, wie die katholische Kirche 2030 und danach aussehen soll. Dabei geht es um Strukturen, also etwa um die Größe der einzelnen Pfarreien und um die Fragen von Leitung und Verwaltung. 

Zugleich sollen die Reformen mit einem inhaltlichen Nachdenken verbunden sein. Ziel müsse sein, so Burger, dass Menschen auch künftig "die versöhnende, befreiende, tröstende und stärkende Kraft Gottes wahrnehmen können".

Was ist die Grundlage der Arbeit?

Ausgangspunkt ist die Analyse, wonach die katholische Kirche künftig nicht mehr flächendeckend präsent sein kann und will. Als Beleg gilt der erwartete Abwärtstrend bei Priesterzahlen (2016: 391 - 2030: ca. 230) und Katholikenzahlen (2016: 1,88 Millionen - 2030: 1,64 bis 1,32 Millionen). Damit verbunden sind sinkende Kirchensteuereinnahmen und somit knappere Finanzmittel.

Eine Studie hält fest, dass es 2030 bistumsweit nur rund 80 Pfarrer geben wird, die als Leiter einer großen Pfarrei infrage kommen. An der weltweit geltenden kirchenrechtlichen Norm, dass eine Pfarrei nur von einem Pfarrer geleitet werden kann, will die Bistumsleitung nicht rütteln. An der Basis gibt es dagegen immer wieder Forderungen, die Leitung auch an Nicht-Priester oder oder an ein Team zu übertragen.

Wie könnte eine Kirchengemeinde künftig aussehen?

Ein als Grundlage vorgelegtes 30-seitiges Arbeitspapier spricht von künftig nur noch 40 Pfarreien. Derzeit sind es rund 1.000, die zu 224 "Seelsorgeeinheiten" zusammengefasst sind. Diese Neuordnung würde im Vergleich zu heute zu drastisch größeren Pfarreien führen. Ähnliche Pläne gibt es auch in anderen deutschen Bistümern. Jede dieser neuen Pfarreien soll von einem Pfarrer geleitet werden. Ein hauptberuflicher Geschäftsführer soll Personal- und Finanzfragen übernehmen. Mittelpunkt der Gemeinde soll ein "Pastorales Zentrum" mit einem zentralen Pfarrbüro und einem zentralem Gottesdienstort sein. Unter dem Dach der neuen Großpfarrei sollen "Freiheiten zu vielgestaltigen Substrukturen" entstehen.

Vor Ort sollen Engagierte Spielräume erhalten, um ihr religiöses Leben zu organisieren. Großen Wert legt das Konzept auf schulischen Religionsunterricht, besondere Angebote für Jugendliche, das Einbeziehen von karitativem Engagement etwa in Seniorenheimen und Kliniken oder die Präsenz in kirchlichen Kitas und Kindergärten.

Wie sieht der Zeitplan aus?

Am Freitag und Samstag findet in Freiburg eine erste Konferenz mit etwa 170 Teilnehmern statt. Die Ergebnisse der Beratung sollen in den kommenden Monaten in der Fläche diskutiert werden. Jeder kann Anmerkungen und Ideen über eine Internetseite in die Debatten einbringen. Im März 2021 ist eine abschließende zweite Konferenz geplant. Dort sollen die Weichen endgültig gestellt werden. Die letzte Entscheidung liegt bei Burger. Er hat zugesagt, Entscheidungen nur in enger Absprache mit den diözesanen Gremien zu treffen.

Wie sind die ersten Reaktionen auf die Reformpläne?

Viele zeigten sich überrascht, dass das Arbeitspapier detaillierte Vorgaben macht - allen voran zur Vergrößerung der Pfarreien. Eine Sorge ist, dass Kirche so ihr Gesicht verliert. Kritisiert wurde auch, dass die Pläne die aktuellen inhaltlichen Reformdebatte kaum aufgriffen - etwa Rufe nach kirchlicher Demokratisierung und Gewaltenteilung sowie die Debatte über die Weihe von Frauen.

Von Volker Hasenauer 


Erzbischof Stephan Burger / © Andreas Kühlken (KNA)
Erzbischof Stephan Burger / © Andreas Kühlken ( KNA )
Quelle:
KNA
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