Porträt des neuen Hamburger Erzbischofs

Ein Rheinländer für den Norden

Das flächenmäßig größte Bistum in Deutschland bekommt den bundesweit jüngsten Diözesanbischof. An diesem Samstag empfängt der frühere Kölner Generalvikar Stefan Heße (48) im Hamburger Mariendom die Bischofsweihe.

Erzbischof Stefan Heße (epd)
Erzbischof Stefan Heße / ( epd )

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode wird Stefan Heße die Hände auflegen - und nach ihm der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, Weihbischof Norbert Werbs aus Schwerin und weitere 22 Bischöfe. In der Liturgie empfängt Heße die Zeichen des bischöflichen Amtes: Bischofsstab, Mitra, Bischofsring und Brustkreuz. Es ist davon auszugehen, dass er sich am Ende der Feier mit einer ersten Botschaft an die Menschen im Erzbistum Hamburg wendet.

Obwohl er jetzt erst zum Bischof geweiht wird, ist Heße nicht unerfahren in der Leitung einer Diözese. Knapp drei Jahre stand der Geistliche an der Spitze der Kölner Bistumsverwaltung. Nach der Emeritierung von Kardinal Joachim Meisner und vor der Einführung von Woelki war er als Diözesanadministrator zudem eine Art Übergangschef der mächtigsten deutschen Erzdiözese.

Jugendlich und schwungvoll

Der Neue wirkt jugendlich, schwungvoll, spricht offen, fragt interessiert nach und lacht herzlich. Bei seinem ersten Auftreten in Hamburg am Tag nach seiner Ernennung flogen ihm die Sympathien vieler Menschen zu. Auch die Presse war begeistert. Mit einem einfachen "Moin" hatte Heße die Menschen begrüßt. Und gleich hinzugefügt, er habe gelernt, dass man in Hamburg mit "Moin-Moin" schon als Schwätzer gelten könne. Auch gab er zu, den Norden eigentlich nur aus dem Autofenster von Durchreisen zu kennen, aber dass er Bistum und Menschen "erlernen" wolle. "Ich will Sie kennenlernen, Ihr Denken und Fühlen, Ihre Nöte und Sorgen, Ihre Freude und Hoffnung."

Obwohl er aus der "Bischofsschmiede" von Kardinal Meisner stammt, eilt Heße keineswegs der Ruf eines kämpferischen Konservativen voraus. Aber er verteidigt entschieden die Grundfesten des katholischen Glaubens, auch wenn oder gerade weil diese in der säkularen Gesellschaft oft nicht mehr verstanden werden. "Bischof ist auch ein Lehramt", macht er deutlich. Er will den Glauben "verkünden und begründen", ihn anbieten und dabei die Entscheidungsfreiheit des anderen achten. Das sei eine wichtige Aufgabe gerade in der Diaspora.

Erneuerer und Vordenker

Heße ist auch Erneuerer und Vordenker. So baute er in Köln nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle die Präventionsarbeit auf, richtete eine neue Stabsstelle ein und sorgte für verpflichtende Schulungen aller Bistumsmitarbeiter. Auch in Sachen Finanzen ging er neue Wege. Bereits 2014 legte er den Immobilienbesitz der reichsten deutschen Diözese offen und ließ in seiner letzten Amtshandlung als Generalvikar vor zwei Wochen die bislang streng gehüteten Zahlen über die gesamte Vermögenslage des Erzbistums folgen.

Kirche müsse offen und dialogbereit sein, unterstreicht Heße immer wieder - und lobt das Erzbistum Hamburg, das bereits 2014 Bilanz und Rücklagen des Haushalts veröffentlichte. Vermögensberichte zu den Körperschaften Erzbistum Hamburg, Erzbischöflicher Stuhl zu Hamburg, Erzbischöfliches Amt Schwerin und Metropolitankapitel sollen in diesem Jahr folgen.

Vom katholischen Rheinland in die Diaspora - das wird vielleicht die größte Herausforderung für Heße werden. Der Bäckersohn, der als schwierigsten Punkt des Wechsels vom Rhein an die Elbe die große Entfernung zu seinen Eltern nennt, ist Rheinländer durch und durch.

Flagge zeigen in der Diaspora

Das betrifft nicht nur den Karneval und den "rheinischen Singsang", den er bei sich selbst zu hören glaubt. Auch die katholische Glaubensmentalität in West und Nord unterscheidet sich grundlegend. Der Kölner Katholizismus lässt zwar mal Fünfe gerade sein, ist aber Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Im Norden müssen Kirche und Glaube oft schon darum kämpfen, überhaupt wahrgenommen zu werden. Heßes vordringliche Aufgabe wird es sein, Flagge zu zeigen, sich zu Wort zu melden, auch über die Medien.

Er muss die Herzen seiner Diaspora-Katholiken gewinnen und zugleich aktiv an der Gestaltung des Zusammenlebens in einem einst liberal-protestantisch geprägten und heute weitgehend kirchenfern lebenden Umfeld mitzuwirken.


Quelle:
KNA