Die katholische Kirche vor der Familiensynode

Zwischen Tradition und Öffnung

Die katholische Kirche ringt um ihr Familienbild. Im Oktober berät die Bischofssynode über das Verhältnis zwischen Lehre und Leben. Doch die Gräben sind tief.

Autor/in:
Christoph Schmidt
Familie im Garten / © Harald Oppitz (KNA)
Familie im Garten / © Harald Oppitz ( KNA )

Bald beginnt in Rom die vielleicht wichtigste Bischofsversammlung seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965). Auf der Weltbischofssynode vom 4. bis 25. Oktober diskutieren rund 300 Bischöfe und weitere vom Papst ernannte Experten über die künftige Haltung der katholischen Kirche zum Thema Ehe und Familie, über "Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute".

Gratwanderung zwischen Tradition und Öffnung

Schon jetzt ist klar: Es wird erneut eine Gratwanderung - auf der einen Seite Tradition und Lehre, auf der anderen die Öffnung gegenüber säkularen Vorstellungen. Einen Vorgeschmack lieferte die vorbereitende Außerordentliche Synode im Oktober 2014 mit ihren teils scharfen Kontroversen zwischen den Synodalen. Vor allem im Westen ist die Kluft zwischen Kirchendoktrin und Lebenspraxis vieler Katholiken tief, die Bindung zwischen Kirchenvolk und Lehramt in zentralen Fragen oft kaum noch vorhanden.

Das bestätigen nicht zuletzt die Antworten auf einen Fragenkatalog, den der Vatikan an alle Bistümer sandte. Nicht nur für Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und Synodaler, steht die Kirche in diesem Herbst vor entscheidenden Zukunftsfragen. Auch die Erwartungen an der Basis sind enorm.

Knackpunkt Umgang mit wiederverheiratet Geschiedenen

Im Fokus der deutschen Öffentlichkeit steht dabei der Streit um die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Eucharistie.

Obwohl er nur eine kleine Minderheit praktizierender Katholiken betrifft, avancierte er gerade in säkularen Medien zum Gradmesser für die Reformwilligkeit der Kirche. Das Arbeitspapier der Synode stellt erneut zur Debatte, Betroffene im Einzelfall nach einem Weg der Buße und Versöhnung wieder zur Kommunion einzuladen. Dieser Weg müsse aber unter bischöflicher Aufsicht erfolgen. Im Vorjahr gaben die Synodenväter dazu nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit. Ähnliches galt auch dem Gedanken, homosexuellen Paaren, die besondere Verantwortung für den Partner übernehmen, mehr kirchliche Wertschätzung zu zeigen.

Andere Zusammensetzung der Synode als sonst

Fraglich ist, ob die veränderte Zusammensetzung der Synode diesmal eine Richtungsänderung beeinflussen kann. 2014 entsandte jede Ortskirche nur den Vorsitzenden ihrer Bischofskonferenz, was etwa konservativeren afrikanischen Bischöfen eine starke Stimme gab, die vor einer "ideologischen Zerstörung" der christlichen Familie warnen.

Bei der Ordentlichen Synode jetzt jedoch entsenden die Konferenzen je nach Katholikenzahl bis zu vier Bischöfe. Das könnte den tendenziell progressiveren, wenn auch nicht homogen ausgerichteten Bischofskonferenzen in Westeuropa, Nord- und Südamerika Auftrieb geben.

Aus Deutschland kommen neben Marx Erzbischof Heiner Koch (Berlin) und Bischof Franz-Josef Bode (Osnabrück), die alle eine gewisse Offenheit gegenüber Reformen bekunden. Sie warnen aber auch vor überzogenen Erwartungen, die mit der unveränderlichen katholischen Lehre nicht zu vereinbaren seien, und vor Grabenkämpfen, die am Ende nur "Sieger und Besiegte" übrig ließen. Die Angst vor einer Zerreißprobe ist groß.

Papst Franziskus als Entscheider

Die Positionen muss am Ende Papst Franziskus abwägen. Die Bischofssynode gilt als Nagelprobe seines Pontifikats. Hier kann er lehramtlich eingreifen oder aber dem - von ihm hochgeschätzten - Prinzip der Kollegialität zwischen Papst und Bischöfen mehr Raum geben. Schon die doppelte Einberufung einer Familiensynode zeigte seinen Willen zur Reform unter dem Schlüsselwort der Barmherzigkeit.

In diesem Sinne hat er sich, bei aller Zurückhaltung in der Sache, immer wieder geäußert. Über Homosexuelle wolle er nicht richten, wiederverheiratete Geschiedene dürfe man nicht über einen Kamm scheren, schon gar nicht, wenn davon Kinder aus der neuen Ehe betroffen sind. Welche Positionen er jedoch in sein Abschlussdokument aufnimmt, ist offen.

Auf seiner Südamerikareise im Juli betete der Papst, dass "alles was uns unrein erscheint, Skandal verursacht oder uns Angst macht", von Gott in ein Wunder verwandelt werde - wie das Wasser in der biblischen Erzählung von der Hochzeit in Kanaa zu Wein wurde. Sein Fazit: "Die Familie heute braucht solche Wunder."

 


Quelle:
KNA