Katholische Kirche in Deutschland vor Finanzproblemen

Den Gürtel enger schnallen?

Für Gemeinden ist es schmerzhaft, wenn sie sich von ihrer Kirche oder sozialen Einrichtungen trennen müssen. Doch die katholischen Bistümer werden in Zukunft um solche und andere Sparmaßnahmen nicht herumkommen.

Autor/in:
Michael Althaus
Kirche und Geld / © Harald Oppitz (KNA)
Kirche und Geld / © Harald Oppitz ( KNA )

Das teils noch beträchtliche Vermögen der katholischen Kirche in Deutschland könnte in Zukunft kleiner werden. In diesen Tagen wurde bekannt, dass das Erzbistum Hamburg vor einem großen Schuldenberg steht und massiv sparen muss. Beobachtern zufolge werden in Zukunft auch andere Diözesen in diese Lage geraten - einige sind sogar schon mittendrin.

Erzbistum Hamburg muss sparen

Es war die Unternehmensberatung Ernst & Young, die dem Erzbistum Hamburg nach dreimonatiger Prüfung der Finanzen bescheinigte, dass die Probleme noch schlimmer sind als erwartet: Läuft alles so weiter wie bisher, könnte die Überschuldung der Diözese bis 2021 auf 353 Millionen Euro anwachsen. Schon jetzt weist die Bilanz einen Fehlbetrag von 79 Millionen Euro auf. Hauptgrund dafür ist die Übernahme des katholischen Schulverbands mit seinen 21 Schulen Anfang 2017, der mit ungedeckten Pensionsverpflichtungen für die Lehrer die Schuldenlast deutlich erhöhte. Hinzu kommen ein Sanierungsstau bei vielen der rund 1.000 Kirchen und Gebäude sowie weitere Altlasten, die das erst 1995 gegründete Nordbistum mit sich herumschleppt, etwa die drei eigenständigen Caritasverbände in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg.

Laut Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Uni Münster, ist Hamburg zwar aktuell die einzige überschuldete unter den 27 deutschen Diözesen, dennoch gibt es weitere "Sorgenkinder". Auch Magdeburg, Essen, Hildesheim und Mainz sieht der ehemalige Mitarbeiter des Bistum Limburgs in der finanziellen Krise. Er war unter dem früheren Bischof Franz Kamphaus nicht nur Leiter der Rechtsabteilung, sondern auch Sparkommissar für die Kirchengemeinden.

West-Bistümer unterstützen Ost-Bistümer

Magdeburg kämpft mit hohen Altschulden und wird - wie alle Ost-Bistümer - von den reicheren West-Bistümern bezuschusst. Essen macht eine große Deckungslücke bei der Altersversorgung zu schaffen.

Hildesheim ist nach schmerzhaften Sparmaßnahmen zwar auf dem Weg der Besserung, hat aber weiter Aufstockungsbedarf beim Eigenkapital. Als besonders prekär beschreibt Schüller die Lage in Mainz: Die Diözese hat im Jahr 2016 einen Fehlbetrag von 18,6 Millionen Euro erwirtschaftet und rechnet auch für das laufende Jahr wieder mit einem Minus. "Ein nicht ausgeglichener Haushalt ist sogar noch schlimmer als eine Überschuldung", sagt Schüller.

So gesehen, steht das Erzbistum Hamburg noch gut da. Es schloss bislang seine Jahreshaushalte mit einem leichten Plus ab. Das bedeutet: Auf lange Sicht besteht die Möglichkeit, die Überschuldung abzubauen und den finanziellen Verpflichtungen, etwa für die Pensionen, nachzukommen. Dazu sind allerdings drastische Sparmaßnahmen notwendig. Einige hat die Diözese in den vergangenen Jahren bereits in die Wege geleitet. So werden die drei Caritasverbände zusammengelegt, das Schulgeld an den katholischen Schulen erhöht und im Generalvikariat - sozialverträglich - Stellen abgebaut. Doch damit können laut Ernst & Young gerade einmal 32 der insgesamt 353 Millionen Euro wieder aufgefangen werden. Die Planer schlagen daher vor, in den Pfarreien Gebäude aufzugeben, Schulen und soziale Einrichtungen zu schließen sowie weitere "Strukturanpassungen" vorzunehmen.

Kein Grund zur Panik

"Das ist ein erster Geschmack auf das, was allen Diözesen in den nächsten zehn Jahren bevorsteht", sagt Thomas Schüller. Noch stehen reiche Bistümer wie Köln, Paderborn und München gut da. Doch über kurz oder lang werden auch dort die Mitgliederzahlen und damit die Einnahmen aus Kirchensteuern sinken. Nach Schüllers Schätzungen müssen sich langfristig alle Bistümer von etwa einem Drittel ihrer Gebäude verabschieden. "Die Infrastruktur der Kirche ist einfach zu groß geworden."

Grund zur Panik sieht der Experte aber nicht: "Die Einschnitte werden zwar insbesondere für viele Gemeindemitglieder schmerzhaft sein, aber sie sind machbar." Die aktuelle Vorgehensweise des Erzbistums Hamburg hält er für vorbildlich: "Es ist sehr vernünftig, externe Berater zu beauftragen und nun gemeinsam mit den Menschen gravierende Schritte einzuleiten." Noch sei das Kind nicht in den Brunnen gefallen: "Wenn die Diözesen rechtzeitig handeln, sind sie auf jeden Fall noch finanziell zu retten."


Quelle:
KNA