Ernst August und Ekaterina von Hannover heiraten in der Marktkirche

"Yes, mit Gottes Hilfe"

Rund hundert Jahre hat der Adel keine politische Macht mehr in Deutschland. Aber immer noch fasziniert er viele Menschen. In Hannover kamen Tausende, um Erbprinz Ernst August und Ekaterina von Hannover bei ihrer kirchlichen Trauung nahe zu sein.

Autor/in:
Leonore Kratz
 Ernst August jr. von Hannover und seine Frau Ekaterina von Hannover / © Julian Stratenschulte (dpa)
Ernst August jr. von Hannover und seine Frau Ekaterina von Hannover / © Julian Stratenschulte ( dpa )

Wolfgang Geschwentner aus Braunschweig ist aufgeregt.
Für ihn war schon lange klar: "Wenn Erbprinz Ernst August von Hannover heiratet, muss ich unbedingt kommen." Als Kind durfte der 62-jährige einmal Viktoria Luise, Tochter des letzten deutschen Kaisers und Urgroßmutter des Bräutigams, die Hand geben. An diesem sonnigen Samstag steht er gemeinsam mit seiner Frau Gabriele hinter der Absperrung an der evangelischen Marktkirche. Er ist einer von tausenden Schaulustigen auf dem Marktplatz und in den Fenstern der anliegenden Häuser. Sie wollen zumindest draußen dabei sein, wenn Ernst August (33) die russischstämmige Mode-Designerin Ekaterina Malysheva (30) kirchlich heiratet.

Rund 600 Gäste gehen feierlich gekleidet in die gotische Backsteinkirche. Die Herren in dunklen Anzügen, die Damen in sommerlichen Kleidern in Grün-, Pink- oder Gelbtönen. Viele von ihnen nicht ohne den dazu passenden Hut. Geladen sind zahlreiche Vertreter europäischer Adelshäuser, darunter Charlotte, Andrea und Pierre Casiraghi, die Enkel von Fürst Rainer von Monaco und Stiefgeschwister des Bräutigams. Vertreter aus Wirtschaft, Kirche und Politik, wie Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), ergänzen die Hochzeitsgesellschaft.

Schützen stehen Spalier

Punkt zwölf zieht das Brautpaar in die mit Rosen, Hortensien und Lilien geschmückte Kirche ein. Rund hundert Schützen stehen Spalier. Die Braut sieht aus, wie es sich für eine Prinzessin geziemt: Sie trägt ein weißes Kleid mit Spitze und langer Schleppe. Auf dem Kopf das Diadem, das erstmals Prinzessin Viktoria Luise 1913 zu ihrer Hochzeit mit Ernst August, dem letzten regierenden Herzog Braunschweigs, getragen hat. Die Trauung übernimmt der ehemalige Landesbischof Horst Hirschler (83), ein langjähriger Freund der Welfenfamilie.

In seiner Predigt erinnert der jetzige Abt von Loccum, dass das Leben nicht nur Sonnentage, sondern auch Regen, Sturm und Gewitter bereithalte. "Gerade, wenn man wie Sie, Ernst August von Hannover, Teil einer so alten berühmten Welfenfamilie ist mit all ihren Höhen und Tiefen." In solchen schweren Zeiten sei es gut, auf Gott vertrauen zu können, rät Hirschler.

"Unaufgeregt und erdig"

"Unaufgeregt und erdig" habe er den Gottesdienst gestaltet, berichtet ein geladener Gast aus Hannover. Als erstes habe er dafür gesorgt, dass die Braut eine englische Übersetzung der Predigt erhält, denn Ekaterina lernt gerade erst Deutsch. Das Ja-Wort sei dann eine lustige Mischung gewesen: "Yes, mit Gottes Hilfe", habe sie dem Abt geantwortet. Musikalisch gestaltet wird die Trauung vom Knabenchor Hannover. Sie singen Werke von Händel und Bach. Ein besonderer "Gänsehautmoment" sei das "Vater Unser" von Igor Strawinsky gewesen.

Die Welfen von Hannover zählen zu den prominentesten Adelsfamilien in Deutschland. Bundesweit gehören heute schätzungsweise 80.000 Menschen dem Adel an, das sind nur 0,1 Prozent der Bevölkerung. Doch noch immer geht von ihnen eine Faszination aus. Zuschauerin Gabriele Neuberger-Geschwentner etwa verfolgt jede Adelshochzeit. "Prinzessin Diana war meine Favoritin", gesteht sie. "Wir sind derselbe Jahrgang." Das Spannende am Adel? "Das, was man selbst nicht hat", sagt sie mit einem Lachen. "Die Kleider, die Frisuren, das Schickimicki."

Kutsche mit Geschichte

Nach der Trauung wartet auf das Ehepaar eine rote Kutsche mit vier Pferden. Unter lautem Applaus der Schaulustigen steigen die beiden in das Gefährt, das bereits der Urururgroßvater des Bräutigams, der spätere König Georg V., 1843 bei seiner Hochzeit mit Marie von Sachsen-Altenburg benutzte.

Eine 65-jährige Zuschauerin aus Isernhagen hätte das Spektakel lieber im Fernsehen verfolgt. "Dann würde ich jetzt schön mit meiner Familie Mittagessen und nebenbei Hochzeit schauen", erzählt sie. Das sei eine Familientradition, dazu gebe es stets landestypisches Essen der Brautleute. Wäre die heutige Welfenhochzeit im Fernsehen übertragen worden, das Menü hätte festgestanden: "Hochzeitssuppe, Russisch Ei und Welfencreme."


Quelle:
epd