Rat der Europäischen Bischofskonferenzen wird 50 Jahre alt

Wo viele Hüte unter einen Hut passen müssen

Die Aufgabe ist gewichtig. Durch dieses Gremium sollen Europas katholische Bischöfe mit einer Stimme sprechen. Aber: Geht das überhaupt? Der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen arbeitet seit 50 Jahren daran.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Kardinäle und Bischöfe, Mitglieder des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen / © Cristian Gennari (KNA)
Kardinäle und Bischöfe, Mitglieder des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen / © Cristian Gennari ( KNA )

Es war eine Zeit des Auf- und Umbruchs. Im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) wurden große Teile der Weltkirche vom Geist der "Synodalität" erfasst. Teilhabe, Mitbestimmung als selbstbewusste Glieder der einen Kirche - das wollten die Laien in ihren Bistümern und Gemeinden, aber auch die Bischöfe als Nachfolger der Apostel. Und sie wollten "in die Welt hineinwirken", wie es damals hieß; in den "Fragen der Zeit" als Christen mitsprechen - als einzelne wie auch gemeinsam.

Als der Vorhang noch eisern war ...

Mit dieser Absicht fand vor 50 Jahren, im März 1971, in Rom die Gründungsversammlung des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen statt (lat. Consilium Conferentiarum Episcoporum Europae, CCEE). Erklärtes Ziel war, die Zusammenarbeit der katholischen Bischöfe auf dem Kontinent zu fördern - zu einer Zeit, als der Eiserne Vorhang noch sehr eisern und der Kalte Krieg noch sehr kalt war. Eine schwere Aufgabe für den Gründungsvorsitzenden, Erzbischof Roger Etchegaray von Marseille.

Es gab ein leuchtendes Beispiel, das just damals eine Menge Furore machte: der Lateinamerikanische Bischofsrat CELAM ("Consejo Episcopal de Latinoamericano"), ein Zusammenschluss von 22 nationalen Bischofskonferenzen Lateinamerikas und der Karibik. Der CELAM verstand als seine Aufgabe, der Kirche in den Mitgliedsländern theologische und pastorale Impulse zu geben und Kontakte zwischen den Mitgliedern herzustellen.

Papst Pius XII. hatte die Gründung bereits 1955 genehmigt - und der Bischofsrat gab der Kirche in Lateinamerika Impulse. Die Vollversammlungen in Medellin (1968) und Puebla (1979) beeinflussten maßgeblich die Entwicklung der "Theologie der Befreiung" und ihrer vorrangigen Option für die Armen - in einer Zeit blutiger Bürgerkriege und Militärdiktaturen, in denen katholische Bischöfe lange, zu lange auf der Seite der Mächtigen gestanden hatten.

Gestaltungskraft der Kirche war begrenzt

Eine solch große Wirkungsgeschichte war dem CCEE nicht beschieden. Nicht nur, weil die Sprachen vielfältiger, die Kommunikation durch den Eisernen Vorhang schwierig und die politischen und sozialen Realitäten und Wahrnehmungen zwischen Ost und West äußerst unterschiedlich waren. In Westeuropa griff bereits allmählich die Säkularisierung Raum; im Osten herrschte eine Unterdrückung der Kirche vor. Das Zeitalter der Volkskirche ging, anders als in Lateinamerika, in Europa bereits ihrem Ende entgegen; die Gestaltungskraft der Kirche wurde dadurch beschnitten.

Dazu kam als eine Art interner "Konkurrenz" die EU-Bischofskommission COMECE. Sie entstand 1980, ein Jahr nach den ersten Direktwahlen des Europaparlaments. Das Sekretariat der COMECE ähnelt als Verbindungsstelle zur EU-Politik den Katholischen Büros in Deutschland: Kirchenvertreter halten Kontakt zu Parlamenten und Regierungen und versuchen, Politik im Sinne der kirchlichen Lehre mitzugestalten. Die politische Wende 1989/90, der Fall des Eisernen Vorhangs und die einsetzende EU-Osterweiterung (2004-2013) gaben eher der COMECE die Chance, vor Ort in Brüssel die europäische Integration in Sachfragen voranzutreiben.

Wichtige Erfolge hat der CCEE mit Sitz in Sankt Gallen/Schweiz allerdings im Bereich von Ökumene und interreligiösem Dialog erzielt. Er kooperiert eng mit der evangelischen und orthodoxen Konferenz Europäischer Kirchen (KEK). Diese Zusammenarbeit führte zu bislang drei Europäischen Ökumenischen Versammlungen - 1989 in Basel, 1997 in Graz und 2007 in Sibiu (Hermannstadt) - sowie zu fünf katholisch-orthodoxen Foren. Ein gemeinsames Ökumenepapier ist die Charta Oecumenica von 2001.

Spannungsreiche Zeiten

Dem CCEE gehören derzeit 39 Mitglieder an: 33 Bischofskonferenzen, der Apostolische Administrator von Estland sowie Vertreter aus dem Erzbistum Luxemburg, dem Fürstentum Monaco, aus Moldawien, Zypern und der Ukraine. Repräsentiert wird der Rat von einem gewählten Präsidenten und zwei Stellvertretern.

Präsident war seit 2016 der frühere Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz und emeritierte Erzbischof von Genua, Kardinal Angelo Bagnasco (78); Vizepräsidenten Kardinal Vincent Nichols (75), Erzbischof von Westminster und Vorsitzender der Bischofskonferenz von England und Wales, sowie der Posener Erzbischof und Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Stanislaw Gadecki (71). An diesem Wochenende steht die Neuwahl des Präsidiums an. Dessen Aufgabe, an einer geschwisterlicheren Welt mitzubauen, ist in diesen spannungsreichen Zeiten für Europa nicht leichter als in den Anfangsjahren des Kalten Krieges.


Kardinal Angelo Bagnasco / © Paul Haring (KNA)
Kardinal Angelo Bagnasco / © Paul Haring ( KNA )
Quelle:
KNA