Experte spricht sich für Schutz christlicher Flüchtlinge aus

"Integration durch demokratische Grundwerte"

Viele christliche Flüchtlinge in Deutschland haben Angst vor religiös motivierten Übergriffen. Eine Trennung nach Religion und Herkunft in Flüchtlingsunterkünften gibt es bisher nicht. Das müsse sich ändern, betont Dr. Andreas Thiermeyer.

Dr. Andreas Thiermeyer  (Bistum Eichstätt)

domradio.de: Was kann und muss die Kirche ihrer Meinung nach tun?

Dr. Andreas Thiermeyer (Flüchtlingsbeauftragter des Bistums Eichstätt): Sie sollte auf alle Fälle nicht länger schweigen. Ich finde jetzt diesen Kurs sehr gut, der nach der Silvesternacht in Köln zaghaft eingeschlagen wird. Wir müssen einfach aufhören, um jeden Preis verbale Ausgeglichenheit, Äquidistanz und political correctness an den Tag zu legen. Unrecht als Unrecht ist zu benennen. Es gibt hier keine falsche Äquidistanz. Es geht um Leib und Leben. 

domradio.de: Warum kommt es überhaupt zu solchen Übergriffen?  

Dr. Andreas Thiermeyer: Das ist bedingt durch die räumliche Situation, die unterschiedlichen Menschenbilder, verschiedene Sichtweisen von Mann und Frau und ein unterschiedliches Verständnis von Sexualität und gewisse sexuelle Notstände, die manche einfach verspüren und erleben. 

domradio.de: Kardinal Woelki will im Erzbistum Köln ein Flüchtlingsheim nur für Christen einrichten. Andere Stimmen sagen wiederum, dass das der falsche Weg sei, weil man dadurch die Integration erschwert. Was wäre denn nun der richtige Weg?

Dr. Andreas Thiermeyer: Erstmal Gratulation an Kardinal Woelki. Ich freue mich, dass endlich ein Bischof das realisiert. Wir brauchen diesen Schutzraum für die Christen, zum einen um die Traumatisierungen zu verarbeiten. Zum anderen ist es auch wichtig, dass wir Plausibilitätsstrukturen für unsere christlichen Brüder und Schwestern schaffen. So gelingt eine Integration sehr schnell, politischer und auch kirchlicher Art. Ich denke, wir müssen auch solche Häuser haben, wo wir interessierte Taufbewerber aus dem Islam mitleben lassen können. Sie können hier im Alltag sehen, einüben, worauf sie sich einlassen. Jede Diözese würde es gut tun, ein bis zwei Häuser zu schaffen, wie es der Kardinal Woelki überlegt.

domradio.de: Was passiert, wenn die streng gläubigen muslimischen Flüchtlinge das Heim verlassen müssen? Erwarten Sie irgendwelche Konsequenzen?

Dr. Andreas Thiermeyer: Ich denke, man muss ganz klare Ansagen geben. Integration kann nur gelingen, wenn demokratische Grundwerte gelebt werden. Dazu gehören die Menschenrechte, Mann und Frau, Religionsfreiheit, Gewissensfreiheit, Trennung von Staat und Kirche. Vergehen werden geahndet, wer immer sie begeht. Man hatte auch einige Kriterien aufgestellt, denn wer sich nicht um Spracherwerb, nicht um Arbeit, nicht um Integration bemüht, der hat hier keine Zukunft.

Das Gespräch führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR