Präsidentin der Katholischen Uni Eichstätt ein Jahr im Amt

"Ich leiste 'Trauma'-Aufarbeitung"

Mit ihr ist Ruhe eingekehrt: Vor einem Jahr kam Gabriele Gien offiziell ins Amt der Präsidentin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt - nach vielen Personalwechseln. Im Interview zieht sie Zwischenbilanz und berichtet von Zukunftsplänen.

Autor/in:
Christopher Beschnitt
Universität Eichstätt (KNA)
Universität Eichstätt / ( KNA )

Katholische Nachrichten-Agentur (KNA): Frau Professor Gien, im Uni-Benotungssystem gibt es null bis 15 Punkte. Wie viele geben Sie sich für Ihre Führung der KU?

Prof. Dr. Gabriele Gien (Präsidentin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt): Ich führe sie ja nicht allein, das ist Teamarbeit. Also gibt's die Punkte für das ganze Leitungsgremium, dem ich 15 gebe. Für den Prozess des vergangenen Jahres: 13.

KNA: Eine Eins minus. Warum so bescheiden?

Gien: Wir haben sehr viel erreicht, aber Prozesse an der Uni dauern manchmal länger. Mir ist manches nicht schnell genug gegangen. Dafür zwei Punkte Abzug.

KNA: Was sind die größten Erfolge Ihrer Amtszeit?

Gien: Im Bereich der Forschung haben wir ein Zentrum für Forschungsförderung, elf neue Förderlinien und ein integratives Konzept etabliert. Wir versuchen dabei, Forschung und Wissenstransfer zu verbinden. Das, was wir an Wissen schaffen, bleibt also nicht nur bei uns, sondern geht auch hinaus in die Gesellschaft.

Dazu setzen wir insbesondere auf diverse interdisziplinäre Zentren. Ein neues Zentrum für Kirche, Religion und Gesellschaft soll 2018 eröffnet werden. Die Zentren befassen sich fächerübergreifend mit bestimmten Themen und bringen diese in die Öffentlichkeit, etwa durch Bürgerforen.

KNA: Und wie sieht's in der Lehre aus?

Gien: Da gibt es seit diesem Wintersemester "Studium.Pro". Mit diesem Programm wollen wir den Bildungsweg unserer Studierenden über ihr Fachstudium hinaus bereichern. Es ermöglicht etwa interdisziplinäre Zugänge zu anderen Fächern und ein auf gesellschaftliche Herausforderungen ausgerichtetes Studienprogramm.

So beziehen wir auch externe Partner wie Unternehmen und Bildungsträger ein. Bis 2019 integrieren wir das "Studium.Pro" in alle Studiengänge. Alle Studierenden bringen dann verbindlich fünf Leistungspunkte aus diesem Bereich in ihr Studium ein.

KNA: Ist der Ansatz, Studenten über ihr Fachstudium hinaus etwas fürs Leben mitgeben zu wollen, tatsächlich neu?

Gien: Natürlich läuft das auch woanders schon längst nebenher. Aber eben nicht konzentriert, nicht für alle verpflichtend und auch nicht mit der Wertigkeit, die das Programm durch die Leistungspunkte bekommt. Zudem wird es dadurch, dass es einen offiziellen Charakter erhält, sichtbarer. Unsere Studierenden geben bei Evaluationen übrigens regelmäßig an, dass sie sich noch mehr mit Fragen von Ethik und Verantwortung auseinandersetzen wollen. Das passt gut, das schärft unser Profil.

KNA: Das katholische, das "K-Profil"?

Gien: Genau. Katholisch bedeutet ursprünglich ja allumfassend, das Ganze betreffend. So verstehen wir unsere Uni: als Bildungseinrichtung, die mehr bietet als Fachwissen. Außerdem bieten wir verschiedene Möglichkeiten, sein Glaubenswissen zu vertiefen. Uns geht es eben auch um einen ethischen Kompass.

KNA: Apropos Kompass: Wie haben Sie die KU nach jahrelangen Führungsquerelen auf ruhigen Kurs gebracht?

Gien: Durch Reden, Reden, Reden, ich leiste da "Trauma"-Aufarbeitung.

Denn was bei uns los war, wirkt teils noch nach. Ich versuche, meine Kollegen wieder von dem zu überzeugen, was einige längst abgeschrieben hatten: dass die KU ein Gemeinschaftsprojekt ist. Ich bemühe mich, ihnen Freiheiten zu geben und Partizipationsmöglichkeiten sowie Wissenschaft und Verwaltung im Austausch zu halten. Das ist ein anhaltender Prozess. Aber wir sind auf einem guten Weg. Gerade auch die Unterstützung der bayerischen Bischöfe hilft da sehr.

KNA: Seit 2015 stellt die Freisinger Bischofskonferenz jährlich und unbefristet 5,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Gien: Ein großer Vertrauensbeweis, aber auch ein schöner Geldsegen. Damit können wir uns an mehr kompetitiven Ausschreibungen beteiligen. Ein Erfolg ist hier beispielsweise das mit der Technischen Hochschule Ingolstadt auf den Weg gebrachte Projekt "menschINBewegung", das vom Bundesforschungsministerium über fünf Jahre mit 15 Millionen Euro gefördert wird.

KNA: Wie schaut Ihre Finanzanlage davon abgesehen aus?

Gien: Gut. Seit meiner Interimsleitung ab 2014 haben wir rund 30 Prozent mehr Drittmittel eingeworben. Damit stärken wir Forschung und Lehre. Ziel ist neben dem Wissenstransfer in die Gesellschaft die Mitgliedschaft in der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die brächte uns mehr Sichtbarkeit in der Hochschullandschaft und eine größere Anziehungskraft auf hochkarätige Köpfe. Die Vorbereitungen dafür laufen seit Längerem. Bis Weihnachten erhoffen wir eine erste Rückmeldung zu unseren Bemühungen.

KNA: Eine unerfreuliche Rückmeldung gab es kürzlich vom Studentischen Konvent. Dessen Vorsitzender kritisierte öffentlich, dass sich trotz "K-Profil" immer weniger Studenten in Ehrenämtern und der studentischen Selbstverwaltung engagierten. Müsste die Uni-Leitung da mehr tun?

Gien: Was Sie ansprechen, ist leider ein allgemeines Phänomen, mit dem auch ehrenamtliche Organisationen zu kämpfen haben. Generell haben wir zum Glück sehr engagierte Studierende an der KU, die im Verhältnis zu unserer Größe viele Arbeitskreise mit Leben füllen. Wir unterstützen den studentischen Einsatz sehr. Etwa finanziell und mit "Übergabe-Workshops", um zu gewährleisten, dass der Einsatz weitergeht, wenn führende Köpfe ihren Abschluss machen.

KNA: Zum Schluss ein Ausblick: Was steht 2018 für die KU an?

Gien: Ein wesentliches Projekt ist der Ausbau unserer Kooperation mit der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in München und der Katholischen Stiftungshochschule München. Nächstes Jahr wollen wir ein gemeinsames Promotionskolleg starten und gemeinsame Studiengänge zum interkulturellen Lernen entwickeln. Zudem haben wir heuer ja ein internationales Konsortium katholischer Universitäten gegründet. Diese und andere Auslandsverbindungen möchten wir 2018 weiter stärken.


Gabriele Gien / © Sebastian Widmann (KNA)
Gabriele Gien / © Sebastian Widmann ( KNA )
Quelle:
KNA