Kirche von England will Umgang mit sexuellem Missbrauch verbessern

Neues Dokument gibt theologische Richtung vor

Vor zwei Jahren bescheinigte sich die Kirche von England "systematisches Versagen" bei der Aufklärung von sexuellem Missbrauch. Nun hat sie sich neue Regeln gegeben, die auch theologischen Grundsätzen folgen

Sexueller Missbrauch in der Kirche / © Julian Stratenschulte (dpa)
Sexueller Missbrauch in der Kirche / © Julian Stratenschulte ( dpa )

Eli Ward war ein elfjähriger Chorjunge in der Kathedrale von Manchester, als er vor mehr als 30 Jahren von einem Dekan der Kirche von England sexuell missbraucht wurde. Bis jetzt hat die Tat des Geistlichen Einfluss auf das Leben des heute erwachsenen Mannes. Er kann niemandem vertrauen, hat Probleme, Beziehungen einzugehen.

Eli Wards Fall ist einer von vielen Missbrauchskandalen, der die Kirche von England in den vergangenen Jahren erschüttert hat. "Ich möchte für kein Kind, dass es durchmachen muss, was ich erlebt habe," sagte Ward der BBC, als sein Fall 2014 bekanntwurde und er bereit war, über die Tat in der Öffentlichkeit zu sprechen. Er habe alle Emotionen erlebt, die ein Mensch erleben könne.

Zutiefst beschämt

Seit mehreren Jahren nun bemüht sich die anglikanische Kirche um die Aufarbeitung der Fälle und arbeitet an einem Konzept und an neuen Kirchenrechten, die den Umgang mit diesen Straftaten verbessern und strikter regeln sollen. Ein 2014 erschienener Bericht bescheinigte der Kirche "systematisches Versagen" im Bemühen, bei Missbrauchsfällen ihren eigenen Richtlinien zu folgen und neue einzuführen.

Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, Oberhaupt der Kirche von England, entschuldigte sich im Namen der Kirche allumfassend bei den Opfern. Der Erzbischof von York, John Sentamu, sagte nach der Veröffentlichung des Berichts, er sei zutiefst beschämt, "dass die Kirche nicht wachsam genug war, um zu verhindern, dass das passieren konnte". Jede Form des Missbrauchs durch eine kirchliche Autoritätsperson sei eine Schande und erfordere tiefe Reue.

Neues Dokument für Kirchengemeinden

Bereits im vergangenen Jahr beschloss die Generalsynode schärfere Regeln für die Suspendierung und Entlassung von Geistlichen und anderen Kirchenmitarbeitern, wenn diese gegen Regeln zum Schutz von Kindern und schutzbedürftigen Erwachsenen verstoßen haben oder ihnen Missbrauch zur Last gelegt wird.

Vor ein paar Wochen legte die Kirche von England nun als Reaktion auf den Bericht von 2014 ein Dokument vor, das Kirchengemeinden beim Schutz von Kindern und schutzbedürftigen Erwachsenen unterstützen soll. Das Haus der Bischöfe hatte das Dokument zuvor genehmigt, das vorgibt, wie das Thema sexueller Missbrauch in den Gemeinden und auch im Gottesdienst behandelt werden soll.

Aufgabe für gesamte Kirche

Der Schutz vor Missbrauch und wie darauf zu reagieren ist, müsse auf Grundlage der christlichen Theologie geschehen und solle Teil von Predigten und Lehre sein, so die Kirche von England. "Guter Schutz ist wesentlich für den Auftrag der Kirche", heißt es in dem fast 50 Seiten umfassenden Dokument mit dem Titel "Das Evangelium, sexueller Missbrauch und die Kirche: Eine theologische Ressource für Gemeinden".

Im Vorwort schreibt der Bischof von Coventry, Christopher Cocksworth, der Schutz vor Missbrauch sei eine Aufgabe für die gesamte Kirche. Der Fokus solle dabei auf wichtige theologische Themen wie Humanität, Sünde, Gnade, Vergebung und Versöhnung gelegt werden.

Sichere Gemeinschaften

Das Dokument gibt eine klare Richtung für die Gemeinden und ihre Mitglieder sowie die Angestellten vor: Kirchen sollten Orte sein, "wo alle Menschen in offenen und sicheren Gemeinschaften willkommen sind", heißt es. Opfer von Missbrauch empfänden die Kirchen oft als "verschlossen und abweisend". Das will die Kirche von England nun ändern.

Für den ehemaligen Chorjungen Eli Ward kommt diese Einsicht zu spät. Für andere Opfer könnte diese klare Linie jedoch wichtig sein, wenn sich die Kirche an ihr Versprechen hält, künftig nach ihre eigenen Richtlinien und Gesetze zu agieren und diese zu überprüfen.

 


Quelle:
epd