Erzischof Koch über Mut in der Diaspora

Wenn es höchst unnormal ist, Christ zu sein

Erst Dresden, dann Berlin. Erzbischof Heiner Koch ist und war Oberhirte von Bistümern, die nicht unbedingt mit der Zahl der "Schäfchen" protzen können. Die Metropole Berlin hat gerade mal zehn Prozent Katholiken. Da brauche es Mut, so Koch.

Erzbischof Koch / © Markus Nowak (KNA)
Erzbischof Koch / © Markus Nowak ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie waren schon Bischof von Dresden, jetzt Erzbischof von Berlin. Sie haben die unkatholischsten Regionen der Bundesrepublik kennengelernt. Ist man in der Diaspora per se mutig, wenn man das Katholischsein nach außen trägt?

Erzbischof Heiner Koch (Erzbischof von Berlin): Teilweise ist es schon für Kinder mutig, offen zu sagen, dass sie sonntags regelmäßig zum Gottesdienst gehen. Es ist für junge Paare ein großes Zeugnis, wenn sie sagen, dass sie kirchlich heiraten. Das führt hier ab und zu zu großem Stirnrunzeln. Aber nicht jeder, der hier Katholik und Christ ist, ist mutig.

DOMRADIO.DE: Ist es denn für Sie manchmal frustrierend, wenn Sie in der Provinz die Katholiken an einer Hand abzählen können?

Koch: Ganz so ist es nicht. Natürlich sind wir wenige. Aber wir sind auch ein wachsendes Bistum. Wir haben in Berlin die zehn Prozent erreicht.

Was aber wirklich frustrierend ist, wenn Menschen sich bemühen, den Glauben zu verkünden und sie spüren beim anderen, dass der Glaube ihm nichts bedeutet. Das ist auch belastend. 

DOMRADIO.DE: Es gibt von Ihnen ein Video, Ihre Grußbotschaft zum Advent, indem Sie von mutigen Firmlingen erzählen. Wie war das?

Koch: Ich war in einer Gegend, in der es höchst unnormal ist, Christ zu sein. Dort gibt es aber sehr engagierte und mutige Jugendliche und eine Jugendarbeit, die vom Glauben getragen ist. Dort haben die Firmlinge ihre Klassenkameradinnen und Kameraden. 

DOMRADIO.DE:  Es waren nur zwei?

Koch: Insgesamt waren es sieben, aber in dieser Stadt waren es zwei. Sie haben ihre Schulkameraden eingeladen. So wie ich das im Nachhinein gehört habe, waren die beiden so authentisch, dass die anderen jungen Menschen neugierig wurden und vorbeigekommen sind. Sie waren achtsam und interessiert. Für viele der Schüler war es der erste Gottesdienst- und Kirchbesuch. 

DOMRADIO.DE: Haben Sie das ein bisschen aufgefangen und die jungen Menschen mitgenommen? Denn, wenn man bislang so gar keine Berührungspunkte hatte, dann weiß man auch nicht, wie man sich verhalten soll.

Koch: Ich habe alles etwas umgeschoben, weil ich ja wusste, dass der größte Teil der Kirchgänger von der Sprache und den Riten nichts versteht. Ich habe manches erklärt, ich habe manche Worte und Gebete vereinfacht und ich habe sie im Gottesdienst angesprochen. Ich glaube, sie fühlten sich willkommen und das ist das Wichtigste. 

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR