Regeneration im Recollectio-Haus

"Die Fundamente sind weggebrochen"

Seine Kurznachrichten auf dem Handy unterschreibt Gerhard Pfenning heute mit dem Satz "In alt-neuer Kraft". Der Priester sitzt im Lehrerzimmer einer Schweinfurter Berufsschule und sagt: "Ich habe im Recollectio-Haus neu gelernt zu leben."

Autor/in:
Christian Wölfel
Recollectio-Haus / © Recollectio-Haus
Recollectio-Haus / © Recollectio-Haus

Im Herbst 2015 hat der heute 53-Jährige einen knapp dreimonatigen Kurs in der Einrichtung in Münsterschwarzach besucht, die kirchlichen Mitarbeitern in Lebenskrisen hilft.

Es war Weihnachten 2014, als sich Pfenning selbst eine Frage stellte: "Was ist denn los, Gerhard? Du bist doch sonst so ein agiler?" Irgendwie sei die Luft raus gewesen, erzählt der Religionslehrer heute. Selbst einfachste Verwaltungsgeschichten aus dem Schulalltag hat er nicht mehr bewältigt. Und auch bei seinen Weihnachtsgottesdiensten, die er als Aushilfe in einer Gemeinde feierte, spürte er, dass was nicht stimmte. "Ich habe halt die Messe gehalten, damit sie gehalten ist", erinnert er sich.

Hilfe im Recollectio-Haus

Seine Mitbrüder, mit denen er in einer Priestergemeinschaft der Schönstatt-Bewegung verbunden ist, sagten ihm: "Gerhard, so kennen wir Dich nicht." Und sie rieten ihm, sich Hilfe im Recollectio-Haus in Münsterschwarzach zu holen. "Die kennen so etwas." Ein erster Termin wurde gemacht mit der Frage: Entweder einen Kurs im Haus besuchen oder sich ambulant helfen lassen? Pfenning telefonierte mit seinem Schulreferenten im Bistum, Günter Putz, der ihm sehr schnell anbot: "Wenn Du eine Sabbatzeit brauchst, bekommst Du die auch", wie sich der Geistliche heute erinnert.

Warum das alles, was war passiert? Pfenning spricht von einem "schwachen Burn-out". Viele Dinge seien zusammengekommen. Der 50. Geburtstag war gerade rum, außerdem hatte er sich mächtig für die Feier zum 100. Geburtstag der Schönstatt-Bewegung engagiert. Der Priester beschreibt sich selbst als zupackenden Menschen. Er stammt aus einer kleinen Baufirma, das Motto sei "schaffe, schaffe, Häusle baue. Ich zeige Euch mal, wie man das macht."

Doch dann geschieht auf dem Fest selbst etwas, das er heute als Enttäuschung beschreibt, "innerer Ärger" entsteht für ihn, einen Menschen, der sich "immer über Leistung und Einsatz" definiert habe. "Die Fundamente sind weggebrochen."

Kreatives Gestalten, Psychotherapie und spirituelle Angebote

Mitte Oktober 2015 zieht Pfenning im Recollectio-Haus ein, zusammen mit 8 weiteren Männern und 8 Frauen. Er habe gemerkt: "Mensch, da geht es anderen ähnlich wie Dir." Kreatives Gestalten, Psychotherapie und spirituelle Angebote wechseln sich ab. Der Wochenplan lässt aber auch ganz viel Zeit. "Da bin ich dann mal in den Urlaubsmodus, in den bei-mir-sein-Modus gekommen." Und das in einem selbstverständlich christlich-katholischen Umfeld durch die nahegelegene Benediktinerabtei, wie Pfenning sagt. "Ein Recollectio-Haus auf der grünen Wiese, das ginge nicht."

Wiedereingliederungsphase

Diese Spiritualität habe ihm ebenso geholfen wie das psychologische Angebot. Immer tiefer sei er in sein eigenes Problem eingetaucht. "Jeder trägt da dann sein eigenes Päckchen." Ein Kernthema in dem Kurs bis Mitte Dezember. Pfenning lernte, sich nicht mehr allein über die Menge des Geleisteten zu definieren und nicht alles stemmen zu müssen. "Ich definiere mich nicht mehr über mein Arbeitspensum."

Mittlerweile unterrichtet er wieder sechs Stunden die Woche katholische Religion - von den eigentlich vorgesehenen 20 Stunden. Pfenning ist in der Wiedereingliederungsphase. Er habe heute wieder viel mehr eigene Ideen, "mehr Drive" sagt er. Auch bei den Weihnachtsgottesdiensten sei das schon so gewesen. Vielleicht, so sagt er heute, sei sein Burn-out auch ein männerspezifisches Problem gewesen. "Wir müssen gegen die Wand rennen, um zu wissen, dass da eine Wand ist."


Quelle:
KNA