Bistum Mainz mit großer Geschichte und bald neuem Bischof

"Er wird uns viel Freude machen"

In Mainz bekommt der heilige Bonifatius an diesem Sonntag seinen 88. Nachfolger. Zwar nicht mehr das "zweite Rom", tritt Peter Kohlgraf doch an die Spitze eines nicht ganz unbedeutenden Bistums und folgt Karl Kardinal Lehmann nach.

Autor/in:
Peter de Groot
Bischof Peter Kohlgraf / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Peter Kohlgraf / © Harald Oppitz ( KNA )

Wenn Peter Kohlgraf an diesem Sonntag im 1.000 Jahre alten Mainzer Dom zum Bischof geweiht und als Bischof von Mainz eingeführt wird, tritt er an die Spitze einer in ihren heutigen Grenzen gerade einmal bald 200 Jahre alten Kirchenprovinz. In ihr - dem Bistum Mainz - geht es bescheidener zu als im einstigen Erzbistum Mainz.

Es war über Jahrhunderte eines der größten und wichtigsten Bistümer des Abendlandes, mit Erzkanzlern und ranghöchsten Kurfürsten an der Spitze, galt als "zweites Rom" - bis es im Zuge der Französischen Revolution und ihrer Folgen 1801 zerschlagen wurde.

Berühnte Bischöfe

Flächenmäßig viel kleiner, reicht das heutige Bistum Mainz, das rund 740.000 Katholiken zählt, auch in seiner politischen wie kirchenpolitischen Bedeutung - formal betrachtet - nicht an das vormalige Erzbistum heran. Aber eben nur formal betrachtet.

Denn immerhin: Vor allem Bischöfe wie Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1850-1877), Albert Stohr (1935-1961), Hermann Volk (1962-1982) und Karl Lehmann (1983-2016) verschafften dem Bistum immer wieder besonderes Ansehen und Einfluss. Und wenn auch - anders als etwa in Köln und München - der Mainzer Bischofsstuhl nicht traditionell mit der Kardinalswürde verbunden ist, so wurden doch Volk und Lehmann vom seinerzeitigen Papst Johannes Paul II. zu Kardinälen erhoben.

In der Mainzer Bischofszählung firmiert Lehmann, der von 1987 bis 2008 an der Spitze der katholischen Deutschen Bischofskonferenz stand und an seinem 80. Geburtstag im Mai vergangenen Jahres von seinem Bischofsamt zurücktrat, als 87. Nachfolger des heiligen Bonifatius, der von 746 bis 754 Bischof von Mainz war. Ergo ist der Neue, Peter Kohlgraf, der 88. Nachfolger des Heiligen.

Große Fußstapfen

Doch nicht dessen Fußstapfen waren gemeint, sondern die von Lehmann, wenn sich Kohlgraf nach seiner Ernennung durch Papst Franziskus zum Bischof von Mainz am Dienstag nach Ostern von Journalisten vielfach fragen lassen musste, ob dieses eindrucksvolle Erbe für ihn nicht vielleicht eine Bürde sei.

Offenbar nicht: Kohlgraf spricht von einer "großen Hilfe und Chance". Er sei in einem Bistum, "wo ein Bischof gewirkt hat, der gute Ideen und eine gute Theologie gesät hat". Lehmann seinerseits äußerte sich "glücklich" über seinen Nachfolger. Er schätze ihn überaus. Kohlgraf sei für das neue Amt nicht nur geeignet, "er wird uns auch viel Freude machen", so der Kardinal. Er ist davon überzeugt, dass "Kohlgraf auch in der Partnerschaft mit den gesellschaftlichen Kräften und Institutionen, in der Ökumene und im Gespräch mit anderen Religionen einen ausgezeichneten Beitrag leisten" werde.

Früherer Schulseelsorger und Religionslehrer

Eine der vordringlichsten Fragen, mit denen sich Kohlgraf wird befassen müssen, ist - wie in allen anderen deutschen Bistümern auch - die nach der künftigen Gestalt von Seelsorge und Kirchengemeinde angesichts nicht zuletzt des Priestermangels. Da passt es gut, dass Kohlgraf, der in Köln geboren und dort zum Priester geweiht wurde, Pastoraltheologe ist, sich also mit Theorien zur Umsetzung der christlichen Lehre vor Ort befasst hat. Und dass er nicht nur Theorien kennt. Er war unter anderem Schulseelsorger und Religionslehrer, bevor er vor fünf Jahren ins Bistum Mainz kam.

Seither lehrte und forschte er an der Katholischen Hochschule Mainz, engagierte sich in dieser Zeit als Pfarrvikar im Rheinhessischen, übernahm die theologische Begleitung des Prozesses "Sozialpastoral" im Bistum Mainz, brachte sich ein in die Überlegungen des Seelsorgeamtes zur Zukunft der Pfarrgemeinden.

Notwendige Veränderungen

Kohlgraf sieht durchaus, dass Veränderungen nötig sind. Er sagt aber auch, die klassische Pfarrei sei nicht tot, spricht davon, dass "XXL-Pfarreien" nicht die "Lieblingslösung eines Bischofs" seien, und er warnt davor, Altes gering zu schätzen. Kohlgraf rät zu Gelassenheit und Gottvertrauen, spricht von dem "Mut, Wesentliches von Sekundärem zu unterscheiden und dies in geduldigen geistlichen Prozessen herauszufinden". "Es ist keine Schande zuzugeben", sagt er, "dass auch die Verantwortlichen keine klaren und eindeutigen pastoralen Lösungen für komplexe Themen im Gepäck haben."

Kohlgraf ist 50 Jahre alt. Lehmann war 47, als er Bischof von Mainz wurde, hat es auf fast 33 Jahre an der Spitze des Bistums gebracht.

Das wird Kohlgraf nicht schaffen. Aber immerhin: Bis zum Erreichen der Bischöfen in der katholischen Kirche gesetzten Altersgrenze von 75 Jahren sind es noch 25 - nicht selten gibt es einen Zuschlag. Ein "Bischof auf Zeit" ist Kohlgraf wohl nicht.


Quelle:
KNA