Erzbischof Koch besucht erstmals ein Berliner Flüchtlingsheim

"Können Sie uns segnen?"

Hinter jeder Zahl steht ein Mensch: Das erlebte der neue Erzbischof Heiner Koch bei seinem ersten Besuch einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin. Viele erzählten ihm ihre Geschichte - und baten den Erzbischof am Schluss um seinen Segen.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
Erzbischof Koch besucht Flüchtlingsunterkunft / © Nowak (KNA)
Erzbischof Koch besucht Flüchtlingsunterkunft / © Nowak ( KNA )

Es war ein deutliches Signal: Einen seiner ersten offiziellen Besuche machte Berlins neuer Erzbischof Heiner Koch am Freitag in einem Flüchtlingsheim. Wenige Tage nach seiner Amtseinführung wurde der katholische Hauptstadtbischof in der Caritas-Einrichtung beim Sankt-Hedwigs-Krankenhaus dabei - ungeplant - ein bisschen auch zum Regierungssprecher.

Unter seinen syrischen Gesprächspartnern erlebte Koch eine "große Ablehnung" des Dikators Assad, wie er anschließend berichtete. Und ebensolches Unverständnis für den Vorschlag von "Mutter Merkel", Verhandlungen mit dem verhassten Gewaltherrscher um des Friedens willen nicht mehr auszuschließen. "Da habe ich erklärt, warum die Kanzlerin das ins Gespräch bringt", sagte Koch zu seiner ungewöhnlichen Rolle.

Hinter jeder Zahl ein Mensch

Solche tagespolitischen Themen blieben gleichwohl die Ausnahme bei der gut zweistündigen Visite, bei der Koch mit den Bewohnern zu Mittag aß. Zur Sprache kamen vor allem die Einzelschicksale der Flüchtlinge aus fast allen Krisenregionen dieser Welt. "Hinter jeder Zahl steht ein Mensch", rief Koch in Erinnerung. "Besonders schwer wird es für diejenigen, die auf den Balkan zurückmüssen", schloss er dabei auch die sogenannten "Wirtschaftsflüchtlinge" ein.

Unabhängig von allen politischen Notwendigkeiten, sei es wichtig dass man auch gegenüber diesen Flüchtlingen Hilfsbereitschaft zeige, sagte er anschließen im Kölner domradio: "Wir müssen das Herz bewahren."

Besonderen Eindruck hinterließen bei ihm jedoch die Familien. "Einige Kinder sind erst hier geboren", erfuhr der hohe Gast. "Das sind schon echte Berliner, die Stadt ist ihre Heimat." Für seine Kirche nahm der katholische Familienbischof auch einen konkreten Auftrag mit: "Wir müssen unsere Familienangebote auch auf Flüchtlinge einstellen, da kommt einiges auf uns zu." Erstaunt war der Erzbischof über die vielen beruflichen Qualifikationen der Asylsuchenden: "Elektriker, Friseure, Buchhalter, alles lernfähige junge Leute", warb er.

Dutzende Ehrenamtliche aus der Nachbarschaft

Ein großes Lob parat hatte Koch auch für die "Welle der Barmherzigkeit" aus der Nachbarschaft, von der ihm die Heimbewohner berichteten. Über 60 ehrenamtliche Helfer unterstützen die elf hauptamtlichen Caritas-Mitarbeiter. Daran hat sich seit Eröffnung der Erstaufnahmeeinrichtung im vergangenen Dezember nichts geändert, wie Alexander Grafe, der Regionalgeschäftsführer der St. Hedwig Kliniken Berlin, versicherte. Untergebracht ist das Heim in einem früheren Bettenbau des katholischen Hedwigskrankenhauses. "Es gibt nicht mal Schmierereien an den Wänden", bestätigte Schwester Waltraud von der Gemeinschaft der Borromäerinnen, die das renommierte Krankenhaus 1846 gründeten.

Für die Flüchtlinge hatte der Krankenhausträger, die Alexianer GmbH, der Caritas einen Seitenflügel unentgeltlich zur Verfügung gestellt und Umbaupläne verschoben. Nun können die Bewohner nur noch wenige Tage bleiben, doch ihre nächste Bleibe steht bald bereit. Die Berliner Caritaschefin Ulrike Kostka bestätigte, dass der Wohlfahrtsverband ein früheres Seniorenheim im Wedding als Flüchtlingsunterkunft umgebaut hat.

Dieses Engagement wird durchaus registriert. "Können Sie uns segnen?", fragte eine junge Familie den Erzbischof. "Das Gottvertrauen in der Stadt wird durch solche Menschen steigen", kommentierte Koch die unerwartete Bitte sichtlich bewegt.


Quelle:
KNA , DR