Das neue Gesangbuch soll Gemeinden einen "Ruck" geben

Gotteslob 2.0

"Ein Ruck" soll durch die Kirchen gehen am ersten Advent. Pünktlich zur Vorweihnachtszeit sollte das neue Gotteslob eingeführt werden. Doch in mehreren Bistümern wird der Ruck wohl auf sich warten lassen.

Autor/in:
Claudia Zeisel
Das neue Gotteslob / © Markus Hauck
Das neue Gotteslob / © Markus Hauck

In manchen bereits gedruckten Exemplaren war die Papierqualität nicht ausreichend - die Lieder der jeweils nächsten Seite schimmerten durch. Betroffen ist nur ein Teil der rund 3,6 Millionen-Auflage: Offenbar verließt sich der ausführende Münchner Traditionsverlag C.H. Beck unterschiedliche Papierlieferanten. Manche Gesangsbücher werden wohl erst bis Frühjahr 2014 die Gemeinden erreichen. Von einer "Enttäuschung" spricht Kirchenmusiker Bretschneider. "Ich hatte mich innerlich auf den ersten Advent festgelegt."

Rund zwölf Jahre lang arbeitete die Kommission aus Bischöfen und Kirchenmusik-Experten an einem neuen Gesangbuch für alle deutschen und österreichischen Diözesen sowie das Bistum Bozen-Brixen. Gesellschaftliche Veränderungen in den vergangenen 50 Jahren sowie eine neue Sprachkultur waren der Auslöser, wie es hieß. Außer Liedern und Gebeten enthält das neue Gotteslob auf seinen rund 1.300 Seiten auch Begriffserklärungen, meditative Zeichnungen und Vorlagen für häusliche Andachten.

"Wir wollen den Menschen Appetit machen"

"Die Leute wollen wieder mehr Lieder, die nicht nur den Verstand, sondern auch das Herz ansprechen", sagt über die Auswahl-Kriterien Wolfgang Bretschneider. Der Präsident des Allgemeinen Cäcilien-Verbands für Deutschland war Mitglied in der Kommission, die im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz an der Neuauflage des katholischen Gesangbuchs mitarbeitete. Hinzu kamen deswegen Klassiker wie das "Sanctus" aus der Schubert-Messe, aber auch modernere Stücke wie "Ich lobe meinen Gott", "Der Herr wird dich mit seiner Güte segnen".

Auch das englischsprachige Weltjugendtags-Lied "Jesus Christ, you are my life" fand Einzug in das Gotteslob. "Ich erwarte mir natürlich, dass das zündet und die Leute sagen: Mensch, das sind aber schöne Gesänge", so Bretschneider. "Wir wollen den Menschen Appetit machen und ihnen zeigen, dass Kirche und Gottesdienst nicht abgestanden und langweilig sein müssen."

Kaum Änderungen im Weihnachtskapitel

Auch die Chorleiterin der Bonner St. Maria Magdalena-Gemeinde, Caroline Roth, ist grundsätzlich positiv gestimmt. "Ich freue mich, dass ich mit dem neuen Gotteslob mehr Sparten ansprechen kann als vorher." Nur eine Sache bedauert sie: Dass einige Lieder im neuen Gotteslob tiefer gesetzt worden sind. Dieser Trend sei wohl der Rock- und Popkultur geschuldet, vermutet die Musikerin. "Dabei ist hohes Singen keine Kunst, es ist für viele Leute sogar natürlicher."

Nicht nur der Ton macht die Musik - auch die innere Haltung, ergänzt Wolfgang Bretschneider. "Wenn ich ein tolles Lied wie einen Trauergesang vortrage, dann brauche ich mich nicht zu wundern, wenn die Gemeinde das Buch erst gar nicht aufmacht." Bretschneider setzt vor allem auf junge Gesangsgruppen. "Kinder singen bis zum dritten Schuljahr eigentlich alles, von alten bis modernen Liedern." Die gleiche Begeisterung brauche es in der Gemeinde. Dafür kommen im neuen Gotteslob mehr Wechselgesänge hinzu und erstmals auch mehrstimmige Lieder.

Dass zum ersten Advent noch nicht alle Gemeinden das neue Gotteslob "ausprobieren" können, ist für Bretschneider zwar ein Missklang. Wenigstens habe sich aber im neuen Weihnachtskapitel nicht allzu viel geändert. "Macht hoch die Tür" und "Es ist ein Ros' entsprungen" können die Gemeinden mit dem neuen wie mit dem alten Gotteslob in der Hand singen.


Blättern im neuen Gotteslob / © Harald Oppitz (KNA)
Blättern im neuen Gotteslob / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA