Weihbischof Schwaderlapp erinnert sich an Kardinal Meisner

"Ich habe noch am Sonntag mit ihm telefoniert"

Weihbischof Dominikus Schwaderlapp hat den verstorbenen Kardinal Meisner lange Zeit begleitet. Im Interview mit domradio.de nimmt der Weihbischof traurig und dankbar Abschied von seinem geistlichen Vater und teilt seine Erinnerungen.

Weihbischof Schwaderlapp mit Kardinal Meisner / © domradio.de (DR)
Weihbischof Schwaderlapp mit Kardinal Meisner / © domradio.de ( DR )

domradio.de: Sie sind ein langjähriger Wegbegleiter des Kardinals, als Sekretär, als Weihbischof, als Generalvikar. Wie haben Sie die Nachricht vom Tod Kardinal Meisners aufgenommen?

Dr. Dominikus Schwaderlapp (Weihbischof im Erzbistum Köln): Es war natürlich ein Schock. Ich habe noch am Sonntag mit ihm telefoniert. Vergangene Woche hatte ich ein kleines Gartenfest bei mir, da war er auch noch. Wir sind im ständigen Kontakt gewesen und insofern bin ich geschockt und auch traurig, für uns, für ihn nicht. Ich bin der Überzeugung, dass wir einen Fürbitter, einen Fürsprecher im Himmel mehr haben.

domradio.de: "Spes nostra firma". Das war sein Wappen. "Die Hoffnung für euch steht fest". Er ist voller Hoffnung auch dem Tod entgegengegangen.

Schwaderlapp: Ja, er hatte sich schon ganz klar damit auseinandergesetzt. Ich hatte auch den Eindruck, dass er in den vergangenen Wochen und Monaten immer mehr Abschied genommen hat. Er war in einem inneren Frieden, hat sich von manchen Dingen getrennt, er hat mir seinen Hirtenstab geschenkt, was mich sehr angerührt hat. Ich glaube er ist wohl vorbereitet, voller Hoffnung und in tiefem Glauben heimgekehrt ins Vaterhaus Gottes. Um ihn brauchen wir uns keine Sorgen mehr machen.

domradio.de: Wenn Sie zurückschauen, welche Momente sind besonders in Ihrem Herzen lebendig?

Schwaderlapp: Ja, da kommt ein ganzes Feuerwerk von verschiedenen Erlebnissen, angefangen zu meiner Zeit als Sekretär, als ich vom damaligen Sekretär Rainer Woelki dann zum Kardinal geführt wurde und er sagte, ich sollte sein Sekretär werden, ob ich mir das zutrauen würde. Da sagte ich, ich weiß ja gar nicht, was da auf mich zukommt. Da sagte er, das ist auch besser so. Dann sagte ich, wenn Sie meinen, dass ich das kann, dann sage ich ja. Damit war er dann zufrieden. Es gab so viele schöne Gegebenheiten, wo wir viel gelacht haben. Kardinal Meisner war ein Mensch, der tief gläubig war. Das Bild zum Beispiel: Wenn wir morgens die Heilige Messe in der Kapelle gefeiert haben, da war er schon eine dreiviertel Stunde vorher da und hat Betrachtung gehalten. Er hat das Stundengebet gebetet und dann haben wir die Heilige Messe gefeiert. Das war seine tiefe Wurzel - auch der Rosenkranz, den er täglich gebetet hat. In der letzten Zeit ist er jeden Tag, wenn es irgendwie ging, in das Maternushaus zur ewigen Anbetung gegangen und dort eine Stunde geblieben. Er hat viel gebetet und das war nicht etwas Aufgesetztes, sondern das war sein Inneres. Er hat über Gott gesprochen, aber noch viel mehr mit Gott. Das war für ihn die Quelle. Das ist ein ganz großes Zeugnis auch für mich.

domradio.de: Ein großer Mann des Glaubens ist von uns gegangen – ist uns vorangegangen, aber auch ein großer Mann der Weltkirche.

Schwaderlapp: Allerdings, und ich glaube das wird auch von anderer Stelle und von anderen Personen noch einmal zu würdigen sein, er war einer der großen Gestalten der Kirchengeschichte im Deutschland des 20. Jahrhunderts. Er war Bischof in Berlin, in der geteilten Stadt, mit all dem was damals das kirchliche Leben aber auch das Leben der Leute schwierig machte. Er hat den Umbruch der Mauer, den Fall der Mauer, hier in Köln erlebt. Er war in verschiedene große Auseinandersetzungen involviert. Er hat immer, sei es gelegen oder ungelegen, seinen Glauben bekannt und zu seiner Überzeugung gestanden. Er hat sich zu Wort gemeldet und er fehlt in dieser Beziehung schon, aber wie gesagt, ich glaube im Himmel fehlt er nicht, sondern da ist er eine Stimme mehr.

domradio.de: Auch nach seinem Amtsverzicht waren Sie immer treu an seiner Seite und sind den Weg mitgegangen. Was nehmen Sie mit aus diesen letzten Jahren?

Schwaderlapp: Er ist in diesen Jahren für mich ein geistlicher Vater geworden. Ein Vater bleibt man auch dann, wenn man nicht mehr im Amt ist. In diesen Zeiten, in diesen letzten Jahren, war er einerseits in manchen Dingen abgeklärter, er hat aber auch immer noch sehr rege innerlich teilgenommen an der Weltkirche, am Geschehen im Bistum, am politischen Geschehen. Er hat sehr viel gelesen, immer wieder die Nachrichten geschaut, alles genau verfolgt. Er war teilweise besser oder direkter informiert als ich. Er hat mir immer mal wieder einen Artikel zu lesen gegeben, aber er war dann auch immer so persönlich, herzlich, dankbar und froh für einen Besuch. Das hat er einem immer zu spüren gegeben: Es ist schön, dass du mich nicht vergisst.

domradio.de: Er war auch ein Mann mit Ecken und Kanten. Er ist mit vielen aneinandergeraten. Wie hat er das in den letzten Jahren weggesteckt? Gab es Versöhnung mit dem ein oder anderen?

Schwaderlapp: Ja, ich glaube, es gab schon das ein oder andere versöhnende Gespräch. Von einem konkreten weiß ich auch und das ein oder andere wurde aufgearbeitet. Manches hat er buchstäblich mit ins Gebet genommen, wenn es ihm schwer gefallen ist oder es keine Lösung gab. Er konnte, glaube ich, ein paar Kapitel seines Lebens gut abschließen.

domradio.de: Was nehmen Sie ganz persönlich als Impuls mit, wo Sie sagen, das werde ich nie vergessen?

Schwaderlapp: Seine Leidenschaft für den Glauben, für Christus und die Kirche. Seine Predigten waren nie Vorträge. Das war immer mit Herzblut. Dass er bis ins hohe Alter hinein nicht nachgelassen hat. Er hat sich nicht an irgendetwas gewöhnt, sondern hat immer noch diese innere Dynamik gehabt. Nicht nur dieses Dynamische, Impulsive und Kämpferische, sondern damit verbunden auch das Herzliche, das persönlich Zugewandte. Er hat sehr Anteil genommen an dem was Menschen erlebt haben. Er konnte sich sehr auf Leute einlassen. Er hat ein enormes Gedächtnis gehabt. Für mich ist er in vieler Hinsicht ein großes Vorbild als Priester und Bischof.

Das Gespräch führte Jann-Jakob Loos.


Quelle:
DR