Caritaspräsident und CSU-Innenminister diskutieren Flüchtlingspolitik

Aussprache in Katholischer Akademie

In der Flüchtlingsfrage liegt die CSU mit den Kirchen schon länger über Kreuz. Am Weltflüchtlingstag bemühte sich die Katholische Akademie in München um einen Brückenschlag, der aber nur teilweise gelang.

Autor/in:
Christoph Renzikowski
Innenminister Herrmann / © Marc Müller (dpa)
Innenminister Herrmann / © Marc Müller ( dpa )

Kaum ein Thema polarisiert in Deutschland derzeit so stark wie die Flüchtlingspolitik. Der Direktor der Katholischen Akademie in Bayern, Florian Schuller, sprach in diesem Zusammenhang am Montagabend von "Verwerfungen zwischen Akteuren, die man bisher eher in eine Richtung blicken sah". Gemeint waren die CSU und die Kirchen. In einem Disput sollten Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Caritaspräsident Peter Neher helfen, "christliches Ideal" und "praktische Vernunft" wieder näher zusammenzubringen.

Alois Glück als Moderator

Mit Alois Glück war die Moderation ideal besetzt. Hatte doch dieser zum Thema in beide Richtungen Kritik verteilt: Seine Kirche, so befand der oberbayerische Katholik, solle sich nicht auf das humanitäre Engagement beschränken, sondern auch bei den schwierigen politischen Fragen wie der unvermeidlichen Begrenzung des Zuzugs Lösungsvorschläge machen. Der aktuellen CSU-Führung hielt der langjährige Spitzenpolitiker vor, mit ihrem Kurs vor allem bürgerschaftlich engagierte Wähler zu vergraulen, nicht zuletzt aus den Reihen kirchlicher Asylhelferkreise.

Den ersten Punktgewinn verbuchte Herrmann. Dass auch Maria und Josef mit dem Jesuskind nach Ägypten geflohen seien, was die Christen heute entsprechend verpflichte, habe er in einer Weihnachtspredigt des evangelischen Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm gehört, sagte der Innenminister. Daran sei nichts auszusetzen. Nur habe er den Hinweis vermisst, wie die Geschichte weitergehe, sagte Herrmann und zitierte aus dem Matthäusevangelium: "Als die Gefahr vorbei war, kehrten sie nach Galiläa zurück."

CSU verweist auf kirchliche Grundstücke

Die Aktualisierung lieferte er gleich mit: Die meisten derzeit nach Deutschland kommenden Migranten seien Bürgerkriegsflüchtlinge, denen nach der Genfer Flüchtlingskonvention eben nur ein zeitlich begrenzter Aufenthalt zustehe. Auch nach Ende des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien seien Mitte der 1990er Jahre bis zu drei Viertel der Flüchtlinge aus Deutschland in ihre Heimat auf dem Balkan zurückgekehrt. Wer sich dies vor Augen halte, könne entspannter über die aktuellen Probleme reden, meinte er.

Weitere Spitzen gegenüber den Kirchen vermied der CSU-Politiker. Den Dank für deren "großartiges Engagement" verband er geschickt mit dem Appell, als neben dem Staat größte Grundstücksbesitzer in Deutschland sollten sie doch jetzt auch Flächen für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen, um die Integration der Bleibeberechtigten zu befördern. Die am selben Tag veröffentlichte milliardenschwere Vermögensbilanz des Erzbistums München und Freising wirkte da wie ein Verstärker.

Caritaspräsident argumentiert aus Defensive

Caritaspräsident Neher begann sein Statement aus der Defensive. Der christlichen Flüchtlingshilfe werde immer wieder Weltfremdheit vorgeworfen. Wenn er aber sehe, wie "beeindruckend gut" die Aufnahmeprobleme seit vergangenem Sommer gelöst worden seien, wolle er sich das "nicht als blauäugiges Gutmenschentum schlechtreden lassen". Auf viele Probleme habe die Politik in Deutschland zu spät reagiert und etwa europäische Solidarität auch erst eingefordert, "als die Flüchtlinge in unserem Wohnzimmer ankamen". Herrmann konnte da nicht widersprechen.

Scharf wurde Neher gegenüber CSU-Chef Horst Seehofer, der allerdings nicht da war. Nur wenige Politiker hätten die Debatte so "polternd" begleitet wie der bayerische Ministerpräsident. Mit Formulierungen wie "Herrschaft des Unrechts" oder der "notariellen Besiegelung des Endes der Willkommenskultur" habe Seehofer seinen Teil zur "Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas" beigetragen, klagte der Prälat und mahnte mehr Verantwortung in der politischen Sprache an.

Das Publikum verteilte seinen Applaus annähernd gleichmäßig auf die Debattenredner. Beide ließen mehrfach Verständnis für die Position des anderen erkennen. Nicht selten redeten sie aber auch aneinander vorbei. Viele Probleme wurden nur gestreift, für eine konstruktive Weiterführung einzelner Streitpunkte fehlte dann die Zeit.


Quelle:
KNA