Ein Kommentar zur Situation im Bistum Limburg

Die Angst des Bischofs vor der Wahrheit

Es schien alles geregelt im Bistum Limburg. Der Papst hat ein Machtwort gesprochen und den angebotenen Rücktritt des Bischofs bestätigt. Doch dieser will noch ein Wörtchen mitreden. Ein Kommentar von domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen.

Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige (DR)
Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige ( DR )

Der zurückgetretene Bischof von Limburg hat nicht nur nicht die ganze Wahrheit gesagt, nein, er hat über Jahre bewusst vertuscht, verschleiert und gelogen. Dass er das nicht alleine gemacht hat, macht die Sache nur noch schlimmer. Wer die nun vorgelegten 108 Seiten der Prüfungskommission, die im Auftrag des Vorsitzenden der Bischofskonferenz schonungslos alle Fakten rund um den Limburger Domberg zusammengetragen hat, studiert, dem stehen die Haare zu Berge: Vorschriften und geltende Rechte wurden nicht eingehalten und eigenmächtig außer Kraft gesetzt. Mitarbeiter wurden unter Druck gesetzt und zur Geheimhaltung verdonnert.

Für die Kostenexplosion beim Bau sind in allererster Linie die Aufträge und Sonderwünsche des Bischofs verantwortlich. Es war nicht nur die vielzitierte Badewanne – Punkt für Punkt listet der Bericht die unglaublichen Details auf: Sei es der erst 2009 für 175.000 € sanierte Mariengarten, der Tebartz-vanElst als "Wildnis" erschien, und dann für 667.000 € aufwändig neu zum "Garten der Stille" wurde, sei es das Zierfisch-"Koi-Becken" für sage und schreibe 213.000 €. Hier hat offensichtlich jemand völlig die Bodenhaftung verloren. Leider hat es aber anscheinend auch das himmlische Bodenpersonal versäumt, den Bischof aus seinem Limburger Wolkenkuckucksheim wieder herunterzuholen. Dass der aus dem Amt entlassene Bischof nach der Veröffentlichung des Berichtes noch eine vierseitige Erklärung nachschob, in der er bemüht ist, die Dinge zu seiner Sicht zu klären und Fakten richtigzustellen, spricht Bände.

Es ehrt den nun eingesetzten Apostolischen Administrator Grothe, der auch schon den Vorsitz der Prüfungskommission innehatte, dass er die Journalisten bat, ihn "nicht zu nötigen, eine Verurteilung  eines bischöflichen Mitbruders auszusprechen". Er verwies dabei ausdrücklich auf den Bericht, der für sich spreche. Wohl wahr.

Wahr ist aber auch, dass die Vorfälle im Bistum Limburg der katholischen Kirche großen Schaden zugefügt haben. Das Vertrauen in kirchliche Finanzgeschäfte hat mehr als nur gelitten. Deshalb ist es gut, wenn die Bischöfe nun beschlossen haben, durch Transparenz für Klarheit zu sorgen. Aber es sollte auch beherzigt werden, was Grothe anderen Bistümern ans Herz legt: Den Bericht zu lesen und sich zu fragen, ob so ein Versagen nicht auch anderswo möglich sei. Da wurden viele Pressevertreter hellhörig.

Festgehalten werden muss an dieser Stelle auch, dass es, wie schon beim Vertrauensverlust durch die sexuellen Missbrauchsfälle, erneut die nichtkirchlichen Medien waren, die durch ihren Druck dafür gesorgt haben, dass Dinge ans Licht gekommen sind, die manch einer gerne schnell unter den Teppich gekehrt hätte. Wer zukünftig behauptet, die Medien wollten durch ihre Kampagnen die Kirche sturmreif schießen, der sollte erst den Balken aus dem eigenen Kirchenauge entfernen, bevor er die zweifelslos auch vorhandenen Splitter im Auge der bösen Medienwelten sucht.

Limburg darf und muss jetzt nach vorne schauen. Die katholische Kirche aber kann auch aus dieser schmerzlichen Krise gestärkt hervorgehen, wenn sie denn die Lehren annimmt, die sich aus dem Bericht ergeben. Wer den Bericht dagegen möglichst schnell wieder in der Schublade verschwinden lassen will, der braucht sich nicht wundern, wenn die Herde zukünftig noch kleiner wird und die Gefolgschaft komplett verweigert. Der Papst in Rom hat das verstanden. Er sorgt nicht nur für schöne Sprüche und Bilder. Er kann auch durchgreifen und handeln. Die Kirche, die nicht nur der Papst sich wünscht, braucht keine fürstbischöflich residierenden Herrscher, die sich hoch oben auf ihrem Domberg hinter hohen Mauern und bronzefarbenen Fenstern ihre eigenen heilen Welten bauen und Angst vor der Wahrheit und den Menschen haben, sondern Hirten bei ihrer Herde sind. Und viele selbstbewusste Herdentiere, die, wenn es notwendig ist, ihre Hirten auch mal wieder auf den rechten Weg der Christusnachfolge zurückführen.


Quelle:
DR