50 Jahre "Maria Regina Martyrum"

Gedenken in Beton gegossen

Ein außergewöhnliches Berliner "Denkmal" feiert am Wochenende Jubiläum: "Maria Regina Martyrum" in Plötzensee erinnert an NS-Gegner. Vor 50 Jahren wurde die katholische Kirche errichtet.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
 (DR)

Zum 50. Weihetag der "Gedächtniskirche der deutschen Katholiken zu Ehren der Blutzeugen für Glaubens- und Gewissensfreiheit aus den Jahren 1933-1945" am 5. Mai kommen der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück. Bayerns früherer Landtagspräsident zeigt damit, dass das Gotteshaus ein Projekt besonders der katholischen Laienbewegung war.

Der kubische Betonbau ist nur rund 20 Minuten Fußweg von dem Gefängnisschuppen entfernt, in dem die Nationalsozialisten viele Gegner hinrichteten. Unter den rund 3.000 Opfern waren zahlreiche Christen. Am 20. Juli, dem Jahrestag des Hitler-Attentats von 1944, ist das Gotteshaus traditionell eine Station des staatlichen Gedenkens. Aber auch an Todestagen einzelner Widerstandskämpfer kommen Mitglieder kirchlicher Verbände in der Gedenkkirche zusammen.

Ihre Ursprünge hat sie bereits 1952, als der damalige Berliner Bischof Wilhelm Weskamm (1891-1956) das Projekt beim Katholikentag in der Stadt vorstellte. Über die katholische Kirche hinaus stieß es auf großes Interesse. 1958 fand in allen deutschen Bistümern eine Kollekte dafür statt. Die Weihe der Kirche 1963 würdigte die Bundespost mit einer Sondermarke. Nach Einschätzung des Potsdamer Historikers Thomas Brechenmacher war sie auch ein Signal an die Christen, die unter kommunistischer Herrschaft lebten.

Was bedeutet christlicher Widerstand heute?

Das Gotteshaus ist überdies ein herausragendes Beispiel des Kirchenbaus und religiöser Kunst der Nachkriegszeit. Daran beteiligt waren prominente Namen wie der damalige Würzburger Dombaumeister Hans Schädel. Zum Bauensemble gehört ein von Mauern eingefasster Vorhof für Großveranstaltungen, der an Appellplätze und Gefängnishöfe erinnert. Fritz Koenig schuf die Plastik der "Apokalyptischen Frau" an der Außenwand der Kirche und die Pieta in der Unterkirche. Georg Meistermann gestaltete die Altarwand als Vision vom himmlischen Jerusalem. 1970 kam als kooperierender Gedenkort das benachbarte Evangelische Gemeindezentrum Plötzensee hinzu. Mit dem "Plötzenseer Totentanz" von Alfred Hrdlicka weist es ebenfalls ein herausragendes Werk vor.

Nach dem vielbeachteten Anfang wurde es "stiller" um die Gedächtniskirche, wie es Jesuitenpater Tobias Zimmermann formuliert. Der Leiter des Canisius-Kollegs sorgt wie sein Vorgänger Klaus Mertes dafür, dass dies seit einigen Jahren anders ist. Die Schüler des renommierten Gymnasiums, aber auch anderer katholischer Schulen beschäftigen sich in dem Gotteshaus regelmäßig mit der Frage, was christlicher Widerstand auch heute bedeuten kann. Auch die Karmelitinnen, die sich vor bald 30 Jahren bei der Kirche ansiedelten, gestalten die spirituellen Angebote maßgeblich mit. Schwester Mirjam Fuchs erlebt die Gedenkkirche als Ort der Begegnung "für Christen und Nichtchristen, für Kunstinteressierte und Geschichtskundige".

Umfassend restauriert

Dazu trug die Entscheidung des früheren Berliner Kardinals Georg Sterzinsky bei, "Maria Regina Martyrum" von einer seelsorglichen Außenstelle zur selbstständigen "Rektoratskirche" in besonderer Verantwortung der Jesuiten zu erheben. Durch ihr in Plötzensee hingerichtetes Ordensmitglied Alfred Delp (1907-1945) sind sie dem Gedenken besonders verbunden. Sterzinskys Nachfolger Rainer Maria Woelki setzt diesen Kurs fort. Nach seinen Worten sind die christlichen NS-Gegner Vorbilder als "charismatische Persönlichkeiten mit einer großen Strahlkraft, die mitten im Leben standen".

Vor dem Jubiläum ließ das Erzbistum Berlin die Gedächtniskirche umfassend restaurieren. Seither wird dort erstmals auch ein Protestant besonders geehrt. Es ist Helmuth James Graf von Moltke (1907-1945). Auf einer Gedenkplatte in der Krypta wird er neben Delp nun namentlich genannt. Anlass ist die Freundschaft zwischen beiden, die sich während ihrer Haft in Berlin-Tegel entwickelte. Sie hat für die Annäherung der Kirchen nach dem Krieg Maßstäbe gesetzt, wie Jesuitenpater Zimmermann betont.


Quelle:
KNA