Duisburger Kirchengemeinde geht neue Wege

"Altes wird einfach fallengelassen und Neues entsteht"

Seit einem Jahr geht die Kirchengemeinde St. Barbara im Duisburger Norden neue Wege. Das Bistum Essen wollte die Gemeinde schließen, nun organisieren die Laien alles selbst. Jetzt wurde auch der Pastor verabschiedet. Ein Besuch in der Projektgemeinde.

Autor/in:
Peter Hild
Barbarafest in Duisburg / © St. Barbara-Förderverein
Barbarafest in Duisburg / © St. Barbara-Förderverein

Die Stimmung auf dem Barbara-Fest ist gut, entspannt und fröhlich. Schließlich hat die neue Projektgemeinde in diesen Tagen etwas was zu feiern: "Geburtstag, wir sind heute ein Jahr geworden", freut sich Angelika Hoffmann, die Vorsitzende des Fördervereins St. Barbara. Sie hat mit anderen zusammen dafür gekämpft, dass das Gemeindeleben weitergeht. Rund 60 Ehrenamtliche organisieren seit einem Jahr in fünf verschiedenen Säulen das Gemeindeleben: Die einen kümmern sich um Liturgie und Gottesdienste, andere um Feste und Veranstaltungen, eine weitere Gruppe ist verantwortlich für die Diakonie und soziale Projekte wie zum Beispiel ein Bedürftigen-Essen. Am so genannten "Runden Tisch" treffen sich die Sprecher der fünf Säulen regelmäßig, um zu besprechen, was gerade in der Gemeinde ansteht und geplant wird.

Angelika Hoffmann ist mit dem ersten Jahr ganz zufrieden: "Wir haben viel versucht zu bewegen, versucht auch viele Leute anzusprechen, was uns auch gelungen ist. Aber es muss auch noch viel gemacht werden, weil auch immer wieder noch was Neues dazukommt und sich ja auch weiterentwickelt. Das ist das Schöne an sich daran, wir können keinen Endpunkt feststellen, es müssen neue Leute dazu kommen, Altes wird einfach fallengelassen und Neues entsteht."

Neue Wertschätzung ehrenamtlicher Arbeit

Die Zusammenarbeit der Ehrenamtler mit ihrem Pfarrer Thomas Pulger hat sich über Jahre gut eingespielt. Doch künftig müssen die Laien ohne ihn auskommen und übernehmen selbst die Leitung der Gemeinde. Am Sonntag wurde Pulger als letzter hauptamtlicher Mitarbeiter verabschiedet. Für ihn hat sich das neue Modell aber schon bewährt: "Viele Bereiche, ob das jetzt Gottesdienste angeht oder auch die Sozialarbeit, die hier geleistet wird, die Diakonie – da gibt es viele Dinge, die jetzt ganz eigenverantwortlich geplant und geleitet werden. Das hat sich schon sehr positiv auf die Projektgemeinde ausgewirkt, dass nämlich ein Verständnis dafür gewachsen ist, dass eben ehrenamtliche Arbeit wertgeschätzt wird, von der Gemeinde, von den Leuten, die sich engagieren."

Für Pulger hat das Fünf-Säulen-Modell auch Vorteile für das Alltagsgeschäft, weil sich die Ehrenamtler ihren Arbeitsbereich individuell nach ihrer Motivation aussuchen können: "Durch die Arbeitskreise ist der Einzelne entlastet, weil er sich für einen bestimmten Bereich entscheiden kann."

"Ungewöhnlich, aber toll"

Und auch wenn einige noch skeptisch sind, ob das neue Konzept aufgehen kann, sind die meisten froh, dass das Gemeindeleben im Duisburger Norden überhaupt weitergeht: "Wenn sich so Leute engagieren, dann find ich das prima," meint ein Besucher des Festes. Und eine Besucherin sagt: "Also wenn die Kirche jetzt wirklich geschlossen würde, dann find ich das die bessere Lösung, dann wäre man doch irgendwie so heimatlos auf einmal." Auch ein weiterer Gast ist angetan: "Die finanzieren sich ja eigentlich selber, das ist eine sehr große Gemeinde, viele Nachbaren auch, die hier sind, und die haben sehr viele Projekte. Ich find das toll, auch wenn es ungewöhnlich ist."

Die Spendensammlung laufe gut im Moment, sagt Angelika Hoffmann vom Förderverein. Die Schwierigste sei aber, die Ehrenamtler immer wieder zu motivieren und neue Helfer zu finden. Das Bistum Essen begleitet das Projekt und hat die Laien in den vergangenen Monaten immer wieder beraten und unterstützt, erklärt Michael Dörnemann vom dortigen Pastoraldezernat: "Die Frage nochmal, wie gehe ich mit Konflikten um, wie moderieren, wie leiten wir Gruppen, Sitzungen, welche Inhalte sind nochmal wichtig, Anregungen auch nochmal zur Gestaltung von Gottesdiensten."

Abschied vom Pfarrer

Doch erst jetzt, nach der Verabschiedung des hauptamtlichen Pfarrers, werde sich zeigen, ob eine Kirchengemeinde unter ehrenamtlicher Leitung funktionieren kann, meint Dörnemann, der sich aber zuversichtlich gibt: "Die sind gut gerüstet, wobei, die Bewährungsprobe kommt jetzt, aber wir begleiten es auch gut durch unser Pastoraldezernat hier im Bistum, so dass sie auch nicht allein gelassen sind. Und ich bin da auch ganz guten Mutes, dass das dann jetzt auch funktionieren wird."

Die Pilotgemeinde ist zunächst auf drei Jahre angelegt, doch schon jetzt melden immer wieder andere Gemeinden aus dem In- und Ausland, die sich über das Duisburger Modell informieren wollen. Und angesichts von Priestermangel sowie sinkenden Einnahmen und Mitgliederzahlen in der katholischen Kirche ist auch dem Bistum Essen bewusst, dass ehrenamtliches Engagement immer wichtiger werden wird. Deswegen ist Angelika Hoffmann vom Förderverein St. Barbara überzeugt, dass das auch ein Modell für andere Kirchengemeinden sein kann, wenn das Engagement stimmt: "Immer vor Ort selber gucken, was hab ich, welche Leute hab ich, was möchte ich machen, was will ich auch vor Ort beibehalten, und daran arbeiten. Und dann die Leute dafür auch motivieren, man muss nicht immer, sach ich mal, das riesengroße Konzept haben."

Sie ist jedenfalls zuversichtlich, dass zumindest das Gemeindeleben in St. Barbara auch dauerhaft weitergehen wird - auch wenn es die Eucharistiefeier mit einem Priester nur noch sonntags gibt.

 


Quelle:
DR