Bistum Passau holt seinen ersten Patron aus dem Dornröschenschlaf

Valentinstag im Sommer

Der Valentinstag? Ist doch am 14. Februar. Nicht so im Bistum Passau. Dort wurde er bisher am 7. Januar begangen – ab diesem Jahr wird es der 1. Juli sein. Eine verwirrende Geschichte von seltsamen Heiligen.

Gottesdienst für Verliebte am Valentinstag / ©  Harald Oppitz (KNA)
Gottesdienst für Verliebte am Valentinstag / © Harald Oppitz ( KNA )

Mit Sankt Valentin verbinden Liebende und Blumenhändler traditionell den 14. Februar. Dabei stört es sie kaum, dass eine historische Person dieses Namens nicht verbürgt ist, weshalb dieser Gedenktag 1970 aus dem offiziellen Kirchenkalender verschwand. Ein Heiliger gleichen Namens firmiert seit alten Zeiten als erster Patron des Bistums Passau. Auch über ihn gibt es fast kein gesichertes Wissen – aber einen Feiertag, der nun mit offizieller Erlaubnis des Vatikan vom 7. Januar auf den 1. Juli verlegt wird.

"Pionier, der die Kirche aufgebaut hat"

Die Verantwortlichen wollen mit dem neuen Termin die Nummer eins ihrer drei Diözesanpatrone aus dem Dornröschenschlaf holen. Dessen Namenstag sei bisher nach Weihnachten und Dreikönig etwas untergegangen, erläutert Seelsorgeamtsleiter Hans Bauernfeind in der neuen Ausgabe des "Passauer Bistumsblatts". Als "ein Pionier, der die Kirche aufgebaut hat", habe Valentin mehr Aufmerksamkeit verdient.

Doch wie kam Valentin überhaupt nach Passau – und wer soll das gewesen sein? Im achten Jahrhundert ließ der Agilolfingerherzog Tassilo III. Gebeine eines heiligen Bischofs dieses Namens von Trient nach Passau überführen. Solche Transfers waren damals meist ein Politikum, so auch in diesem Fall. Der Herzog wollte damit Unabhängigkeit vom Frankenkönig und der fränkischen Kirche demonstrieren.

Nach der Lebensbeschreibung eines 482 verstorbenen Mönches handelte es sich bei Valentin um einen "Bischof von Rätien", der zwischen 430 und 450 wirkte und am 7. Januar im heutigen Meran starb. Doch was den Mann nach Südtirol verschlug, dazu schweigen sich selbst die wenigen Quellen aus.

Patron gegen Gicht, Viehseuche und Epilepsie

Wie dem auch sei: In Passau wurde Valentin von Rätien bald neben dem heiligen Stephan verehrt. Auf Dauer aber wollte man mehr über ihn wissen. Um 1200 verfasste, wie auf der Bistumshomepage nachzulesen ist, "ein fantasiebegabter Domgeistlicher" eine spektakuläre Story über die Vita Valentins: Dass er dort predigte, "wegen der Wildheit der Bewohner" allerdings ohne Erfolg; und sich nach drei vergeblichen Versuchen misshandelt und vertrieben in die Alpen zurückzog.

Das ist alles schön erzählt, aber das missionarische Wirken eines Valentin in der Gegend um die Dreiflüssestadt schließen Historiker heute aus – erst recht, dass er einst sogar Bischof von Passau gewesen sei. Das lässt sich dem "Lexikon für Theologie und Kirche" entnehmen.

Das Schicksal mangelnder geschichtlicher Greifbarkeit teilt der Passauer Valentin praktisch mit allen Namensvettern, dazu zählen auch Valentin von Rom und Valentin von Terni, die beiden Paten des globalen Liebesreigens am 14. Februar. Gab es sie überhaupt, und wenn ja, waren es zwei Personen oder nur eine? Man weiß es nicht.

Missionarische Tätigkeit nicht nachgewiesen

Nun interessiert sich das fromme Volk auf Dauer nicht für derlei Faktenhuberei. Es bewies seinerseits Fantasie bei der Zuweisung einer himmlischen Zuständigkeit an den Passauer Patron, der gegen Gicht und Viehseuchen angerufen wird sowie gegen Krämpfe und Epilepsie, wie im "Ökumenischen Heiligenlexikon" verzeichnet ist.

Seine Aufgabe erhielt der Heilige jedoch nicht wegen legendärer Wunderheilungen, sondern weil sein Name Anlass zum Wortspiel bot: "Fall net hin". Auf lateinisch bedeutet Valentin so viel wie "der Starke, Gesunde". Zum Schutz vor Fallsucht wurde Valentin auch in Passau verehrt, wie Votivtafeln aus der Wallfahrtskirche auf dem Mariahilfberg bezeugen.

Gerhard Kluger, Kinderarzt in Vogtareuth bei Rosenheim, hat in seiner Freizeit solche Valentinsdarstellungen aus fünf Jahrhunderten zusammengetragen. Als Spezialist für Epilepsie ist er fasziniert, wie detailliert sich Künstler mit der Erkrankung beschäftigten, noch bevor sie wissenschaftlich beschrieben war. "Auf einigen Valentinsbildern kann man fast wie von einer Fotografie ablesen, aus welcher Hirnhälfte der Anfall gekommen ist", staunt er.

Von Christoph Renzikowski


Quelle:
KNA