Ein Kommentar zu den Ergebnissen der Familiensynode

Das war alles?!

270 Bischöfe haben sich auf 94 Aussagen zu Ehe und Familie geeinigt. Aussagen, die alle irgendwie gut und richtig sind. Aber doch enttäuschen, meint domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen.

Ingo Brüggenjürgen in Rom (DR)
Ingo Brüggenjürgen in Rom / ( DR )

Gut, dass die katholischen Weltbischöfe zu den Fragen rund um Ehe und Familie das christliche Wertesystem nicht über den Haufen geworfen haben und die Tür für Neuentwicklungen nicht zugemacht haben. Sie fanden auch die Kraft, sich in ihrer Sprache von einer belehrenden Kirche hin zu einer einladenden Kirche zu orientieren. Aber auch wenn jetzt alle, die dabei waren, betonen, diese Synode sei ein großer Schritt für die Kirche, so hatten viele Christen gerade hierzulande doch mehr von ihrer Chefetage erwartet.

Leicht verwundert reiben sich selbst wohlgesonne Beobachter die Augen: Da lädt der neue Papst völlig überraschend zu einer außerordentlichen Synode ein, da werden erstmalig weltweit die Gremien und Gläubigen monatelang gefragt und in den Beratungsprozess eingebunden … Danach kommen dann 270 Bischöfe aus aller Welt in Rom zusammen, um ein gemeinsames Papier zu verabschieden, das dem Papst und den Gläubigen in den wichtigen Fragen von Ehe und Familie den Weg weisen soll - und dann liegen da am Ende 94 Aussagen auf dem Tisch, die alle irgendwie gut und richtig sind – aber eben oft schon bekannt und wenig konkret in die heutige Zeit hineingesprochen werden. Mag man sich für den Punkt rühmen, dass Frauen mehr Verantwortung in der Kirche bekommen sollen? Dass man Wiederverheirateten offener begegnen will und Homosexuelle in der eigenen Familie auch ihren Platz haben? Das war dann wirklich alles? Mehr war eben nicht drin, da die Erfahrungen und Vorstellungen weltweit höchst unterschiedlich sind und sich nicht nur am westeuropäischen Maßstab messen lassen?

Gerade weil die deutschsprachige Gruppe, unter ihnen die Kardinäle Gerhard-Ludwig Müller und Walter Kasper, einstimmig (!) einen guten, vielbeachteten Zwischenbericht erarbeitet hat, kann man ihr den guten Willen nicht absprechen. Aber nur bemüht reicht manchmal leider nicht. Dass selbst das vielbeachtete Schuldbekenntnis der Gruppe trotz Intervention in der Schlussrunde auf der Strecke blieb und nicht im Synodenpapier auftaucht, finden sogar manche Bischöfe sehr bedauerlich.

In ihren Heimatbistümern dürfte es jetzt für viele Bischöfe nicht gerade einfach sein, bei einigen Gläubigen die enttäuschten Erwartungen wieder einzufangen. Man wird dabei auf den Papst verweisen. Der könne, gerade da man ihn eben nicht durch konkrete Forderungen festgelegt habe, in größter Freiheit jetzt selber den weiteren Weg vorgeben. Aber es war doch Franziskus, der bei dieser Synode mehr Eigenständigkeit und Mitsprache der Bistümer und Bischöfe eingefordert hatte!

Jetzt liegt der Ball, den die Synodenbischöfe nur im Spiel gehalten, aber nicht ins Tor bekommen haben, also wieder beim Papst. Der machte schon in seiner Abschlussrede deutlich, dass er in Wort und Tat oft näher bei den Menschen von heute ist, als mancher Bischof. "Die wahren Verteidiger der Lehre sind nicht jene, die den Buchstaben verteidigen – sondern den Geist – nicht die Idee, sondern den Menschen!" Und die Barmherzigkeit müsse über allem stehen. Selbstkritisch bekannte so auch ein Kardinal Marx: "Der Papst bringt uns ja immer wieder neu in Bewegung!" 

Der Papst vom anderen Ende der Welt bewegt also die Herzen von oben bis unten, und er hat ganz offensichtlich einen Plan. Ab dem 1. Advent hat er seiner Kirche ein Jahr der Barmherzigkeit verordnet. Das macht Mut, selbst denen, die vom ihren Bischöfen bei dieser Synode eigentlich ein wenig mehr erwartet hatten.


Quelle:
DR