Freiburger Erzbischof sieht Diözese vor einem Wandel

"Tiefer Einschnitt"

Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger hat die Katholiken im Südwesten auf tiefgehende Reformen in der Seelsorge und im kirchlichen Leben eingestimmt. Es gehe in den kommenden Monaten darum, eine neue Vision von Kirche zu entwickeln.

Erzbischof Stephan Burger / © Roger Koeppe (KNA)
Erzbischof Stephan Burger / © Roger Koeppe ( KNA )

Das Erzbistum stehe vor grundlegenden Veränderungen, die Zeit der Volkskirche gehe zu Ende, sagte Burger in einer am Mittwoch veröffentlichten Video-Botschaft. Kirche solle trotz Priestermangels und trotz des Rückgangs bei Gläubigen und kirchlich Engagierten weiterhin in der Gesellschaft präsent bleiben, so der Erzbischof. Er lud alle Katholiken ein, sich an den geplanten Reformdebatten zu beteiligen. Nötig seien Teamgeist und eine gute Gesprächskultur.

Zahl der Kirchengemeinden radikal verkleinern

Die aktuellen Entwicklungen machten einen radikalen Strukturwandel bei der Organisation der Seelsorge nötig, sagte Burger. Er präsentierte als Gesprächsgrundlage für die anstehenden Beratungen das Konzeptpapier "Pastoral 2030". In einem ersten Schritt sollen Mitte Februar Vertreter aus dem ganzen Bistum darüber bei einer zentralen, zweitägigen Konferenz in Freiburg diskutieren.

Das Papier sieht vor, die Zahl der Kirchengemeinden radikal zu verkleinern. Statt bislang mehr als 224 Kirchengemeinden mit rund 1.000 Pfarreien soll es künftig rund 40 "neue Kirchengemeinden" geben. Unterhalb dieser Größe sollen Ehrenamtliche und Nichtpriester neue Freiheiten und Führungsverantwortung erhalten. "Dieser tiefe Einschnitt ist nötig, wenn wir nicht in wenigen Jahren von Neuem beginnen wollen", so der Bischof.

Als Herausforderungen benennt das Papier etwa Digitalisierung, Individualisierung oder die Veränderungen der Gesellschaft durch Migration. Zudem zeichne sich ab, dass die Kirche in einigen Jahren mit deutlich weniger finanziellen Mitteln auskommen müsse. 

"Wie die Zukunft aussehen wird, wissen wir nicht"

Über zwei Jahre hinweg hatte sich das Erzbistum Freiburg Gedanken über seine Zukunft gemacht. Herausgekommen sind neue Diözesane Leitlinien (DLL), die die Entwicklungsmöglichkeiten für die nächsten zehn Jahre beschreiben und Grundhaltung und Werte im Erzbistum Freiburg benennen.

"Die Leitlinien wollen einen Rahmen aufzeigen, der eine Zukunftsentwicklung möglich macht“, hatte Erzbischof Burger zur Einführung der Diözesanen Leitlinien am Hochfest der Apostel Petrus und Paulus gesagt. Dabei seien sie nicht als ein umfassendes Handbuch der pastoralen Arbeit zu verstehen, sondern als ein Leitungs- und Führungsinstrument für eine verstärkte Reflexion des kirchlichen Handelns.

Im Vorwort der DLL beschreibt Burger selbst, warum das Erzbistum Freiburg die Pastoralen Leitlinien aus dem Jahr 2005 weiterentwickelt hat: "Wir verschließen die Augen nicht vor der zuweilen auch schmerzlichen Wirklichkeit, der wir uns zu stellen haben." Er begreift die Realität als Zeichen der Zeit, die im Licht des Evangeliums gedeutet werden müsse: "Wie die Zukunft aussehen wird, wissen wir heute noch nicht. Gewiss ist nur, dass sich die Kirche verändern wird."

"Fragen der heutigen Zeit beantworten"

Erzbischof Burger ist überzeugt, dass es einer neuen Weichenstellung bedarf, wenn die Kirche auf die Fragen der heutigen Zeit Antworten finden will, die am Evangelium Maß nehmen: "Wir sind gehalten, unseren Beitrag einzubringen. Verstehen wir unseren Beitrag als geistlichen Weg, so werden sich neue Perspektiven eröffnen, wie wir als Kirche unsere Sendung leben können."

Der Freiburger Erzbischof dankte allen, die an der Entwicklung der Diözesanen Leitlinien mitgewirkt haben: "Mit welchem Engagement dies geschah, ist für mich sehr ermutigend, denn darin wird deutlich: Nach wie vor ist vielen die Zukunft unserer Kirche ein großes Herzensanliegen. Dies ist für uns alle ein Grund, auf den Geist der Kraft, der Liebe und Besonnenheit zu vertrauen!"

Die Reformen bei Kirchenstrukturen und Gemeindeleben sollen nach Vorstellung der Kirchenleitung in den kommenden Monaten vor Ort und in den verschiedenen kirchlichen Gruppen, Vereinen und Initiativen diskutiert werden. In zwei Jahren sollen die Debatten zu konkreten Beschlüssen zusammengeführt werden. Ähnliche Strukturdebatten gibt es derzeit in mehreren deutschen Bistümern. Auf erheblichen Widerstand an der Basis trafen die Pläne für Großkirchengemeinden zuletzt im Bistum Trier.


Quelle:
DR , KNA
Mehr zum Thema