Erzbischof: An der Bibel orientieren

"Für Flüchtlinge Engel werden"

Bleiberecht für alle Menschen: Für den Bamberger Erzbischof Ludwig Schick rechtfertigt sich dieses Recht für Flüchtlingen durch die Gleichnisse der Bibel. 

Ludwig Schick, Erzbischof von Bamberg (KNA)
Ludwig Schick, Erzbischof von Bamberg / ( KNA )

Jesus habe eindeutige Anweisungen gegeben, etwa als er sich mit den Flüchtlingen und Vertriebenen identifizierte, sagte Schick am Samstag im Kloster Schwarzenberg in Scheinfeld. Wer von der Rettung des christlichen Abendlandes spreche, solle sich diese Worte vor Augen führen, mahnte Schick. "Nur wenn wir unsere Gesellschaft vom Evangelium Jesu her verstehen und bilden, können wir zu Recht vom christlichen Abendland sprechen", so der Erzbischof.

Der Schutz von Flüchtlingen müsse durch Hilfsschiffe auf den Meeren zwischen Afrika und Süditalien sowie zwischen Griechenland und der Türkei gewährleistet werden. "Es ist gefordert, alles zu tun, dass Flüchtlinge gerettet werden aus Wasser und Sturm, aber auch auf den Landwegen. Sie müssen Nahrung, Kleidung und Unterkunft erhalten", sagte Schick und betonte: "Christen und alle Menschen guten Willens sollen für Flüchtlinge Engel werden."

Fluchtursachen beseitigen 

Vor allem fordere die Bibel sowohl ein Bleibe- als auch ein Heimkehrrecht für alle Menschen. Deshalb müsse alles getan werden, dass die Fluchtursachen, wie Krieg, Hunger und Klimawandel, beseitigt werden und die Menschen in ihren Heimatländern bleiben oder dorthin wieder zurückkehren könnten. Wenn die Kriege in Syrien, im Libanon und Irak beendet seien, müsse dort Aufbauhilfe geleistet werden.

"Wir brauchen eine neue, gerechte und friedvolle Weltordnung, die Flucht verhindert", so der Erzbischof. Das christliche Abendland, über das derzeit so viel gesprochen werde, sei kein fertiges Produkt, sondern ein dynamischer Prozess, der immer andauere. Das Neue Testament enthalte die Orientierung für das Abendland seit 2000 Jahren und habe die christliche Kultur hervorgebracht.

Ein Europa der Barmherzigkeit hat der Bischof von Stockholm, Anders Arborelius, angemahnt. Es gelte das Ideal, "dass Europa eine Zivilisation der göttlichen und menschlichen Barmherzigkeit sein sollte", sagte er am Samstagabend in Frankfurt. Der Oberhirte aus Schweden und Vorsitzende der Nordischen Bischofskonferenz betonte, die europäische Gesellschaft müsse ein "offenes Haus mit offenem Herzen bleiben für diejenigen, die nirgendwo anders willkommen sind".

Abschiebung in Drittstaaten geplant 

Die Bundesregierung will unterdes straffällig gewordene Flüchtlinge in Drittstaaten abschieben, wenn eine Rückkehr in die Herkunftsländer nicht möglich ist. "Wir verhandeln mit der Türkei und anderen Ländern über die Rückübernahme auch solcher Flüchtlinge, die aus Drittstaaten kommen", sagte Kanzleramtsminister und Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier (CDU) der "Bild am Sonntag". Diese sollten nicht in ihr Heimatland abgeschoben werden, wenn dort zum Beispiel Bürgerkrieg herrsche, "sondern in das Land, über das sie in die EU gekommen sind". Zuvor hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Rückkehr vieler Flüchtlinge nach Kriegsende gefordert.

In der Praxis scheitern Abschiebungen oft an verschiedenen Dingen. Zum Teil weigern sich Herkunftsländer, jemanden wieder aufzunehmen und erkennen ihn nicht als ihren Staatsangehörigen an, weil bestimmte Dokumente fehlen. Zum Teil gibt es aber auch rechtliche Hürden: Es gilt zum Beispiel ein Abschiebeverbot, wenn dem Betroffenen im Heimatland Folter oder die Todesstrafe drohen. Außerdem darf niemand abgeschoben werden, wenn in der Heimat sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner "Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung" bedroht ist.

50.000 Rückkehrer 

Altmaier sagte der "Bild am Sonntag", etwa 50 000 Flüchtlinge hätten Deutschland seit Anfang 2015 wieder verlassen, entweder freiwillig oder per Abschiebung. "Viele kehren wieder um, bevor sie einen Asylantrag stellen, wenn ihnen klargemacht wird, dass das keine Aussicht auf Erfolg hat", sagte er. "Wir werden, wie schon in den Balkanstaaten, unmissverständliche Signale senden, dass es sich nicht lohnt, nach Deutschland zu kommen, wenn man Algerier, Tunesier oder Marokkaner ist."

Zudem sei die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge, die Europa über die Türkei erreichen, seit Oktober um mehr als 60 Prozent gesunken. "Die Zahl der Flüchtlinge aus den Balkanstaaten direkt ist seit dem Sommer sogar um über 90 Prozent gesunken", sagte Altmaier der Zeitung. "Wir arbeiten hart, damit die Zahlen Monat für Monat weiter deutlich zurückgehen. (...) Durch den Rückgang ist es aber schon jetzt möglich, die Flüchtlinge besser zu registrieren und zu kontrollieren."

Schutz auf drei Jahre befristet 

Merkel verlangt von vielen Flüchtlingen, dass sie Deutschland mittelfristig wieder verlassen. Der ihnen derzeit vorrangig gewährte Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention sei zunächst auf drei Jahre befristet, sagte sie am Samstag beim Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommerns in Neubrandenburg. Bei allem, was an Integration zu leisten sei, müsse den Betroffenen auch klargemacht werden, dass es sich um einen temporären Aufenthaltsstatus handele. "Wir erwarten, dass, wenn wieder Frieden in Syrien ist und wenn der IS im Irak besiegt ist, dass Ihr auch wieder, mit dem Wissen, was Ihr jetzt bei uns bekommen habt, in Eure Heimat zurückgeht."

Deutschland nahm 2015 über eine Million Menschen auf, den Großteil davon aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Die meisten Flüchtlinge reisten über die Türkei, Griechenland und die sogenannte Balkanroute ein. Um die Zahl der Neuankömmlinge zu senken, setzt die Kanzlerin auf eine Bekämpfung der Fluchtursachen und engere Zusammenarbeit mit der Türkei zur Überwachung der EU-Außengrenzen. Zudem tritt sie für eine solidarische Verteilung der Schutzsuchenden unter den EU-Staaten ein. In der Nacht auf Freitag hatten sich die Koalitionsspitzen zudem auf eine Verschärfung des Asylrechts geeinigt.


Kanzleramtsminister Peter Altmeier / © Maurizio Gambarini (dpa)
Kanzleramtsminister Peter Altmeier / © Maurizio Gambarini ( dpa )
Quelle:
KNA , dpa