Konstanzer Konzilsjubiläum erinnert an Frauen im Mittelalter

Macht und Ohnmacht

Mittelalterspektakel und Kirchentag: Die 600-Jahr-Feiern zum Konstanzer Konzil gehen in die dritte Runde. Geschichte soll 2016 am Bodensee mit allen Sinnen erfahrbar werden.

Autor/in:
Volker Hasenauer
Imperia-Statue  / © Harald Oppitz (KNA)
Imperia-Statue / © Harald Oppitz ( KNA )

Papst und Kaiser hat sie in der Hand, den üppigen Körper kaum verhüllt: Mit der Imperia-Statue setzte Bildhauer Peter Lenk der berühmtesten mittelalterlichen Kurtisane und Geliebten von Fürsten und Bischöfen am Konstanzer Hafen ein neun Meter hohes Denkmal.

Imperia als Schirmherrin

Im kommenden Jahr ist Imperia nun die frivol-lebenslustige Schirmherrin des Jubiläumsprogramms 600 Jahre Konstanzer Konzil. Zwölf Monate geht es am Bodensee darum, sich des historischen Erbes der Versammlung von Fürsten und Geistlichen zu erinnern und ganz besonders die Frauen dieser Zeit in den Blick zu nehmen.

"Es geht um ihre gesellschaftliche Rolle zwischen Macht und Ohnmacht in der mittelalterlichen Gesellschaft. Konkret greifen wir beispielsweise die aktuellen Debatten um das neue Prostitutionsgesetz auf", sagt Ruth Bader, die im Auftrag der Stadt Konstanz den parallel zur Konzilsdauer von 2014-2018 organisierten Gedenkmarathon plant und gestaltet.

Tabu-Thema Prostitution

Den Auftakt im erneut dicht bepackten Jahreskalender 2016 macht im Januar das Filmfestival "Horizontale": Internationale Produktionen fragen nach den Realitäten und Konsequenzen von Menschenhandel und käuflichem Sex. Durch Expertengespräche und Diskussionsrunden soll Konstanz 600 Jahre nach dem Konzil zur Bühne für ein neues Nachdenken über das kontroverse und vielfach tabuisierte Thema Prostitution werden. Auf dem Programm steht zum Beispiel ein Streitgespräch zwischen einer Sexarbeiterin und einer katholischen Nonne.

Eine Million Euro nimmt Konstanz in den kommenden zwölf Monaten für Dutzende Einzelveranstaltungen in die Hand. Gut angelegt, sagen die Macher, da schon das Programm der beiden vergangenen Jahre zahllose Besucher in die Stadt gelockt und Konstanz als Tourismusziel noch bekannter gemacht habe. Stärker als in den Vorjahren, soll in den kommenden Monaten am Bodensee Mittelalter auch spielerlisch erlebbar werden. "Wir laden dazu ein, Geschichte mit allen Sinnen zu erleben. Zum Beispiel bei Märkten, Umzügen und Stadtführungen", so Bader.

Uraufführung von Mittelalter-Klassiker

Von Juni bis Anfang August gehen die Konzilstheaterfestspiele auf dem Münsterplatz in die zweite Runde. Uraufgeführt wird die Konstanzer Inszenierung von Umberto Ecos Mittelalter-Bestseller "Der Name der Rose". Noch einmal zu sehen ist zudem Theresia Walsers und Karl-Heinz Otts "Himmelstheater" vom Sommer 2015.

Die Kirchen wollen Ende Juni mit dem ökumenischen Bodenseekirchentag in Kreuzlingen und Konstanz eigene Akzente setzen. Das Leitwort "Unterwegs zur Einheit des Glaubens" formuliert das Ziel, die bis in die Zeit des Konzils zurückgehenden Gründe für die Spaltung des Christentums zu überwinden. Zudem laufen die Planungen für ein aufwendiges Planspiel, bei dem Jugendliche aus ganz Europa das Ringen des Konzils um religiöse und politische Verständigung nachspielen -inklusive Papstwahl.

Hieronymus von Prag

Das von der tschechischen Regierung finanzierte Hus-Museum am Rand der Altstadt widmet sich ab Mai dem Kirchenreformator Hieronymus von Prag, der vom Konzil wegen Ketzerei verbrannt wurde. "Er schrie grauenvoll. Als er schließlich verbrannt war, wurde die Asche und alles, was nicht verbrannt war, in den Rhein geschüttet", notierte Konzilschronist Ulrich von Richental.

Gedenken und gesellschaftspolitische Diskussionen sollen sich 2015 aber stärker als im vergangenen Jahr mit unterhaltenden Elementen für Bodensee-Besucher mischen. Das Konzilsjubiläum als Instrument der Tourismusförderung.

Tourismus ankurbeln

"Die konstant hohen Besucherzahlen beweisen, dass wir es geschafft haben, entgegen der Kritik mancher Zweifler, über die gesamte Dauer des Konzilsjubiläums hinweg attraktive Angebote zu machen und viele Menschen für Konstanz und das mittelalterliche Konzil zu begeistern", sagt Bader selbstbewusst. Die Tourismuszahlen geben ihr Recht.

Konstanz und die Bodenseeregion boomen. Nicht zuletzt durch den vom starken Franken beflügelten Tourismus aus der Schweiz. Imperia an der Konstanzer Hafenmole dürfte auch 2016 zum wohl meistfotografierten Fotomotiv für Konstanzbesucher avancieren.


Das mittelalterliche Konzilsgebäude am Hafen von Konstanz / © Harald Oppitz (KNA)
Das mittelalterliche Konzilsgebäude am Hafen von Konstanz / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA