Bischof Timmerevers stellt sich Fragen im Live-Chat

Dialog 2.0

Facebook live ist nicht gerade eine typische "Bühne" für Bischöfe. Der neue Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers wagte sich dennoch auf das virtuelle Parkett - unterstützt vom Leiter der Katholischen Akademie, Thomas Arnold, und mit Erfolg.

Bischof Heinrich Timmerevers und Akademie-Direktor Thomas Arnold (l.) (Bistum Dresden-Meißen)

domradio.de: Ein Live-Chat auf Facebook mit dem Dresdner Bischof - das klingt ein wenig nach einem Experiment. Ist es denn geglückt?

Thomas Arnold (Direktor der Katholischen Akademie Dresden): Ich würde sagen, es ist vollkommen geglückt. Es war tatsächlich ein Experiment. Als ich vor zwei Tagen den Bischof auf diese Aktion noch einmal angesprochen habe, sagte er. "Wir machen das! Wir riskieren es." Er hat da vollkommenes Vertrauen. Wir wollen raus in die Welt und in der Gesellschaft sein - auch in einer Gesellschaft, in der über 80 Prozent der Menschen nicht getauft sind. Wir haben eine Stimme, die wir zu Gehör bringen wollen. Wir hatten beim Chat rund 20 Zuschauer, was zunächst nach wenig klingt, aber mein Eindruck ist, dass sich das Chatprotokoll noch im Laufe des Tages über Facebook verbreitet und dann die Botschaft auch bei vielen weiteren Menschen ankommt.

domradio.de: Was wollten die Menschen denn vom neuen Bischof Timmerevers wissen?

Arnold: Das beginnt bei ganz persönlichen Fragen. Der Bischof kommt aus dem Oldenburger Land, aus Vechta, er ist seit weniger als 300 Stunden Bischof in Dresden-Meißen, da lag die Frage auf der Hand, wie es ihm denn überhaupt in Sachsen geht, wie er sich fühlt und ob er die Oldenburger Heimat vermisst. Aber es gab auch Fragen, die ganz explizit Sachsen betreffen. Rund 100 Meter von uns entfernt hat gestern Abend eine Pegida-Kundgebung stattgefunden und da haben die Leute in diesem Zusammenhang beispielsweise gefragt, wie es der Kirche gelingen kann, Gräben in der Gesellschaft zu überwinden.

domradio.de: Was hat der Bischof denn darauf geantwortet?

Arnold: Der Bischof hat diesbezüglich den Dreischritt empfohlen. Zum einen hat er gesagt, man müsse auch als Christ immer wieder lernen, Verunsicherung wahrzunehmen und zu schauen, was eigentlich die Ängste sind, die dahinter stehen. Also sollte man nicht nur das Symptom wahrnehmen, sondern die realen Ängste, die die Menschen bewegen. Im zweiten Schritt hat er empfohlen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Da sehe ich ganz klar auch die Akademie als einen Ort,  an dem Diskussionen stattfinden können und Argumente ausgetauscht werden können. Der dritte Weg ist schließlich, dass es uns auch als Kirche gelingt, unsere Botschaft der Barmherzigkeit zu vermitteln und zu sagen, dass wir das Herz der Menschen hier in unserem Land öffnen wollen. Wir müssen sehen, dass wir die Not von Menschen, die geflohen sind und ein Recht auf Menschenwürde haben, ernst nehmen und uns auch darum kümmern. Das waren zusammengefasst die Empfehlungen unseres Bischofs.

domradio.de: Sie sind mit 28 Jahren der jüngste Direktor, den die katholische Akademie je hatte. Sie sind also mit dem Internet und seinen Netzwerken aufgewachsen. War das für Sie also eine ganz natürliche Entscheidung, das Internet für die Kirche zu nutzen? Oder wie kam es zu dieser Idee?

Arnold: Ich bin seit längerer Zeit auf verschiedenen Kanälen im Internet aktiv. Für mich war klar als ich anfangen habe, dass wir unsere Veranstaltungen haben, die am richtigen Ort stattfinden können. Wir wollen die Menschen persönlich treffen. Aber wir wollen trotzdem die neuen Medien nutzen, auf Instagram sein, auf Facebook sein, unsere Webseite nutzen und damit rausgehen und nochmal eine größere Verbreitung finden. Nicht jeder schafft es, jeden Abend nach Dresden oder Leipzig zu kommen, aber jeder hat wahrscheinlich sein Smartphone in der Nähe und hat die Chance, einmal einzuschalten und etwas mitzunehmen.

domradio.de: Sie suchen aber auch abseits von Facebook den Dialog. Sie planen zum Beispiel ein Streitgespräch zwischen dem AfD-Vorstandsmitglied Alexander Gauland und dem Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg. Wird das auch auf Facebook übertragen oder wie ist das geplant?

Arnold: Wir haben uns zu dieser Einladung entschieden, weil wir gesagt haben, wir wollen diese Ängste der Menschen wahrnehmen. Der Abend steht unter dem Schlagwort "Angst um das Abendland". Aber natürlich können Menschen aus Köln oder Stuttgart, die sich für dieses Thema interessieren, nicht so einfach mal nach Dresden kommen. Deswegen haben wir uns entscheiden, die Veranstaltung auch auf Facebook live zu übertragen.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR