Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker wird 65 Jahre alt

Eine «weinerliche Grundstimmung» mag er nicht

Der Eisenbahnersohn wollte mal Lokführer werden. Der Lebensweg bringt Hans-Josef Becker über Umwege in eine ganz andere führende Position: Seit fast zehn Jahren steuert er die Geschicke der Erzdiözese Paderborn. Heute wird der Erzbischof 65.

 (DR)

Becker, der zur an Charles de Foucauld ausgerichteten Priestergemeinschaft Jesus Caritas gehört, ist ein Eigengewächs des westfälischen Erzbistums. Er kommt am 8. Juni 1948 im sauerländischen Belecke zur Welt. Seine Eltern beschreibt er als «einfache ehrliche aufrechte Menschen», die ihm eine geborgene Kindheit in einem volkstümlich geprägten katholischen Milieu ermöglichen. Dazu gehören ganz selbstverständlich sonntäglicher Kirchgang, Tischgebet, Messdienerdienst - an Feiertagen auch mal bis zu drei Mal - oder die jährliche Wallfahrt zur Werler Madonna.

Obwohl oder weil der Ortspfarrer in ihm schon einen angehenden Geistlichen sieht, entscheidet sich der Abiturient Becker nicht für die Theologie, sondern absolviert ein Lehreramtsstudium für Grund- und Hauptschule samt zweiter Staatsprüfung - was ihn für seine heutige Zusatz-Aufgabe als Schulbischof prädestiniert. Erst während des Pädagogikstudiums freundet sich der Viola-Spieler mit dem Gedanken an, Priester zu werden, nicht zuletzt durch die Beschäftigung mit der Musik Anton Bruckners und den Schriften Martin Bubers. Mit Theologie befasst er sich dann aber «lieber» als mit dem Erststudium - für ihn eine Bestätigung seiner Entscheidung.

Nach seiner Priesterweihe 1977 und Kaplansjahren arbeitet Becker gut 15 Jahre lang als Pfarrer und Dechant in Lippstadt. Er spricht von einer erfüllten Zeit. Nicht jedes Mitglied im Episkopat kann eine solch lange Arbeit an der Seelsorgebasis vorweisen. Die Nähe zum Volk hat sich Becker auch als Erzbischof bewahrt; auf dem Weg zum Dom spricht er schon mal gern mit den Marktleuten und lässt sich über ihre Rückenschmerzen und die aktuellen Kartoffelpreise berichten. Oder er besucht - abseits medialer Beobachtung - eine Suppenküche oder ein Gefängnis.

Aus dem Gemeindeleben reißt ihn der frühere Paderborner Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt heraus, der Becker 1995 zum Personalchef macht. Fünf Jahre später ernennt ihn Papst Johannes Paul II. zum Weihbischof in Paderborn. Im September 2003 folgt er dem ein Jahr zuvor verstorbenen Kardinal Degenhardt an die Spitze des Erzbistums.

Wie viele andere Bischöfe in Deutschland hat auch Becker in seinem Verantwortungsbereich aus den bekannten demografischen, finanziellen und personellen Gründen einen massiven Umstrukturierungsprozess eingeleitet: Im Rahmen des Pastoralplans «Perspektive 2014» wurden 213 Pastoralverbünde zu 87 pastoralen Räumen zusammengeschlossen. Im Schnitt sollen künftig etwa fünf bis zehn Gemeinden eine solche Seelsorgeeinheit bilden.

Diesen Umbau der rund 1,7 Millionen Katholiken zählenden Erzdiözese versteht Becker aber nicht als Abbau. Der Glaube sei kein «Auslaufmodell», bleibt er Optimist. Eine «weinerliche Grundstimmung» in der Kirche ist ihm fremd. Diese Haltung spiegelt auch sein bischöflicher Wahlspruch «Auf dein Wort hin». Es bezieht sich auf Petrus, der trotz vergeblicher Fischfangversuche dem Wort Jesu vertraute und erneut - und dann erfolgreich - die Netze auswarf.

«Jede Erschütterung kann für die Kirche auch eine Chance bedeuten», betont Becker. Er sieht sie vor allem in einer verstärkten «verlässlichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit» mit den Laien. Versorgungsmentalität und Anspruchsdenken müssten weichen.

Als Erzbischof und als Schulbischof mahnt Becker immer wieder an, den Einzelnen entsprechend dem christlichen Menschenbild ganzheitlich zu sehen. Auch wer nicht in die Ökonomie passe, «ist wertvoll und habe Würde», betont er. Und: Ausbildung, ob im universitären, gymnasialen oder Hauptschulbereich, dürfe nicht nur Wissen und materielle Dinge im Blick haben. Becker: «Das Leben macht mehr als Broterwerb und Lebensunterhalt aus.»

(KNA)