Ein Bistum im Liborigefühl

Paderborn nicht aufzuhalten

Im ostwestfälischen Paderborn steigt seit Samstag das Liborifest. Neun Tage lang steht die Stadt Kopf. Kirche, Kultur, Kirmes und Klamauk - eine Gaudi, die man gerade den Ostwestfalen nicht zugetraut hätte.

Autor/in:
Marion Sendker, Babette Braun
 Libori-Fest im Erzbistum Paderborn  / © J.-Nicolas Ottersbach (DR)
Libori-Fest im Erzbistum Paderborn / © J.-Nicolas Ottersbach ( DR )

"Paderborn ist jetzt die kirchliche Hauptstadt der Welt", ruft ausgerechnet ein Mexikaner und strahlt über das ganze Gesicht. Miguel-Anchel hat hier vor mehr als zwei Jahrzehnten Theologie studiert. Aus der Zeit kennt er auch die eher zurückhaltende bis stille Art der Ostwestfalen. Am Patronatsfest Libori ist davon indes keine Spur: Aus Paderborn wird "Partyborn" - wie Jungdeutschland sagt und die Kleinstadt entweder anerkennend feiert oder zumindest wohlgesonnen belächelt.

Wie ein Euphorikum lässt das Liborigefühl die Besucher aufblühen: Wer einmal auf Libori ist, ist infiziert. Dabei spielt selbst der Alkohol, der traditionell Teil des Festes ist, eine eher nebensächliche Rolle. Es ist der Geist, der bis zu 1,6 Millionen Besucher jährlich auf das Volksfest zieht, sagen Libori-Kenner. Das sind fast elf Mal so viele Menschen, wie Paderborn überhaupt Einwohner hat.

Woher kommt das Liborigefühl?

Alle Jahre wieder reisen Menschen aus der ganzen Welt in die ländliche Metropole, um deren Patron zu feiern: Der heilige Liborius, ein spätantiker Bischof von Le Mans in Frankreich.

Einem Reliquientransfer nach Paderborn Ende des neunten Jahrhunderts ist die Feierei von heute geschuldet. Einem Bericht des damaligen Paderborner Bischofs Biso (887–909) zufolge sei nämlich eine Gruppe Geistlicher nach Le Mans gelangt und habe dort vom Bischof die Reliquien bekommen. Um unbeirrt nach Paderborn zurückzugelangen, soll ein Pfau die Gruppe geleitet haben. So erzählt es die Legende. 

Libori verbindet

Fest steht immerhin, dass aus der Translation die wohl älteste nachweisliche Städtefreundschaft der Welt entstanden ist. Und das Liborifest.

Zum Gedenken an den Reliquientransfer wird der Schrein mit den Liborius-Gebeinen jedes Jahr prachtvoll über den Domplatz und durch den inneren Stadtbereich getragen. Das ist definitiv einer der Höhepunkte des Festes.

Das Glockengeläut des Doms steht dem in Berühmtheit aber in nichts nach. "Man hört hier so viele unterschiedliche Klänge und Läutmotive. Das geht von fröhlich bis andächtig", schwärmt ein Besucher.

Kirche und Kirmes

Auf den Märkten rund um den Dom wird das Sinnes-Mosaik aus Glockengeläut und pompöser Prozession um diverse Gerüche von famosen Essensständen ergänzt. Die Kirmes findet wenig weiter weg statt, ist aber immer noch zentral genug, in der Stadt gelegen.

Zum Liborigefühl gehört auch das Mitmachen dazu: Ganz Paderborn scheint an den vielen Angeboten der Kirchlichen Träger beteiligt zu sein. Auch Tobias, zwölf Jahre und waschechter Paderborner, ist begeisterter Liborigänger. Seit ungefähr drei Jahren singt er im Paderborner-Domchor. Zu Libori bedeutet das: Samstag, Sonntag, Montag und Dienstag jeweils zwei Mal am Tag singen. "Es fühlt sich ganz schön an, wenn man gesungen hat und am Ende die Priester kommen, einem die Hand geben und sagen 'Gut gemacht'", findet er.

Außerdem bekommt Tobias extra Kirmesgeld. Der Junge grinst. Das ist wohl ein mindestens genauso schönes Gefühl, denn auf der Kirmes gibt es Karussells und andere Spaßigkeiten, bei denen er sein Geld wieder ausgeben kann.

Domglocken und gutes Essen

Ja, Kirche und Kirmes gehören an Libori zusammen. Die Feier ist ein Phänomen, das seines Gleichen sucht. Bischöfe und Geistliche, Menschen aus der ganzen Welt, kommen zu Libori in Paderborn zusammen. Selbst Atheisten sollen das Fest und seine Freuden schätzen.

Domglocken, gutes Essen, Weltkirche und alle machen mit. Kein Wunder, dass die Paderborner aus dem Häuschen sind.


Quelle:
DR
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