Münsteraner Bischof Genn mahnt nach Missbrauch Reformen der Kirche an

"Widerwärtige Verbrechen"

Vor dem Hintergrund der jüngst bekanntgewordenen Fälle von sexuellem Missbrauch durch US-Priester mahnt der Münsteraner Bischof Felix Genn tiefgreifende Reformen in der katholischen Kirche an. Die Zeiten des Klerikalismus seien vorbei.

Bischof Felix Genn / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Bischof Felix Genn / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Der Münsteraner Bischof Felix Genn hat sich am Mittwoch zum Thema des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche deutlich positioniert. Genn entschuldigte sich bei den Opfern und betonte, dass es kein Verhalten gäbe, durch das Vertrauen schändlicher zerstört werde "als durch sexuellen Missbrauch und dadurch, dass dieses widerwärtige Verbrechen auch von kirchlichen Verantwortlichen zu leicht übergangen und auch vertuscht wurde und wird."

Die katholische Kirche in Deutschland setze hier "eine Haltung der Nulltoleranz gegenüber dem Verbrechen" um. Wie kaum eine andere Institution bundesweit betreibe sie intensive Präventionsarbeit, um Missbrauch vorzubeugen. So spiele das Thema "Sexualität" in der Priesterausbildung mittlerweile eine große Rolle, damit sich die Priester ihrer Sexualität bewusst würden. "Das alles ist gut und wichtig. Wir dürfen aber dabei nicht stehenbleiben", forderte Genn.

Opfer im Mittelpunkt

Bei allem, was die Kirche im Blick auf den sexuellen Missbrauch tue, müssten die Opfer im Mittelpunkt stehen. Papst Franziskus habe zurecht beklagt, dass sexueller Missbrauch in der Kirche durch die Haltung des Klerikalismus begünstigt und gedeckt wird. Bischof Genn: "In der Konsequenz muss das heißen, dass wir uns von einem solchen Klerikalismus verabschieden. Das wird dazu führen, dass Priester und auch Bischöfe in der katholischen Kirche an vielen Stellen Macht und Einfluss abgeben und dass wir zu einem neuen Verhältnis von Laien und Priestern, von Haupt- und Ehrenamtlichen, von Männern und Frauen in der katholischen Kirche kommen müssen."

Generell, so sagt Bischof Genn, sei der Vertrauensverlust sehr schmerzlich. "Aber gerade als Christinnen und Christen, die wir die Frohe Botschaft verkünden, können wir nicht beim Schmerz stehen bleiben. Vielmehr müssen wir die Wirklichkeit ernst- und annehmen und die Veränderungen gestalten. Damit laufen wir keineswegs dem Zeitgeist hinterher. Es geht darum, wie es Papst Franziskus formuliert hat, stärker "den Geruch der Schafe" anzunehmen", betonte er. Kirche dürfe dabei nicht verstanden werden als eine "wie auch immer zu definierende Amtskirche", sondern meine jede und jeden einzelnen Gläubigen. "Wir nehmen das Priestertum aller Getauften ernst. Beziehungen zu fördern, zwischen den Menschen, zwischen den Menschen und Gott – das ist unser Kernauftrag, das ist unser Markenkern", sagte Bischof Genn.

Franziskus: Falsches Verständnis von Autorität

Papst Franziskus hatte in den vergangenen Wochen die schwere Schuld der katholischen Kirche in der Frage des Missbrauchs durch Ordensleute und Priester eingeräumt. "Mit Scham und Reue geben wir als Gemeinschaft der Kirche zu, dass wir nicht dort gestanden haben, wo wir eigentlich hätten stehen sollen, und dass wir nicht rechtzeitig gehandelt haben, als wir den Umfang und die Schwere des Schadens erkannten", erklärt der Papst in einem knapp vierseitigen Brief "an das Volk Gottes" Ende August. Darin kritisiert er scharf den "Klerikalismus" in der Kirche und fordert alle Katholiken auf, sich gegen eine solche Kultur zu engagieren.

Franziskus hatte sich zuletzt wiederholt gegen Klerikalismus gewandt, zuletzt bei einem Treffen mit italienischen Jugendlichen, die ihn nach den Ursachen für Kirchenskandale fragten. Klerikalismus beruhe auf einem falschen Verständnis von Autorität - "sehr verbreitet in zahlreichen Gemeinschaften, in denen sich Verhaltensweisen des sexuellen Missbrauchs wie des Macht- und Gewissensmissbrauchs ereignet haben", schreibt der Papst jetzt.

An der Umkehr und dem Ausweg aus einer solchen Kultur des Klerikalismus, des Wegschauens und Vertuschens muss sich laut Franziskus jeder Christ beteiligen. Sonst werde es keine "gesunde und wirksame Umgestaltung" geben. An dieser Stelle spricht er viel von Fasten, Buße und Gebet. Manche Kommentatoren vermissen konkrete Maßnahmen.


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