Jesuiten-Hochschulrektor: Vatikan verletzt Homosexuelle

"Da wird jetzt mit dem Hammer draufgehauen"

Jesuitenpater Ansgar Wucherpfennig kann die Bedenken des Vatikan gegen seine Rektorentätigkeit nicht nachvollziehen. Den Umgang mit seiner Person wertet er auch als verletzend gegenüber Homosexuellen.

Studenten in Sankt Georgen / © Harald Oppitz (KNA)
Studenten in Sankt Georgen / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Rektor der katholischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt steht unter anderem wegen seiner liberalen Haltung zu Homosexualität unter Druck. Zurücknehmen will er seine Aussagen zum Thema aber nicht. "Um diesen Preis will ich nicht Rektor sein.", sagte der Jesuitenpater den Kirchenzeitungen der Bistümer Limburg, Mainz und Fulda.

"Ich sehe meine Äußerungen zur Homosexualität und zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare auf dem Boden der katholischen Lehre", erklärte Wucherpfennig. Er werde allerdings sein Amt wieder übernehmen, sollte die vatikanische Unbedenklichkeitserklärung ("Nihil obstat") noch ausgesprochen werden.

"Zugang noch sehr zart"

Die bislang nicht erteilte Unbedenklichkeitserklärung, die für eine Verlängerung seiner Rektorentätigkeit nötig ist, empfinde er als verletzend gegenüber Schwulen und Lesben, sagte der Jesuit am Dienstagabend im heute journal des ZDF.

Homosexuelle Menschen fänden wegen offenerer Haltungen in der Kirche gerade wieder einen Zugang zu ihr, "der noch sehr zart ist. Und jetzt hab ich den Eindruck, da wird jetzt mit dem Hammer draufgehauen."

Wucherpfennig, der sich unter anderem in der Seelsorge für homosexuelle Menschen engagiert, sagte in der Sendung, er habe sich auf die vergleichsweise liberalen Äußerungen von Papst Franziskus zum Umgang mit Schwulen und Lesben verlassen. "Und ich kann nicht nachvollziehen, warum das jetzt ausgebremst wird, ausgerechnet von engsten Mitarbeitern des Vatikan." 

Wucherpfennig hatte sich in Interviews kritisch zum Umgang der Kirche mit Homosexuellen und mit Frauen geäußert und unter anderem Segensfeiern für homosexuelle Partnerschaften befürwortet.

"Verschwurbelter Umgang mit Homosexualität"

Der Provinzial der deutschen Jesuitenprovinz, Johannes Siebner, kritisierte in der Sendung das Vorgehen des Vatikan. Er beklagte einen "verschwurbelten" und verschämten Umgang der dortigen Verantwortlichen mit dem Thema Homosexualität. Dieser sei in der Sache "obsolet". "Wir müssen endlich die Beziehungen von gleichgeschlechtlichen Menschen als das akzeptieren, was sie sind."

Auch der Jesuit Klaus Mertes kritisierte das Vorgehen des Vatikan. In einem vorab veröffentlichten Gastbeitrag in der "Zeit" (Donnerstag) kritisierte er eine "penetrante Selbstsicherheit, mit der Vatikanbeamte in seriöse theologische Lehre und Seelsorge eingreifen". Der anerkannte Professor werde von den Behörden "in dürren Worten auf unterstem intellektuellen Niveau" abgefertigt.

Die katholische Kirche schädige durch ihr Verhalten ihr Ansehen

Frankfurt Professoren unterstützen den bisherigen Rektor der Hochschule Sankt Georgen, Ansgar Wucherpfennig, in dessen Auseinandersetzung mit Rom. Die Frankfurter Wissenschaftsrunde, ein informeller Zusammenschluss aller wissenschaftlichen Institutionen der Mainmetropole, überschrieb am Mittwoch ihre Erklärung mit der Frage: "Ist die Erde eine Scheibe?" Die katholische Kirche schädige durch ihr Verhalten ihr Ansehen und verliere den Anschluss "an die vielfältige Gesellschaft, in der wir leben".

Der Fachbereich Katholische Theologie an der Frankfurter Goethe-Universität verurteilte in einer eigenen Erklärung den Vatikan scharf. Sie sprach von einem "Angriff auf die Integrität und Reputation eines in wissenschaftlichen Fachkreisen hochgeschätzten und weithin anerkannten Kollegen und eine extreme Gefährdung der Freiheit theologischer Forschung und akademischer Selbstverwaltung." Die Theologen fordern Rom auf, "ihre Entscheidung zu überdenken und zu korrigieren".

Bistümer stellen sich hinter Wucherpfennig

In dieser Woche stieß die bisher nicht erteilte Unbedenklichkeitserklärung aus Rom bereits in mehreren deutschen Bistümern auf Unverständnis. Nach dem Limburger Bischof Georg Bätzing stellten sich auch die Bistümer Osnabrück und Hildesheim vor den Theologen. Nach Angaben des Vatikans läuft das Prüfungsverfahren zur Zeit noch. Das teilte die Pressestelle des Vatikans der Deutschen Presse-Agentur am späten Dienstagabend mit.

Wucherpfennig war bereits im Februar für eine dritte Amtszeit als Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt wiedergewählt worden, an der die Bistümer Hamburg, Hildesheim, Limburg und Osnabrück ihre Priesteranwärter ausbilden lassen. Ohne das "Nihil obstat" der Verantwortlichen für Bildung in Rom kann er jedoch nicht im Amt bleiben.


Quelle:
KNA