Leipziger Propsteikirche mit Papstsegen geweiht

"Das ist ja schon ein richtiger Dom"

Es war ein großes Fest mit Seltenheitscharakter: Die Kirchweihe der Leipziger Propsteikirche. Sogar Papst Franziskus schickte eigens eine Grußbotschaft für die Menschen in der mehrheitlich atheistischen Stadt.

Weihe der Propsteikirche (dpa)
Weihe der Propsteikirche / ( dpa )

Es ist ein archaisches Zeremoniell: Mit der flachen Hand verreibt Bischof Heiner Koch langsam Chrisamöl auf der Altarplatte. So lang, bis der gesamte Marmor mit einer grünlichen Ölschicht glänzt. An allen Ecken des Altars sowie der Mitte entzündet er Feuer und verbrennt Weihrauch. Zuvor hatte Koch mit seinem Stab an das schwere Bronzeportal der neuen Leipziger Propstei geklopft und auf die Türschwelle ein Kreuz gezeichnet, Gläubige und liturgische Orte reichlich mit Weihwasser besprengt. Weihrauch durchzieht den Kirchraum, begleitet von den lateinischen Gesängen der Männerschola. Und dann wird das Ewige Licht - angeknipst. Elektrisch.

Grüße vom Papst

Ein im 21. Jahrhundert seltenes Ereignis ist vollzogen: Die Leipziger Propsteikirche Sankt Trinitatis, Ostdeutschlands größter Kirchenneubau seit der "Wende", ist geweiht. Sogar Papst Franziskus schickte eigens ein Grußwort zur Kirchweihe und betonte, heute eine Kirche im Zentrum einer großen deutschen Stadt zu bauen, sei "ein Zeichen der Hoffnung und der Zukunft". Zugleich zeigte er die Richtung auf, welche die Kirche in einer zunehmend säkularen Welt einschlagen  muss: Die neue Kirche "öffnet ihre Türen auch für die, welche Christus nicht kennen, und will allen immer wieder neu den größeren Horizont vor Augen führen".

Nur vier Prozent der 530.000 Leipziger sind katholisch, 80 Prozent konfessionslos. Gerade sie würdigte auch Bischof Koch in seiner Predigt: "Wir sind dankbar für Sie, die Ungetauften, die Sie mit Ihren Lebenserfahrungen, mit Ihrem Suchen und Ihrem Fragen für uns ein Reichtum sind, lebens- und glaubensbedeutsam." Er rief sie auf, die Katholiken zu begleiten und bekannte freimütig: "Wahrscheinlich sind wir einander viel näher, als wir es ahnen."

Viel Prominenz

Gekommen sind zur Kirchweihe jedoch mehrheitlich Katholiken aus ganz Sachsen, einschließlich des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU). Papst-Botschafter Nikola Eterovic ist angereist. Aus den ostdeutschen Nachbarbistümern ist der Generalvikar und derzeitige Diözesanadministrator des Erzbistums Berlin, Tobias Przytarski, vertreten. 700 Menschen verfolgen im Kirchenraum das Geschehen, gut

400 weitere sehen es auf dem Kirchenvorplatz, wo eine Videoleinwand vor der roten Natursteinfassade des Gotteshauses aufgebaut ist. Der schlanke, an der Südseite mit Photovoltaikflächen versehene Kirchturm ragt 50 Meter in den strahlend blauem Himmel. Ein Mann ruft ergriffen aus: "Das ist ja schon ein richtiger Dom."

Bier und Würstchen für alle

Zur Kirchweihe gehört naturgemäß die Kirmes, des Fest zur Weihe. An Bier- und Würstchenständen schwärmen die Leute über den Festgottesdienst und das neue Gotteshaus. Kinder probieren den Priestersitz aus, schauen unter die Tischdecke des Altars, machen Selfies mit dem Bischof. Kirche zum Anfassen. Die Stimmung ist ausgelassen. Etwas vereinsamt steht abseits ein Proteststand der Piratenpartei und der kirchenkritischen Giordano-Bruno-Stiftung. Doch auch dort ist man eigentlich eher in Partylaune: "Wir grillen ein bisschen und wollen einfach nur da sein." Auch in den vergangenen zwei Jahren seit der Grundsteinlegung hatte es nur wenig öffentlichen Protest gegen das neue Gotteshaus an prominenter Stelle, vis-a-vis dem Rathaus am Martin-Luther-Ring, gegeben.

Dresdens Alt-Bischof Joachim Reinelt, der 2008 den Neubau auf den Weg brachte, blickt zufrieden an der Fassade hoch: "Das ist schon ein ziemlich großes Ding geworden." Er wünscht der Gemeinde volle Räume: "Denn diese Kirche wirkt vor allem, wenn sie so voll und belebt ist wie heute." Wer in die leere Kirche komme, dem sei sie vielleicht zu karg. Setzte doch der kubanisch-amerikanische Künstler Jorge Padro bei der Innengestaltung des Kirchenraum auf sparsame Ästhetik. An der 20 Meter hohen, weißen Rückwand hinter dem Altar hängt lediglich ein schlichtes, jeweils gut neun Meter hohes und breites Kreuz ohne Korpus. Es gibt keine Bilder. Eine rot-goldene Ornamentik an Kreuz, Altar, Tabernakel, Taufstein ist das einzig Verspielte im Raum. 

Bundesweit in den Blick gerät die Propsteikirche wohl spätestens in einem Jahr wieder: Als spirituelles Zentrum des 100. Katholikentags, der Ende Mai 2016 in Leipzig stattfindet.


 

Quelle:
KNA