Studie zu Kirchenaustritten im Bistum Essen

Popkantoren und Babysegnung

Vielerorts in Deutschland treten Menschen aus der Kirche aus, auch in Essen. Um herauszufinden warum, startete das Bistum eine Studie und führte eine Onlineumfrage durch. Über die Ergebnisse sprach domradio.de mit Projektleiter Thomas Rünker.

Leere Kirchenbänke - kein seltenes Bild in Deutschland / © Franziska Kraufmann (dpa)
Leere Kirchenbänke - kein seltenes Bild in Deutschland / © Franziska Kraufmann ( dpa )

domradio.de: Was haben Sie in Ihrer Studie bereits herausgefunden?

Thomas Rünker (Stabsabteilung Kommunikation im Bistum Essen): Über 3.000 Menschen haben sich an der Befragung beteiligt. Uns hat am meisten erstaunt, dass von diesen mehr als 3.000 Menschen 400 aus der Kirche ausgetreten sind und sich nun die Mühe gemacht haben, nochmal zu sagen, warum. 

Die Onlinebefragung ist von Religionspädagogen und Soziologen ausgewertet worden, die zusätzlich 40 Menschen ausführlicher befragt haben. Die meisten Kirchenaustritte können auf folgende Hauptursachen zurückgeführt werden: Fehlende Bindung bzw. Entfremdung von der katholischen Kirche.

domradio.de: Das Bistum Essen arbeitet bereits daran, Kirche attraktiver zu machen. So hat es zwei Popkantoren und Babygottesdienste eingeführt. Sie versuchen einiges, um näher an den Menschen zu sein. Warum fruchtet das nicht?

Rünker: Die Prozesse haben sich historisch unterschiedlich entwickelt und laufen nun nebeneinander her. Während wir noch beobachten, dass Menschen aus der Kirche austreten, starten wir im Bistum Initiativen und pastorale Aktionen, um diesen zu begegnen. Unsere Onlineumfrage ist Teil eines größeren Forschungsprojektes. Wir können jedoch erst Ende des Jahres sagen, warum die Menschen in unserem Bistum aus der Kirche austreten. Dann schauen wir konkret, was wir tun können.

Aber schon jetzt haben wir im Bistum Essen Initiativen, die auf die fehlende Bindung antworten - etwa die Segnungsgottesdienste für Neugeborene, zu denen wir Familien einladen, mit uns Gottesdienst zu feiern; sich darüber zu freuen, dass ein Baby geboren ist und dieses Baby und die ganze Familie mit uns zusammen unter Gottes Schutz zu stellen.

Das ist für uns ein niedrigschwelliges Angebot, um mit Menschen in Kontakt zu treten, die vielleicht ein noch loses Verhältnis zur Kirche haben, aber gerade anlässlich der Geburt eines Kindes sagen: "Da suchen wir noch einmal die Nähe zur Kirche." Wie das Erzbistum Köln versuchen wir auch Brautpaare anzusprechen, die kaum Anbindung zu einer Gemeindekirche habe. Wir wollen hier im Bistum Essen wollen passgenaue Angebote bereitstellen. 

domradio.de: Wo und wann erreicht die Kirche denn die Menschen?

Rünker: Prof. Riegel, einer der Wissenschaftler, die mit uns die Studie erarbeitet haben, hat es auf den Punkt gebracht. Es sind gerade die großen Feste, die so genannten "Kasualien" wie Theologen Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen zusammenfassen, wo die Kirche punkten kann. Denn bei diesen großen Lebenswenden der Menschen kommen Menschen mehr oder weniger automatisch mit Kirche in Kontakt und treten mit zunehmend individuellen Erwartungen an die Kirche heran.

Wenn wir diese Erwartungen so erfüllen, dass die Menschen mit einem positiven Gefühl herausgehen und ein tolles Bild von Kirche haben, wird auch die Bindung an die Kirche gestärkt.

Das Gespräch führte Verena Tröster.


Quelle:
DR