Zweites weltweites Sturmbeten in Kevelaer

Ein Lichtermeer für Aleppo

Im Marienwallfahrtsort Kevelaer treffen sich Menschen, um für die Menschen in Syrien zu beten. Dazu erreicht die Betenden eine Botschaft aus Aleppo.

Ein Friedenslicht wird entzündet / © Angela Krumpen (DR)
Ein Friedenslicht wird entzündet / © Angela Krumpen ( DR )

Es ist klirrend kalt. Im frostigen Kreis stehen ca. 30 Menschen auf dem Kappellenplatz vor der Friedenslichtstele in Kevelaer, als Mohammed  und Basima, junge syrische Flüchtlinge,  eine Kerze anzünden und an alle im Kreis weiterreichen. Die Menschen sind zum zweiten weltweiten Sturmbeten für Syrien nach Kevelaer gekommen. Dr. Elke Kleuren-Schryvers, die Vorsitzende der Aktion Pro Humantität, berichtet von der Situation in der syrischen Stadt Aleppo, in der seit Jahren der Bürgerkrieg zwischen den Regierungs-Truppen und Kämpfern verschiedener Oppositionsgruppen tobt. Der Ostteil Aleppos, der in der Hand der Rebellen ist, stehe kurz davor, vom Militär eingenommen zu werden. In der Stadt selbst sitzen noch mehrere hunderttausend Menschen fest: "Sie warten auf das Ende der Bombardements,  etwas Ruhe und Nahrung."

Mutter und Schwester der zwei syrischen Flüchtlinge sitzen in Aleppo in der Falle: Sie hätten im Rahmen der genehmigten Familienzusammenführung einen Interviewtermin in einer deutschen Botschaft in der Türkei gehabt. Aber zu diesem Zeitpunkt waren die Grenzen schon zu, sie von Kämpfen eingekesselt. Die Mutter hat den Teilnehmern des Friedensgebetes eine Botschaft geschrieben und in einem Moment fotografiert, in dem sie Strom und Internet hatte. Sie schriebt: "Ihr seid wirklich unsere Freunde der Menschlichkeit. Danke, dass Ihr Euch versammelt, wir haben Euer Gebet hier wirklich sehr nötig."

Botschaft aus Aleppo

Als Französischlehrerin hat sie ihre Botschaft auf französisch verfasst, sie wird vor Ort übersetzt: "Die Situation ist sehr schlecht, unsere Morgende sind blutig, unsere Nächte voller Terror und Sorgen, wir erwarten den Tod in jedem Moment. Unsere Neuigkeiten sind voller Ruinen und Zerstörung. Der Krieg zerstört alles: die Häuser, die Schulen, die Universitäten, selbst die Krankenhäuser, die Kindheit und das Alter. In klirrender Kälte schlafen die Menschen in den Straßen, auf den Quais. Viele Menschen sterben, unschuldig und ohne zu wissen warum."

Vor über einem Jahr sind drei ihrer Kinder, damals 12, 20 und 21 Jahre alt, alleine übers Mittelmeer und den Landweg nach Deutschland geflohen. Zu gefährlich erschien die Flucht für die Mutter. Jetzt schreibt sie: "Ich bin keine Heldin. Ich konnte das Leben, die Zukunft meiner Kinder nicht retten. Meine Kinder sind intelligent und fleißig, besuchten die pharmazeutische und die medizinische Fakultäten, meine Jüngste war immer Klassenbeste. Fern von ihnen trauere ich, bin ich sehr traurig. Ich möchte sie sehen."

Hilfe für Aleppo  - hoffen wider jede Hoffnung

Dafür, dass diese Mutter alle ihre vier Kinder wieder in die Arme schließen kann, dass alle Menschen in Aleppo und Syrien vom Terror des Krieges befreit werden - dafür beten Dr. Elke Kleuren-Schryvers und alle anderen. "Wir wollen beten - auch dafür, dass Tür und Tor sich öffnen für konkrete humanitäre Hilfe. Wir sind mit der action medeor und der Hilfsorganisation eines syrischen Arztes,  mit dem Dr. Rupert Neudeck zusammenarbeitete, in Kontakt. Doch noch gestaltet sich alles sehr schwer und unsicher. Momentan muss noch mit dem Totalverlust aller Hilfsgüter gerechnet werden, weil nichts abgesichert ist."

Singend, mit dunkelroten Stumpenkerzen in den Händen, ziehen die Teilnehmer des Friedensgebetes über den Platz, versammeln sich in der kleinen Gnadenkapelle. Nachtgedanken von Viola Raheb, einer palästinensischen Christin aus Bethlehem, werden vorgetragen: "Auf Frieden hoffen, auch wenn alle Zeichen um uns herum eher den Krieg verheißen und mein Inneres den Frieden gar nicht zu spüren wagt."  Tröstend erklingen Adventslieder: "Oh Heiland reiß die Himmel auf", "Maria durch ein Dornenwald ging" und "Kündet allen in der Not". Die Menschen beten für alle in Aleppo, die leben wollen, trotz allem.


Quelle:
DR